Server - Gartner und IDC-Analysen

Hartes Rennen zwischen HP und IBM

06.09.2011 von Werner Kurzlechner
IDC und Gartner erwarten ein Ende der Hochkonjunktur im Server-Markt. Während Gartner HP als Weltmarktführer einstuft, hat bei IDC inzwischen IBM die Nase vorn.

Die sich erschwerenden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verdunkeln auch die Prognosen für den weltweiten Server-Markt. Aber das ist noch Zukunftsmusik. Wie die Analysten von IDC und Gartner unabhängig voneinander berichten, war das zweite Quartal dieses Jahres bei Server-Verkäufen und -Umsätzen ein äußerst starkes. Seit die Wirtschaftskrise 2008 und 2009 ausgestanden ist, sind Zuwächse im Markt ohnehin die Regel. Dieses Mal ist gegenüber dem Vorjahr aber nochmals ein sehr deutlicher Zuwachs zu erkennen.

Das Wachstum gegenüber dem Vergleichsquartal im Vorjahr beziffern beide Häuser bei den verkauften Servern auf etwa 8 Prozent. Beim Umsatz stellt IDC ein Plus von 17,9 Prozent, Gartner sogar von 19,5 Prozent fest. Der weltweite Umsatz mit Servern liegt laut beiden jetzt bei etwas über 13 Milliarden US-Dollar. Verkauft wurden deutlich über 2 Millionen Einheiten, wobei Gartner hier mit 2,3 Millionen deutlich großzügiger schätzt.

Fujitsu legt um 130 Prozent zu

Eindeutiger Gewinner des Moments ist Fujitsu, dessen Umsatzplus sowohl Gartner als auch IDC auf über 130 Prozent beziffern. IDC führt den japanischen Anbieter mit knapp 850 Millionen Dollar Umsatz und einem Marktanteil von 6,5 Prozent auf Platz Vier – gleichauf mit Oracle (941 Millionen Dollar, 7,2 Prozent). Gartner setzt diese Zahlen jeweils einen Tick kleiner an.

Uneinig sind sich die Analysten in der Frage, wer derzeit den Markt anführt. Bei Gartner liegt nach wie vor HP mit 3,95 Milliarden Dollar Umsatz und 29,8 Prozent Marktanteil vor IBM mit 3,9 Milliarden und 28,7 Prozent. IDC entschied sich für die salomonische Lösung, ein Patt an der Spitze zu erklären. Dennoch zeigen die Zahlen, dass IDC mittlerweile IBM mit über 4 Milliarden Dollar Umsatz und 30,5 Prozent Marktanteil ganz vorne führt. HP kommt demgegenüber nur auf 29,8 Prozent und 3,9 Milliarden Dollar.

Keinen Zweifel lassen beide Häuser indes daran, dass IBM untern den Schwergewichten der große Gewinner ist. Als einziger Top 3-Anbieter erzielte IBM ein überdurchschnittliches Wachstum von etwa 24 Prozent und konnte seinen Marktanteil ausbauen. HP legte mit einem Plus von 11,4 Prozent (Gartner) respektive 9,3 Prozent (IDC) immerhin noch besser zu als die derzeit relativ schwachbrüstigen Dell und Oracle. Dennoch scheinen die Zeiten vorbei, in denen HP wie noch vor einem Jahr 32 Prozent des Marktes beherrschte.

Schlechtes Quartal für Oracle

Dell und Oracle auf den Plätzen Drei und Vier schneiden bei den Analysten diesmal beide schlecht ab. In jedem Fall büßten beide Anteile ein. Im Fall Dell lassen sich die Zahlen von IDC und Gartner einigermaßen leicht subsumieren: Knapp 1,9 Milliarden Dollar Umsatz, etwa 14 Prozent Marktanteil und ein Jahresplus zwischen 4 und 5 Prozent.

Die schon genannten IDC-Zahlen im Fall Oracle lesen sich bei Gartner ähnlich. Allerdings weichen die Wachstumszahlen in diesem Fall deutlich ab: Während IDC hier ein Plus von 4,2 Prozent angibt, errechnet Gartner läppische 0,8 Prozent. Die Ursache hierfür ist allerdings denkbar simpel: IDC hatte bereits im Vorjahr einen wesentlichen schwächeren Oracle-Wert angegeben, während Gartner dem Umsatz damals deutlich großzügiger angab.

Mit 1,6 Milliarden Euro Umsatz und einem überdurchschnittlichen Wachstum kommen die Anbieter außerhalb der Top 5 laut IDC gemeinsam auf 12,3 Prozent Marktanteil. Gartner sieht diese kleineren Anbieter – angeführt von Lenovo – sogar noch stärker im Aufwind und gibt den Marktanteil mit fast 14 Prozent an.

Alarmsignal: Dell verliert in Europa

Gartner hat zudem die Entwicklung im EMEA-Markt gesondert ausgewertet. Hier lag das Wachstum mit 15,2 Prozent auf knapp 3,7 Milliarden Dollar deutlich unter dem globalen Mittel. Mit 36,5 Prozent ist die Marktführerschaft von HP in Europa, dem Mittleren Osten und Afrika noch unangefochten, wenngleich IBM auch hier um 3,2 Prozentpunkte auf 29 Prozent zulegte. Dell verlor in EMEA sogar 4,7 Prozent an Umsatz – in einem noch boomenden Markt ein echtes Alarmsignal. Der weltweite Aufschwung von Fujitsu hat mit Europa wenig bis nichts zu tun – nur drei Prozent Umsatzplus.

IDC und Gartner gehen beide davon aus, dass die derzeitigen Wachstumszahlen sich nicht auf Dauer fortschreiben werden. „IDC geht davon aus, dass die weltweit schlechteren makroökonomischen Bedingungen gegen Ende des Jahres nur zu mäßigem Bedarf an neuen Servern führen werden“, sagt Analyst Matt Eastwood. Gartner-Kollege Adrian O’Connell ergänzt: „Wie wir schon befürchtet haben, erscheinen die aktuellen Wachstumszahlen zwar positiv, aber insgesamt bleibt der Markt doch ein ganzes Stück hinter dem Niveau zurück, dass wir vor der Krise hatten.“

Zugpferd x86-Server

So sehen die Zahlen zwar noch auf nahezu allen Teilmärkten gut aus. Aber das scheint lediglich eine Momentaufnahme. IDC beziffert das Wachstum der Nicht-x86-Server wie RISC, EPIC und CISC auf überdurchschnittliche 23 Prozent. Gartner warnt aber schon, dass gerade in diesem Segment der Absatz einzubrechen droht. Das von Gartner geschätzte Plus liegt schon jetzt bei lediglich 4 Prozent bei rückläufigen Stückzahlen. Dagegen stellen die Analysten bei den Mainframes ein sattes Plus von fast 50 Prozent bei den Umsätzen fest.

Das Rückgrat des Marktes sind offensichtlich die x86-Server. IDC zählt hier Umsätze von 8,4 Milliarden Dollar bei 15 Prozent Wachstum. Die Umsatzzahlen überträfen hier wie gewohnt die Stückzahlen, so IDC-Analyst Reuben Miller. „Dieser Markt-Trend wird anhalten, weil die Kunden immer mehr Workload auf Servern konsolidieren wollen, die mit höheren Memory Attach-Raten ausgerüstet sind, und auf hochpreisige Prozessoren verlagern wollen, die zu verbesserter Performanz und Effizienz in der Lage sind“, so Miller.

Beschleunigt hat sich das Wachstum auf dem Blade Server-Markt – laut IDC das am stärksten wachsende Segment derzeit. „Alle großen Anbieter verzeichneten ein zweistelliges Plus in ihrem Blade-Business“, so IDC-Analyst Jed Scaramella.

Die Studie „Worldwide Quarterly Server Tracker“ ist bei IDC erhältlich.

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der CW-Schwesterpublikation CIO.