Kundenloyalität steigern

Huk-Coburg: Call-Center für alle Kanäle

21.07.2006 von Riem Sarsam
Viele Unternehmen richten beim Kundenkontakt ihr Hauptaugenmerk auf das Telefon. Anders die Huk-Coburg: Hier bearbeitet der Kundenservice Faxe, Briefe und Telefonanfragen mit derselben Priorität.

Die Umstellung begann in guten Zeiten und ohne Not. Im Jahr 2002 beschloss die HUK-Coburg, ihren Kundenservice mehr oder weniger komplett umzustellen. Vorrangiges Ziel war es, die Schnittstelle zum Kunden weiter zu verbessern, aber auch mehr Transparenz über die verschiedenen Kontakte herzustellen.

Am Anfang stand die Analyse grundlegender Prozesse im Kundenservice. "Es ist wichtig, solch ein Projekt erst geschäftspolitisch strategisch anzugehen", sagte Thomas Brunauer, Vice President Financial Services bei Capgemini, auf einer gemeinsamen Veranstaltung von CIO und Genesys in der vergangenen Woche. Brunauer begleitete die Versicherung von Beginn an bei ihrem Vorhaben. Er warnte die anwesenden IT-Verantwortlichen ausdrücklich davor, erst die rein technischen Fragen klären zu wollen. "Das mag oft vielleicht der einfachere Weg sein, führt jedoch oft im Nachhinein zu Schwierigkeiten."

Bei der Coburger Versicherung diskutierte man daher zunächst, was die Kunden wünschen und wie man dem entgegen kommen kann. Eine Lösung lautete, sämtliche telefonischen und schriftlichen Anliegen in Zukunft soweit wie möglich zu bündeln und einheitlich zu steuern. Nicht nur, dass damit sämtliche Kontakte ins Unternehmen gleichwertig behandelt werden. Ein positiver Effekt ist auch, die Auslastung der Mitarbeiter im Kundenservice zu steigern. In der Mittagszeit beispielsweise steht das Telefon oft still. Das Novum: sind weniger Anrufer in der zentralen Warteschleife, widmen sich jetzt die Kundenbetreuer den E-Mails, Briefen oder Faxen. "Damit wird eine außerordentliche Flexibilität und Atmungsfähigkeit des mit etwa 1.200 Mitarbeitern besetzten Kundenservice erreicht", so Brunauer.

Eine weitere wesentliche Umstellung für viele Kundenbetreuer war außerdem die Ausweitung ihrer Sachgebiete. Wer sich früher ausschließlich um die Bearbeitung von KfZ-Versicherungen kümmerte, ist nun auch Ansprechpartner für andere Versicherungssparten. Damit lässt sich der First-Level Support wesentlich effektiver und kundenorientierter einsetzen, die meisten Anliegen können bereits beim ersten Kontakt abschließend bearbeitet werden.

Organisatorisch löste der Versicherer das neue Konzept mit einer unternehmensweiten Zentralisierung des Post- und Telefoneingangs sowie einer zentralen Steuerung des Kundenkontakts. Die Kundenbetreuer arbeiten in speziell eingerichteten Bürolandschaften; gleichzeitig koordinieren die Gruppenleiter verstärkt den Personaleinsatz und kontrollieren die Einhaltung der Servicelevel und der Beratungsqualität.

Die technische Umsetzung reichte die HUK Coburg an den Spezialisten Genesys weiter. Dieser baute eine einzige Interaktionsdrehscheibe für die Kommunikation mit einer zentralen medienübergreifenden Lastverteilung sowie einer flexiblen Arbeitsmengensteuerung über das gesamte Unternehmen hinweg. Dabei erden jedoch nicht nur einzelne Arbeitsbereiche quasi in das Contact-Center integriert, sondern auch umgekehrt Contact-Center-Aufgaben in interne Geschäftsabläufe übernommen ("Business Process Routing"). Hintergrund ist, dass dieses Konzepts auch eine Steigerung Cross- und Upsell Quote ermöglicht.

Wegen der Umstellung mussten viele Mitarbeiter ihr Fachwissen erweitern, um das künftig breitere Beratungsspektrum abdecken zu können. In diesem Punkt hatte der Vorstand mit massiven Widerstand gerechnet, wurde jedoch positiv überrascht. "Mehr Mitarbeiter als erwartet, haben sich für diesen Weg entschieden“, erzählt Brunauer. Nicht nur die Sicherheit, den Arbeitsplatz zu behalten zählte. Eine Reihe von Mitarbeitern betrachten das vergrößerte Sachgebiet auch als Herausforderung und Chance.