Interim IT-Manager

"Ich bin ein Chirurg mit scharfem Messer"

17.09.2014 von Christiane Pütter
Ein Chirurg mit scharfem Messer und viel Fingerspitzengefühl - so sieht sich Michael Lang. Seit 16 Jahren arbeitet er als Interim Manager in der IT. Als solcher kann er mit dem CIO Klartext reden, sagt er.
Interim Manager Michael Lang.
Foto: Michael Lang

Der Mann für's Grobe ist er nicht, betont Michael Lang. Seit 16 Jahren setzt Lang IT-Projekte um - als Interim Manager. Diese werden üblicherweise in die Unternehmen geholt, um Vakanzen zu überbrücken, um zu sanieren oder zu restrukturieren, wie es die Personalberatung Michael Page Interim ausdrückt. Dass er gerufen wird, wenn ein Projekt "in Schieflage" geraten ist, bestätigt Lang. Er sieht sich dann aber nicht als jemanden, der "aufräumt". Er sieht sich als "einen Chirurg mit scharfem Messer, aber auch mit viel Fingerspitzengefühl".

Das heißt mit anderen Worten: "Als Interim Manager kann ich den CIO oder CFO (Chief Financial Officer) zur Seite nehmen und ihm klar sagen, dass die Dinge so oder so laufen müssen", berichtet Lang. "Diese Freiheit kann sich ein festangestellter Manager nicht so leicht nehmen."

Interim Management in der Praxis -
Interim Management praktisch betrachtet
Nach Angaben des Vermittlers Michael Page Interim sind Manager auf Zeit in Deutschland zu rund 95 Prozent ausgelastet, zumal in der IT. Auf den folgenden Seiten finden Sie Statements von Michael Lang, der selbst als Interim Manager arbeitet, sowie von zwei Experten.
Interim Manager Michael Lang
Als Manager auf Zeit setzt Michael Lang IT-Projekte um - oft, wenn diese in Schieflage geraten sind. Er sagt: "Als Interim Manager kann ich den CIO oder CFO zur Seite nehmen und ihm klar sagen, dass die Dinge so oder so laufen müssen. Diese Freiheit kann sich ein festangestellter Manager nicht so leicht nehmen."
Teams leiten
Kürzlich hat Michael Lang ein Viereinhalb-Millionen-Projekt erfolgreich abgeschlossen, das Team bestand aus 70 Mitarbeitern. „Durch meine langjährige Erfahrung kann ich einschätzen, wer von den 70 Leuten was am besten kann“, sagt er. „Wichtig ist immer, Fehler klar zu benennen, aber niemals einen ‚Schuldigen‘ vorzuführen.“
Stefan Zweck von Michael Page Interim
Stefan Zweck ist Executive Director bei Michael Page Interim. Er appelliert an Unternehmen, klar zu kommunizieren, dass ein Interim Manager ins Haus kommt und welche Aufgaben dieser übernimmt.
Ingmar Stoner von Michael Page Interim
Pain Points wie der Schutz sensibler Daten oder des geistigen Eigentums müssen vertragsrechtlich geregelt werden, sagt Ingmar Stoner, Manager bei Michael Page Interim. Er fügt an, Vertrauen gehöre zur Geschäftsgrundlage.

Eben diese Freiheit ist es, die Lang an seinem Status schätzt. "Ich bin in Strukturen eingebunden - stecke aber nicht im Korsett", sagt er. Er sei gerne bereit, sich sehr für ein Projekt zu engagieren und arbeitet dann nicht nach den vertraglich geregelten Arbeitszeiten eines Festangestellten. Als Ausgleich will er aber selbst über seine Zeit bestimmen und zwischen zwei Projekten auch mal drei Monate Freizeit nehmen.

"Für das Kommunikative muss man der Typ sein"

Lang heuert üblicherweise für ein bis zwei Jahre an und arbeitet an Projekten im sieben- bis achtstelligen Bereich. Er muss sich schnell auf die Tätigkeit einstellen, auf das Fachliche ebenso wie das Zwischenmenschliche. Wobei er Letzteres eher als Frage der Begabung sieht. "In fachliche Fragen wie SEPA kann man sich en Detail einarbeiten", überlegt er, "für das Kommunikative muss man der Typ sein." Und fügt an: "Introvertiert bin ich bestimmt nicht!"

Kommunikation ist auch das Stichwort vom Personaldienstleister und Vermittler der Chefs auf Zeit. "Das Unternehmen, das den Interim Manager beauftragt, muss auf allen Ebenen klar kommunizieren, dass der Manager auf Zeit kommt und welche Aufgaben er übernimmt", sagt Stefan Zweck, Executive Director bei Michael Page Interim. Schwierig werde es, wenn verschiedene Entscheider unterschiedliche Vorstellungen von der Arbeit des Interim Managers haben.

Schutz des geistigen Eigentums muss geregelt werden

Das gilt auch für Pain Points wie den Schutz sensibler Daten oder des geistigen Eigentums. Solche Fragen müssen vertragsrechtlich geregelt werden, sagt Ingmar Stoner, Manager bei Michael Page Interim. Er fügt an, Vertrauen gehöre zur Geschäftsgrundlage.

Michael Page über Interimsmanagement -
Michael Page-Studie über Interimsmanagement
Der Düsseldorfer Vermittler Michael Page Interim hat für seine Studie „Zeitarbeit und Interimsmanagement weltweit" Angaben von mehr als 13.000 Menschen ausgewertet.
Gründe aus Unternehmenssicht
Bei der Zusammenarbeit mit Interimsmanagern ist deutschen Unternehmen vor allem der Zugriff auf deren Wissen wichtig. Außerdem wollen sie kurzfristigen Personalbedarf decken und Veränderungsprozesse beschleunigen.
Zwei Seiten
87 Prozent der deutschen Unternehmen sehen Interimsmanagement positiv oder sogar sehr positiv - eine Einschätzung, der jedoch nur 76 Prozent der Manager auf Zeit zustimmen.
Deutsche Mobilität
87 Prozent der deutschen Interimsmanager sind nach eigener Darstellung international tätig oder würden für einen Einsatz ins Ausland wechseln.
Durchschnittliche Mobilität
Damit beweisen die deutschen Manager auf Zeit überdurchschnittlich viel Mobilität. Im globalen Durchschnitt sagen nur 72 Prozent der Interimsmanager, dass sie bereits im Ausland arbeiten oder dies für einen Einatz tun würden.
Aussichten im Interimsmanagement
Mit 27 Prozent erwartet mehr als jeder vierte deutsche Befragte, dass der Bedarf an Interimsmanagern steigt.

Allerdings sollte ein Interim Manager nicht darauf setzen, übernommen zu werden. In der Studie "Zeitarbeit und Interimsmanagement weltweit" hat Michael Page Interim erhoben, dass 52 Prozent der Manager auf Zeit durch einen Einsatz ihre Chancen auf eine Festanstellung steigern wollen. Umgekehrt betrachten aber nur 37 Prozent der deutschen Unternehmen die Interim Manager als Übernahmekandidaten für einen festen Job.

Glaubt man Lang, zählt er nicht zu den genannten 52 Prozent. Die Frage, ob er nicht bleiben wolle, hört er nach eigenen Worten oft. Für ihn "das schönste Kompliment" - er will aber trotzdem nicht. Dem Interim Manager ist Abwechslung wichtig. Mit hörbarem Stolz erzählt er, dass er schon auf vier verschiedenen Kontinenten gearbeitet hat. Lang kennt auch das Staunen in den Gesichtern junger High Potentials, wenn er aus seinem Berufsleben erzählt. Er stellt aber klar: "Wenn ein High Potential den Arbeitgeber verlässt, dann nicht, weil ihm ein Interim Manager diesen Floh ins Ohr gesetzt hat. Sondern, weil das Unternehmen keine Struktur schafft, die junge Manager bindet."

Zwei Scheidungen als Preis der Freiheit

Andererseits weiß Lang das Staunen allzu draufgängerischer Nachwuchskräfte durchaus zu bremsen. "Ich bin zum dritten Mal verheiratet", sagt er offen. Und ist sicher: "Diesmal bleibt das so!" Die zwei Scheidungen sieht er als Preis seiner Freiheit. Dann und wann verspürt er auch Sehnsucht, im eigenen Bett aufzuwachen. "Man muss der Typ für Interim Management sein", so Langs Fazit.

Spaß an der Herausforderung, Kommunikationsstärke, Expertise aus verschiedenen Branchen - nach Darstellung von Ingmar Stoner wissen Unternehmen die Vorteile von Interim Managern zu schätzen. Zu rund 95 Prozent seien die Manager auf Zeit ausgelastet, sagt Stoner, insbesondere in der IT. Lang beziffert Durststrecken auf maximal drei Wochen.

Allerdings: Im internationalen Vergleich sind deutsche Unternehmen Nachzügler in puncto Interim Management. Lang winkt ab. "Der angelsächsische Raum ist viel weiter", sagt er. Innerhalb Deutschlands wiederum zeigt sich aber die IT noch am ehesten als Vorreiter.

Über das Ziel seiner Arbeit sagt Lang: "Ich will mich selbst überflüssig machen." Es erfüllt ihn mit Stolz, ein unternehmenskritisches Vorhaben wieder auf Spur zu bringen. Kürzlich habe er ein Viereinhalb-Millionen-Projekt erfolgreich abgeschlossen, das Team bestand aus 70 Mitarbeitern. "Durch meine langjährige Erfahrung kann ich einschätzen, wer von den 70 Leuten was am besten kann", berichtet er. "Wichtig ist immer, Fehler klar zu benennen, aber niemals einen 'Schuldigen' vorzuführen." Scharfes Messer und Fingerspitzengefühl eben.

Berater ist nicht gleich Berater
In der Projektarbeit für Kunden übernehmen die einzelnen Consultants jeweils recht unterschiedliche Rollen. Manchmal sind Vordenker, manchmal Umsetzer und manchmal Fachexperten gefragt. Das Metaberatungshaus Cardea hat die diversen Rollen klassifiziert.
Der Vordenker
In einem Projektteam ist er derjenige, der neue Lösungen erkennt. Dafür benötigt der Vordenker ein Gespür für das Kundenunternehmen und den Markt . Seine Aufgabe ist es, das Potenzial neuer Produkte, Verfahren oder Organisationsformen für das Unternehmen zu heben. Er ist Berater für Innovationen.
Der Moderator
Nach dem Hilfe-zur-Selbsthilfe-Prinzip unterstützt er die Mitarbeiter darin, ihr Wissen und ihre Erfahrungen in neue Strategien, Organisationsstrukturen und Prozesse zu überführen.
Der Experte
Der Kunde kauft beim Berater Fach- und Erfahrungswissen ein, das im Unternehmen selbst nicht vorhanden ist.
Der Lösungslieferant und Umsetzer
Bei Aufgaben, für deren Lösung das Know-how oder die personelle Ressourcen fehlen, liefern Berater Lösungen, die sie anschließend gemeinsam mit dem Kunden auch umsetzen.
Der Trainer
Praxiserfahrene Spezialisten schulen die Mitarbeiter des Kunden in Methodentrainings, um Aufgaben selber lösen und umzusetzen zu können.
Der Outsourcer
Der Berater erledigt für das Unternehmen fest definierte Aufgabe als Dienstleister.
Der Methodenanbieter
Der Consultant stellt dem Unternehmen bereits entwickelte und in der Praxis getestete Methoden und Prozesslösungen zur Verfügung.
Der Lösungsanbieter
Sollen besonders komplexe oder kreative Fragen gelöst werde, steht der Berater den Unternehmen zur Seite, indem er seine analytischen Fähigkeiten oder seine langjährigen einschlägigen Industrieerfahrungen einbringt.
Der Umsetzungsbegleiter
Zusammen mit den internen Projektmitarbeitern begleitet, steuert und koordiniert er die Umsetzung von Vorhaben.
Der Interims-Manager
Der Berater übernimmt als Senior Projekt-Manager selbst weitgehend Führungs- und Umsetzungsfunktionen.