Patientendaten aus der Cloud

IBM revolutioniert Arztpraxen

13.09.2010 von Hartmut  Wiehr
Eines ist im Gesundheitswesen überall gleich: Es gibt reichlich öffentliche Zuschüsse, und Healthcare ist heute primär ein Geschäft. Daran will auch IBM verstärkt partizipieren. Cloud Computing soll es bringen.

IBM ist dafür bekannt, hauptsächlich mit großen Kunden Umsätze zu machen: von Großrechnern bis zu dem lukrativen Service- und Beratungsgeschäft, das nach der Übernahme von PricewaterhouseCoopers (PwC) auch Nicht-IT-Bereiche umfasst. Bisher galt es deshalb als ausgemacht, dass der fragmentierte Markt der niedergelassenen Ärzte nicht im Fokus von IBM steht.

Wie die New York Times berichtete, hat sich dies nun geändert. Software-as-a-Service oder Cloud Computing machen es möglich.

Zusammen mit Partnern wie Aetna Active Health Management soll es ein Angebot im Internet geben, mit dem Ärzte die Daten ihrer Patienten elektronisch erfassen und verwalten können. Dies kann dann auch anderen Ärzten und Institutionen wie Krankenhäusern oder Rehabilitierungshäusern zur Verfügung gestellt werden.

Der große Vorteil für die niedergelassenen Ärzte und ihre Partner: Software für Patientendaten und Data Mining sowie IT-Infrastruktur steht nicht bei ihnen in der Praxis oder im Krankenhaus, sondern in den Rechenzentren von IBM. Es muss also nichts vor Ort gekauft, installiert und gewartet werden. Der Zugriff erfolgt über die "Wolke" auf irgendwo installierte Rechner und Software.

Natürlich fallen dafür Gebühren an. Es gibt also auf jeden Fall monatliche Ausgaben für die elektronische Datenerfassung (Electronic Health Records), aber sie richten sich nach Menge und spezifischen Anforderungen. Und bequemer ist es allemal.

Cloud Computing hilft den Ärzten - und der IT-Industrie

Robert Merkel, Vice President für Healthcare in IBMs Global Business Service, bezeichnet dies "als unser erstes Software-as-a-Service- Angebot für das Gesundheitswesen". Der Zeitpunkt hat sicher auch etwas mit der Gesundheitsreform in den USA zu tun: Die Regierung stellt für jeden niedergelassenen Arzt bis zu 44.000 Dollar zur Verfügung, wenn er sich neue Computer und Software für die digitalen Patientendaten zulegt.

IT im Gesundheitswesen spielt in den USA bisher eine noch untergeordnetere Rolle als in anderen Ländern. Sehr viel wird noch auf Papier erledigt, und auch die Kommunikation mit anderen Ärzten oder mit den Krankenhäusern verläuft eher archaisch. Die IT-Industrie ist deshalb hellauf begeistert von dem "Stimulus"-Paket der Regierung. So hat der Computerbauer Dell auch deshalb das Service-Unternehmen Perot Systems eingekauft, weil dieses sehr gut im Gesundheitswesen verankert ist.

Wann der neue Dienst für Cloud Computing nach Deutschland kommt, ist derzeit noch offen. Aber zumindest ist ein Weg vorgezeichnet, wie man den Ärzten IT-Angebote näher bringen kann. Denn auch hierzulande sind Zurückhaltung und offene Ablehnung bei der Ärzteschaft weit verbreitet: Die Arbeit am Computer und die damit verbundenen Kosten an Investitionen und Pflege werden von vielen Ärzten abgelehnt. Von einer Modernisierung der schmalen Computer- und Gerätelandschaft ganz zu schweigen – ein Praxisbesuch gleicht oft dem Besuch eines IT-Museums.

Die IDC-Analystin Lynne Dunbrack sagt: "Das Letzte, was Ärzte wollen, ist etwas mit IT-Technologie zu tun zu haben. Sie wollen keine Software installieren und bedienen oder sich um Server kümmern."

Cloud Computing wäre also genau das Richtige für die IT-scheuen Ärzte. Und die Anbieter hätten vielleicht endlich auch in Deutschland einen wirklich lukrativen Zugang gefunden, um das Gesundheitswesen und die bisherige Healthcare-IT zu revolutionieren. IBM und Partner machen es auf jeden Fall vor.