Beus rechtfertigt Aufstockung in der Verwaltung

"Handlungsfähiger Unterbau auf Arbeitsebene"

09.05.2008 von Andreas Schmitz
17 Milliarden Euro haben Bund, Länder und Kommunen für die IT jährlich zur Verfügung. Neue Geschäftsstellen für Ressort-CIOs entstehen. Das verursacht neue Kosten. Doch der Beauftragte für Informationstechnik der Bundesregierung Hans-Bernhard Beus geht davon aus, dass mittel- bis langfristig die Leistung der IT erhöht werden kann und die Mittel besser eingesetzt werden.
Hans-Bernhard Beus, Staatssekretär des Bundesinnenministeriums und Beauftragter der Bundesregierung für Informationstechnik verteidigt die Aufstockung von IT-Personal für die Ressorts.

Sie wollen Entscheidungswege entbürokratisieren. Welche konkreten Schritte leiten sie dafür ein?

Ich bin der Überzeugung, dass das Konzept "IT-Steuerung Bund" ein wichtiger Schritt ist, die bundesinternen Entscheidungswege zu vereinfachen. Mit der Schaffung der IT-Steuerungsgruppe und des IT-Rats sowie der Benennung von IT-Beauftragten in allen Ressorts und des Beauftragten der Bundesregierung für Informationstechnik haben wir die IT-Steuerung institutionalisiert und professionalisiert.

Darüber hinaus erreicht die neue IT-Steuerung eine Verknüpfung von Fachebene und Politik. IT-Governance ist erstmals in der Bundesregierung konsequent verankert worden. Auch über den Bund hinaus ist die Informationstechnik heute und in Zukunft die Grundlage für ebenenübergreifende Verwaltungszusammenarbeit. Sie muss über alle Verwaltungsebenen hinweg funktionieren. Dazu gehört eine sichere länderübergreifende IT-Netzinfrastruktur ebenso wie die Interoperabilität der IT-Systeme der Behörden. Meine Überzeugung ist es, dass diese Gewährleistung eine wichtige Aufgabe der Politik ist.

Was tun Sie von politischer Seite?

Die Vertreter des Bundes in der Föderalismuskommission II haben die Verbesserung der Steuerung der Informationstechnik im Zusammenwirken von Bund, Ländern und Kommunen regelmäßig auf die Tagesordnung der Beratungen der Kommission gesetzt. Trotz der oben genannten gewaltigen Summe von 17 Milliarden Euro kann die Qualität auf vielen Gebieten noch besser werden. Unser Ziel heißt: weg vom "Silo"-Denken bei der Gestaltung der IT in Bund und Ländern.

Was bedeutet das konkret?

Wir müssen hin zu einer übergreifenden IT-Steuerung. Die Technik darf nicht bereits veraltet sein, wenn alle Beteiligten sich darauf geeinigt haben, sie einzuführen. Auch um als Standort zukunftsfähig zu sein, muss es der deutschen Verwaltung gelingen, vor allem die in den jeweiligen Fachverwaltungen effizient und effektiv arbeitenden IT-Netze zu einer ebenso effizienten, effektiven und sicheren Gesamtnetzinfrastruktur zu verbinden. Die IT-Netzinfrastruktur hat eine vergleichbare Bedeutung, wie sie bisher Autobahnen, Eisenbahnen und Wasserstraßen für eine funktionierende Volkswirtschaft haben. Deshalb brauchen wir neue Instrumente und eine klare verfassungsrechtliche Grundlage für das erforderliche Zusammenwirken der Verwaltungen von Bund und Ländern.

Dafür benötigen Sie eine länderübergreifende Regelung …

Es geht hier um die Schaffung eines Rechtsrahmens, der das Zusammenwirken der Behörden bei der IT verbessert. Das Recht ist nämlich das klarste, eindeutigste und beständigste Steuerungsinstrument für die Verwaltung. Ich bin sehr zuversichtlich, dass es gelingen wird, mit den Ländern in der Föderalismuskommission II eine Einigung über die notwendigen Veränderungen zu erzielen.

Sie wollen Verwaltungskooperationen fördern. Welche länderübergreifenden Projekte sind in der Planung?

Für länderübergreifende Vorhaben haben wir die nationale Strategie Deutschland-Online. Mit dem Aktionsplan Deutschland-Online wurden sechs zentrale Deutschland-Online-Vorhaben bestimmt. Querschnittsaufgaben sind der Auf- und Ausbau einer Bund-Länder-übergreifenden Netzinfrastruktur sowie die Entwicklung und Bereitstellung von gemeinsamen Interoperabilitäts-Standards. Ein wichtiges fachspezifisches Vorhaben ist die IT-Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie.

Ein länderübergreifendes Projekt ist auch die Einführung der einheitlichen Behördenrufnummer 115. Derzeit erarbeiten Experten aus Kommunen, Ländern und Bund unter Leitung einer vom Bundesministerium des Innern und dem Land Hessen eingesetzten Projektgruppe das Feinkonzept mit technischen und organisatorischen Minimalstandards für den Pilotbetrieb.

Vom Maßnahmenpaket aus besserer Länder-Bund-Zusammenarbeit, Benchmarking und Verwaltungskooperationen erhoffen Sie sich Effizienzgewinne in Milliardenhöhe. Auf der anderen Seite bauen Sie Geschäftsstellen für die Ressort-CIOs auf. Rechtfertigen die von Ihnen erwarteten Effizienzgewinne eine Aufstockung des IT-Personals?

Primäres Ziel der neuen IT-Steuerung des Bundes ist es, den Beitrag der IT zur Steigerung der Verwaltungsleistung zu erhöhen. Darüber hinaus soll sie die Leistung für Bürgerinnen und Bürger sowie für Unternehmen steigern. Ich halte es für selbstverständlich, dass eine solche ressortübergreifende IT-Steuerung durch einen handlungsfähigen Unterbau auf Arbeitsebene unterstützt werden muss. Die neue IT-Steuerung des Bundes wird mittel- und langfristig die Leistung der IT erhöhen und die Mittel besser einsetzen.

Am 1. April sollte der neue IT-Dienstleister für den Bund starten. Ist dem so, wer verantwortet ihn und welche Aufgaben kommen auf den neuen zentralen IT-Dienstleister zu?

Ein zentraler IT-Dienstleister des Bundes zum 1. April ist nicht geplant. Im Rahmen des Konzepts "IT-Steuerung Bund", welches das Bundeskabinett am 5. Dezember 2007 beschlossen hat, ist die Trennung von Angebot und Nachfrage sowie der schrittweise Aufbau von Dienstleistungszentren festgelegt. Der Aufbau dieser Dienstleistungszentren wird nun gemeinsam mit den Ressorts im IT-Rat weiter definiert und soll schließlich im Umsetzungsplan, dem Arbeitsprogramm für die kommenden Jahre, festgeschrieben werden. Dieser Umsetzungsplan ist für Mitte 2008 vorgesehen.

Sie haben nach CIO-Informationen eine Konzeption für ein IT-Zentralamt des Bundes in Auftrag gegeben. Was soll dieses IT-Zentralamt leisten?

Ihre Informationen treffen nicht zu.

Sie hatten gerade in jüngster Vergangenheit auch mit anderen Themen wie etwa dem Tarifkonflikt zu tun. Wie viel Zeit können Sie für die IT aufwenden? Was reizt Sie an dem Thema IT?

In meiner Funktion als Staatssekretär im Bundesministerium des Innern bin ich unter anderem auch für Fragen des öffentlichen Dienstes und für das Thema Verwaltungsmodernisierung zuständig. Ich denke, dass sich diese Themenbereiche mit der IT sehr gut ergänzen. Ein Beispiel ist die Gewinnung von IT-Fachpersonal in der öffentlichen Verwaltung: hier ergänzen sich der dienstrechtliche und der IT-Bereich mit den Ideen unserer Zentralabteilung. An der Verantwortung für die IT und ihrer Verknüpfung mit Themen wie Organisation, Personal und Modernisierung reizt mich, dass ich an den Grundlagen einer modernen Bundesverwaltung für das Internet-Zeitalter mitwirken kann.

17 Milliarden Euro und wenig Innovation

Vom Geld, das Hans-Bernhard Beus für die öffentliche IT zur Verfügung hat, fließen mehr als 80 Prozent in den IT-Betrieb. Zu viel, um innovative IT-Projekte anzuschieben.

Die Ausgaben in Höhe von etwa 17 Milliarden Euro verteilen sich auf Bund, Länder und Kommunen. Der Bund gibt pro Jahr etwa drei Milliarden Euro für IT aus, die Länder zirka fünf und die Kommunen etwa neun Milliarden Euro. Von diesen 17 Milliarden Euro werden 80 bis 85 Prozent der IT-Ausgaben der öffentlichen Verwaltung für den reinen Betrieb von IT-Systemen verwendet, der Rest für die Konzeption, Neu- und Weiterentwicklung von IT-Systemen.

Die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte und der Aufbau der Telematik-Plattform für das Gesundheitswesen hat der Gesetzgeber den Organisationen der Selbstverwaltung in der gesetzlichen Krankenversicherung übertragen. Dementsprechend werden auch die damit verbundenen Kosten von den Organisationen der Selbstverwaltung getragen.

Das Konzept "IT-Steuerung Bund" kommt in den Selbstverwaltungskörperschaften nur in dem Umfang zur Anwendung, soweit dies mit ihrer Unabhängigkeit vereinbar ist. Die Kosten für das Projekt Herkules betragen über eine Laufzeit von insgesamt zehn Jahren etwa 700 Millionen Euro jährlich. Davon werden der Bundeswehr jährlich durchschnittlich 100 Millionen Euro erstattet, besonders für das Bundeswehr-Personal, das für den Auftragnehmer tätig ist. Die durchschnittlichen jährlichen Ausgaben für Herkules betragen somit etwa 600 Millionen Euro.