Infineon

In aller Feindschaft

11.02.2008 von Eva Müller und Ursula Schwarzer
Verbrannte Milliarden, verbannte Manager: Ständige Querelen in der Führungsetage von Infineon lähmen den deutschen Chip-Hersteller.

Max Dietrich Kley (67) ist ein honoriger Manager. Bei der BASF leitete er als stellvertretender Vorstandschef das Finanzressort, nach seiner Pensionierung übernahm er zahlreiche prestige-trächtige Mandate in der Deutschland AG - unter anderem den Aufsichtsratsvorsitz bei Infineon Technologies . Auf die Idee, dass Kley einen Sachverhalt wissentlich falsch darstellt, würde gewiss niemand verfallen. Aber neigt der Jurist vielleicht zur Schönfärberei, ja gar zu Ablenkungsmanövern?

Auf jeden Fall erstaunt es schon, wie Kley reagiert, wenn er nach der Unternehmenskultur der Münchener Chip-Firma gefragt wird. Dann lehnt er sich selbstgewiss in seinem Sessel zurück und behauptet im Brustton der Überzeugung, Infineon sei ein sympathisches Unternehmen, in dem sehr große Harmonie herrsche.

Harmonie? Sympathie? Größer könnte die Lücke, die zwischen Wunschdenken und Realität klafft, kaum sein. Infineon, hierzulande einer der wenigen verbliebenen Konzerne der Informationstechnik, ist verkommen zum Synonym für Skandale, Schmutzkampagnen und gegenseitige Schuldzuweisungen.

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Nichts läuft rund bei Infineon. Es gärt und brodelt im Aufsichtsrat - Kontrolleure fühlen sich düpiert von den Alleingängen Kleys und beklagen dessen verfehlte Personalpolitik. Im Vorstand untergräbt Finanzchef Peter Fischl (61) die Autorität des Vorsitzenden Wolfgang Ziebart (57). Kenner der Firma sehen in Fischl, der seinerseits aufs Engste mit Oberaufseher Kley kooperiert, den heimlichen Herrscher im Hause.

Bei so viel Ranküne kann das Unternehmen nicht gedeihen. Die drei Aktionsfelder - Speicher für Computer, Logikbausteine für Mobiltelefone sowie Elektronik für Autos und Industrieanlagen - haben seit dem Börsengang im Jahr 2000 Nettoverluste in Höhe von 1,8 Milliarden Euro aufgehäuft. Der Umsatz stagniert bei knapp acht Milliarden Euro, die Aktie verharrt weit unter dem Ausgabekurs. Nur die Zahl der Beschäftigten ist kräftig gestiegen, von 29.200 auf heute rund 43.000 - das liegt, wie der Ende November verkündete Abbau von 600 Stellen in Dresden zeigt, vor allem am Aufbau von Kapazitäten in Asien.

Personalquerelen, rote Zahlen und ein Wettbewerbsumfeld, in dem ein mörderischer Technologie- und Preiskrieg tobt - wie soll der geschundene Halbleiterspezialist in dieser Gemengelage überleben? Reißen womöglich Private-Equity-Investoren die Macht an sich und zerschlagen Infineon? Schrumpft das Dax-Unternehmen zum Mittelständler, oder löst es sich gar auf?

Drohende Pleite durch Massenentlassungen verhindert

Das unrühmliche Ende wäre der letzte Akt in einem Trauerspiel, das in den 80er Jahren begann. Siemens stieg zu jener Zeit in die Chip-Produktion ein, bekam das zyklische Geschäft aber nicht in den Griff. 1999 wurde die Sparte unter dem Namen Infineon ausgegliedert und bald vom damaligen Vorstandsvorsitzenden Ulrich Schumacher (49) an die Börse gebracht. Es war ein furioser Start. Die Branche boomte, Infineon erzielte 2000 erst- und einmalig einen Milliardengewinn.

In ihrer Euphorie erkannten die Infineon-Lenker viel zu spät, dass sich die Halbleiterhausse im Sommer 2001 in einen Nachfrageeinbruch verkehren würde. Nur mit Massenentlassungen konnte die Pleite abgewendet werden.

Die Schuld am Miss-Management schob Schumacher seinen Mitvorständen zu. Er ließ keinen Zweifel an deren mangelnder Qualifikation und behandelte sie wie Hanswürste.

Im März 2004 schlug Finanzchef Fischl gemeinsam mit seinen Kollegen Peter Bauer (47) und Andreas v. Zitzewitz (47) zurück. Das Trio schwärzte seinen Chef bei Oberaufseher Kley an. Der reagierte prompt: Schumacher musste die Kommandobrücke verlassen. Seither liefert er sich mit Kley eine erbitterte Schlammschlacht.

Als Ziebart im Herbst 2004 antrat, war das Schiff völlig aus dem Ruder gelaufen. Infineon hatte schon unter Schumacher an Innovationskraft verloren, während des sechsmonatigen Interregnums mit Kley an der Vorstandsspitze - in der schnelllebigen Chipbranche eine halbe Ewigkeit - fiel das Unternehmen technologisch noch weiter zurück.

Die traumatisierte Mannschaft richtete all ihre Hoffnungen auf den neuen Kapitän. Verkörpert Ziebart doch den Gegenentwurf zu Schumachers schillerndem Wesen: Redlich und bescheiden kommt er daher. Dieser Mann, so die anfängliche Zuversicht, würde aufräumen, das Führungschaos beenden und klare Ziele setzen.

Die Wende blieb aus. Weder gab Ziebart seinen Leuten eine Perspektive, noch baute er das Unternehmen grundlegend um. Der Ingenieur veränderte zwar die Zuständigkeiten im Vorstand, besetzte aber keine einzige Schlüsselposition mit Vertrauten. Nur seine Sekretärin begleitete ihn zu Infineon. Ein kardinaler Fehler, wie sich jetzt zeigt: Ziebart ist in der Firma isoliert. Auf allen Führungsebenen dominieren alte Siemens-Seilschaften, die radikale Korrekturen verhindern.

Dass Ziebart nicht wagte, die Königsmörder Fischl, Bauer und v. Zitzewitz auszutauschen, kommentierte die Branche mit Kopfschütteln. Waren die drei doch für die Misswirtschaft bei Infineon mitverantwortlich gewesen. Mit einer Runderneuerung hätte Ziebart sich selbst und der Firma viel Ärger erspart. Etwa die peinliche Personalie v. Zitzewitz: Der Ex-Produktionschef gestand, von einem Infineon-Sponsoring-Partner bestochen worden zu sein, und verließ im Juli 2005 den Vorstand.

Kontraproduktiv war auch das Festhalten an Fischl. Der hat vor mehr als 40 Jahren bei Siemens als Stammhauslehrling angefangen und sich - ohne Studium - in die Top-Etage vorgearbeitet. Heute verantwortet der betont korrekt auftretende Fischl bei Infineon die Finanzen, er fungiert als Arbeitsdirektor und unterhält gute Verbindungen zum Betriebsrat sowie zu den Belegschaftsvertretern im Aufsichtsrat. Obendrein leitet er das Kontrollgremium der Speichertochter Qimonda .

Trifft sich das fünfköpfige Infineon-Leitungsgremium im fensterlosen Konferenzsaal der neu erbauten Münchener Campeon-Zentrale, schwingt Fischl das Zepter. Er fällt seinem Chef Ziebart nicht selten rüde ins Wort, verwirft dessen Vorschläge. Die restlichen Vorstände halten meist zu Fischl, denn er erspart ihnen mit seiner Blockadepolitik schmerzhafte Einschnitte.

Infineon-Finanzchef schasst neuen Finanzvorstand

Statt Fischl in seine Grenzen zu weisen, versucht der harmoniebedürftige Ziebart seine Ideen mit sanfter Beharrlichkeit durchzusetzen. Insgeheim hat er wohl immer wieder gehofft, das Problem werde sich von selbst lösen. Schließlich hatte Fischl schon 2005 seinen Rückzug angekündigt. Das Kalkül ging nicht auf. "Als Ziebart das letzte Mal die Nachricht erreichte, dass sich Fischl wieder fürs Bleiben entschieden hatte, streifte er zehn Minuten lang schweigend durch sein Büro; das ist für ihn der höchste Ausbruch an Emotionalität", höhnt ein ehemaliger Infineon-Manager.

Im Mai dieses Jahres war es dann endlich so weit: Mit Rüdiger Günther (49) zog ein neuer Finanzvorstand bei Infineon ein - außer Ziebart der einzige Nicht-Siemensianer weit und breit. Doch der forsche Westfale eckte gleich in den ersten Wochen an. Die unbequemen Fragen, die Günther zur Bilanzierungspraxis stellte, missfielen Fischl, der nach seiner Verabschiedung weiter im Hintergrund agierte. Seine Getreuen hielten ihn laufend auf dem neuesten Stand und lieferten ihm alle Informationen frei Haus.

Nach drei Monaten war der Spuk vorbei. Kley bugsierte den Störenfried, der sich wie jüngst bekannt wurde mit einer Abfindung in Höhe von 1,2 Millionen Euro trösten konnte, aus dem Unternehmen. Wie schon bei Schumacher fühlten sich einige Kontrolleure vom Aufsichtsratschef mit der Personalie überrumpelt. Dresdner-Bank-Vorstand Stefan Jentzsch (47) legte empört sein Mandat nieder. Erneut beherrschte der Chip-Konzern die Schlagzeilen.

Nur einer hat das Desaster unbeschadet überstanden: Fischl. Er gibt wieder den seriösen Finanzchef, bis der nächste Nachfolger gefunden ist. Der soll, so Kley, "schon bald von außen kommen".

Schumacher im Unfrieden geschieden, v. Zitzewitz in Schande vertrieben, Günther in Windeseile vergrault und abgefunden, Fischl raus und wieder rein - der Konzern trudelt von einer Turbulenz in die nächste.

Fehlende Strategie-Entscheidungen

Um nicht in den unheilvollen Sog zu geraten, tun die meisten Mitarbeiter, was sie schon bei Siemens eifrig praktizierten: Sie ducken sich weg und achten ängstlich darauf, bloß keine Fehler zu machen. Pannen werden vertuscht und schlechte Zahlen so lange im Verborgenen gehalten, bis ein Gegensteuern nur noch schwer möglich ist.

An der kranken Kultur hat sich schon Schumacher erfolglos abgearbeitet. Auch sein Nachfolger konnte sie bislang nicht verändern. Bleibt die Frage: Was hat sich überhaupt geändert, seit Ziebart führt? Wirtschaftlich steht Infineon heute nicht viel besser da als vor drei Jahren. Ziebart hat die Verluste nur wenig verringert. Ein rigides Sparprogramm erlegte er dem Unternehmen nicht auf.

Seit seinem Amtsantritt sind die Kosten mehr als doppelt so schnell gestiegen wie der Umsatz. Hauptgrund: Nach der Pleite des wichtigsten Kunden, BenQ, wurden kaum Kapazitäten abgebaut. Spürbar geschrumpft - nämlich um 55 Prozent - sind nur die Investitionen.

Selbst die Bereinigung des Portfolios kommt lediglich in Trippelschritten voran. Ziebart verabschiedete sich von Projekten, die Aufwendungen verursachten, ohne einen Cent Umsatz einzubringen. Er machte die defizitäre Fabrik in Perlach dicht, schloss oder verkaufte mehrere unprofitable Randbereiche und trennte sich von dem Produktions-Joint-Venture Altis. So verschwanden Erlöse von rund 100 Millionen Euro aus den Büchern, kümmerliche 1,3 Prozent vom Gesamtumsatz.

Ein echter Befreiungsschlag sollte mit dem Börsengang der Speichertochter Qimonda gelingen. Aber auch dieses Vorhaben stand unter keinem guten Stern. Die Trennung der Speicher (48 Prozent des Infineon-Umsatzes) von den Logikbausteinen war erforderlich, weil die beiden Bereiche auf unterschiedlichen Geschäftsmodellen beruhen. Bei Speichern kann nur punkten, wer die modernsten Fabriken betreibt. Bei den Logik-Chips zählt mehr die gemeinsame Entwicklungsarbeit mit den Auftraggebern. Ausrichtung am Kunden hier und Technikorientierung dort behinderten sich gegenseitig.

Speicherhersteller Qimonda: Produktionskosten zu hoch

Deshalb hatte bereits Schumacher die Investmentbank Goldman Sachs mit der Vorbereitung des Speicherbörsengangs beauftragt. Als Kley im März 2004 kommissarisch die Infineon-Leitung übernahm, stoppte er das Vorhaben. Sechs Monate lang geschah nichts. Dann kam Ziebart vom Automobilzulieferer Continental, ein Branchenfremder, der sich erst einmal in die Halbleiterwelt einarbeiten musste. Mithin verstrichen weitere 14 Monate, bis der Aufsichtsrat im November 2005 die Ausgliederung der Speicher beschloss.

Als Qimonda im August 2006 an die New Yorker Stock Exchange ging, lag der jüngste Speicherboom gerade ein halbes Jahr zurück. Die Preise waren im Keller, und die Investoren hatten die Lust auf Chipaktien verloren. Unter Buchwert schlug Ziebart damals 14 Prozent der Papiere los. Im September dieses Jahres gab er weitere 8,5 Prozent ab.

Seit der Bekanntgabe der Zahlen für das verheerende dritte Quartal (Ende: 30. Juni 2007), als ein Preissturz bei Speichern um 60 Prozent der Firma einen Verlust von 323 Millionen Euro bescherte, notiert die Aktie sogar unter dem Ausgabekurs. Offenbar sehen die wenigsten Anleger eine Lösung für die drei gravierenden Probleme, unter denen Qimonda leidet: Die Technologie ist nicht in allen Bereichen auf dem neuesten Stand, der Produktmix stimmt nicht, und die Kosten sind zu hoch.

"Qimonda produziert wesentlich teurer als die Wettbewerber", sagt Bernd Laux (39) vom Brokerhaus Cheuvreux. "Ein Standardspeicher wird derzeit am Spotmarkt für 1,40 Dollar verkauft, die Gesamtkosten bei Qimonda betragen mehr als 3,50 Dollar." Die Folge: Auch das vierte Quartal fiel mit einem Verlust 258 Millionen Dollar tief rot aus.

Ein Sparprogramm hat Qimonda-Chef Kin Wah Loh (53), auch er ein Siemens-Gewächs, bislang nicht initiiert. Lieber will er die Erträge steigern. So soll der Anteil von Halbleitern für Navigationsgeräte oder Grafikkarten ausgebaut werden. Bei diesen Produkten liegen die Margen höher als bei den Standardchips für PC, und die Fertigungstechnik muss nicht auf dem neuesten Stand sein. Lohs Plan zufolge tragen die Spezialitäten künftig mehr als die Hälfte zum Umsatz bei.

Auch für die billige Massenware hat Loh ein Konzept. Sie soll in einem neuen Werk in Singapur gefertigt werden. Dort locken erkleckliche Subventionen. Leider wird die kostensparende Fabrik erst 2009 anlaufen, denn bisher setzte Ziebart andere Prioritäten.

Es ist immer das Gleiche bei Infineon: Entscheidungen fallen entweder gar nicht oder mit Verzögerungen. Und wenn es einem Teilbereich endlich besser geht, macht ein Querschläger wieder alles zunichte.

So erging es auch der Com-Sparte, die im Wesentlichen Logikchips für Mobiltelefone fertigt. 2004 sah es so aus, als käme Com bald aus der Verlustzone heraus - nicht zuletzt dank der Münchener Mutter, die bis zu 40 Prozent der Produktion abnahm und auskömmliche Preise zahlte. Doch 2005 brach der Handyabsatz bei Siemens ein, 2006 meldete der Aufkäufer BenQ Insolvenz an. Folge: Das operative Com-Minus der beiden Jahre summierte sich auf 526 Millionen Euro.

Inzwischen ist es gelungen, einige Ersatzaufträge hereinzuholen und die Com-Defizite einzudämmen. Ziebart kaufte das Logikgeschäft vom US-Chiphersteller LSI und übernahm damit dessen Handygroßkunden Samsung. Darüber hinaus konnte er bei LG, Apple und Nokia den Fuß in die Tür stemmen.

Allerdings sind die Abkommen nur Hoffnungswerte. Zunächst muss Infineon kräftig in die Entwicklung der kundenspezifischen Designs investieren, obwohl keiner weiß, ob die neuen Mobiltelefone auch den Geschmack der Kunden treffen. "Da sind wir auf Gedeih und Verderb den Herstellern ausgeliefert", konzediert Ziebart.

Noch also bleiben die Konzepte für eine gesicherte Zukunft von Com im Vagen, noch sind die Pläne für die Tochter Qimonda nicht realisiert. Wie gut, dass zumindest der dritte Bereich, die Automobil- und Industrietechnik (AIM) mit einem Umsatzanteil von 35 Prozent, in seinem Kern ordentlich verdient.

In der Welt der Industrie fühlen sich die bayerischen Techniker wohl. Das Geschäft ist weniger hektisch als in der Telekom- und der Computerbranche. Das Denken in langen Zyklen kommt den meist Siemens-sozialisierten Ingenieuren zupass. Sie arbeiten eng mit Auftraggebern wie BMW, Daimler oder ABB zusammen und entwickeln Produkte, die keinen Vergleich scheuen müssen.

Mit seinen 8,6 Prozent Marge gehört AIM jedoch nicht zu den Besten der Branche; sogar kleinere Konkurrenten erwirtschaften mehr als doppelt so hohe Gewinne. Um effizienter arbeiten zu können, müsste der Konzern entweder drastisch sparen oder durch eine Übernahme höhere Skalenerträge erzielen.

Steht Ziebart vor der Ablösung?

Auf die ausbaufähige Automobil- und Industrietechniksparte schielen Private-Equity-Repräsentanten schon seit Langem. Eines ihrer Szenarien: Com abstoßen, AIM profitabler machen und dann mit Gewinn verkaufen. Bislang liefen die zahlreichen Gespräche mit Finanzinvestoren ins Leere. "Sie wissen, dass wir eine Übernahme rundweg ablehnen", tönt der Vorstandschef.

Gleichwohl ist die Zerschlagung der einstigen Hightech-Perle längst beschlossen: Um das zyklische Halbleiter-Business nicht mehr konsolidieren zu müssen, hat sich Ziebart vorgenommen, bis zur Hauptversammlung 2009 den Qimonda-Anteil von derzeit 77,5 auf unter 50 Prozent zu drücken - selbst wenn er die Papiere an die Infineon-Shareholder als Sachdividende verschenken müsste.

Und was geschieht mit der verbleibenden Hälfte von Infineon, mit Com und AIM? Als nach der BenQ-Pleite im vergangenen Jahr Com-Kapazitäten brachlagen, erwog Ziebart, die Sparte abzustoßen. Mit dem Konkurrenten STMicroelectronics hatte er bereits ein Joint Venture ausgehandelt, in dem Infineon der Juniorpartner gewesen wäre. Finanzchef Fischl und dessen Mannen boykottierten das Vorhaben. Heute sagt der gefügige Ziebart: "Wir haben entschieden, nicht aus diesem Wachstumsgeschäft auszusteigen."

Com und AIM sollen also unter einem Dach bleiben. Ziebart will in beiden Bereichen zukaufen und "bis 2009 eine Umsatzrendite von zehn Prozent" erwirtschaften.

Eine optimistische Prognose. Aber Ziebart hat schon häufig Hoffnungen auf Besserung geweckt. Und immer wieder zerstörten Gründe wie Preisverfall, BenQ-Insolvenz oder Personalabgänge seine Blütenträume. Schuld waren stets die Umstände. Dabei fahren viele Konkurrenten trotz widriger Marktbedingungen ansehnliche Gewinne ein.

Aufsichtsratschef Kley scheint mittlerweile genug zu haben von den permanenten Ausflüchten und Entschuldigungen. Ziebart muss endlich Ergebnisse vorlegen. Für das erste Quartal des laufenden Geschäftsjahres hat er bei Com den Break-even versprochen. Verfehlt er das Ziel, wird es eng für ihn.

Kley, so verlautet es aus dessen Umfeld, zweifle mittlerweile an seinem Vorstandschef und denke über eine Ablösung Ziebarts nach. Das Gerücht dementiert Kley vehement. Aber das muss nichts heißen. Sein aufbrausender Charakter hat schon für so manche Überraschung im Münchener Intrigantenstadel gesorgt.