Folgen von Solvency II

In welche IT-Projekte Versicherungen investieren

18.08.2011 von Christiane Pütter
Anfang 2013 soll das Regelwerk Solvency II in Kraft treten. Versicherer wollen deshalb ins Risiko-Management investieren, wie eine Studie von Steria Mummert ergab.
Reporting/Meldewesen sowie Datenbereitstellung für das Risiko-Management-Modell zählen zu den wichtigsten Aufgaben bei Solvency II.
Foto: Steria Mummert

Bis 2014 wollen 94 der deutschen Versicherungen in ihr Risiko-Management investieren. Damit ist dieses Thema wichtigstes Investitionsziel im Bereich der Prozess-Steuerung. Der Grund dafür: Das nahe Inkrafttreten von Solvency II. Das geht aus dem "Branchenkompass Versicherungen 2011" hervor, für den der Hamburger Berater Steria Mummert rund hundert Entscheider befragt hat.

Hinter dem Stichwort Solvency II verbirgt sich ein Projekt der EU-Kommission zur grundlegenden Reform des Versicherungsaufsichtsrechts. Dabei geht es insbesondere um Solvabilitätsvorschriften für die Eigenmittelausstattung von Versicherungsunternehmen. Mitte 2007 hat die Europäische Kommission einen Vorschlag für eine Solvency-II-Rahmenrichtlinie vorgelegt. Nach diversen Verhandlungen soll Solvency II nach Erlass der entsprechenden Durchführungsbestimmungen im ersten Quartal 2013 national umgesetzt werden.

Weitere Investitionsziele für Versicherer sind Bestandsführungssystem (71 Prozent), wertorientierte Unternehmenssteuerung (57 Prozent) und Produktmanagement-System (54 Prozent). Unabhängig von Solvency II stand das Schlagwort Compliance noch einmal auf der Liste und kommt ebenfalls auf 54 Prozent der Nennungen.

Laut der Umfrage erhoffen sich die Entscheider in diesen Punkten Unterstützung durch die IT. Derzeit seien viele Versicherer noch dabei, die bestehenden Risiko-Managementsysteme zu prüfen. Insbesondere wollen sie Reporting und Meldewesen neu gestalten sowie die Datenbereitstellung für das Risiko-Management automatisieren.

Knapp sechs von zehn Befragten (58 Prozent) würden gern ein Standard-Modell für Solvency II nutzen. Die anderen wollen ein eigenes Modell entwickeln.

Auch bei der Überprüfung ihrer Produktmanagement- und Bestandsführungssysteme sind sich die Befragten nicht einig: 58 Prozent wollen die bestehenden Systeme neu designen, 30 Prozent wollen eigene Systeme entwickeln. 28 Prozent evaluieren derzeit verschiedene Systeme, 18 Prozent wollen ein Standard-System kaufen. Bei dieser Frage konnten die Teilnehmer mehrere Möglichkeiten ankreuzen, daher übersteigt die Summe der Antworten hundert Prozent.

Vertriebsprozesse automatisieren

Die Befragten sollten außerdem angeben, wo sie Standardisierungs- und Automatisierungspotenzial sehen. Mehr als jeder Zweite (55 Prozent) nennt zunächst IT-gestützte Vertriebsprozesse. Aber auch bei Bestandsführung und Schadensregulierung/Leistungsgewährung (jeweils 48 Prozent) sehen die Versicherer Möglichkeiten. 45 Prozent führen außerdem Dokumenten-Management an.

Die Reform des Versicherungsaufsichtsrechts beschäftigt Versicherungen seit einigen Jahren. Bereits 2006 ergab die Studie "Solvency II: Status Quo und Erwartungen" von der Fachhochschule Wiesbaden und dem Management-Berater Risknet, dass mehr als sechs von zehn Entscheidern (63 Prozent) extern Rat holen mussten. Eigentlich hatten die neuen Richtlinien bereits 2010 in Kraft treten sollen.

Ende 2010 führte der Management-Berater Accenture ebenfalls eine Umfrage zu Solvency II durch. Demnach erwarten knapp sechs von zehn (57 Prozent) europäischen Versicherern deutlich höheren Kosten bei der Einführung des neuen Regelwerks als ursprünglich erwartet.

Compliance und die Kosten

29 Prozent der Befragten bezifferten die Gesamtkosten durch die Umsetzung auf mehr als 26 Millionen Euro - sieben Prozent rechnen sogar mit Kosten in Höhe von mehr als 100 Millionen Euro. In einer ähnlichen Befragung im Jahr 2007 hatten nur vier Prozent der Branchenvertreter Ausgaben jenseits der 26 Millionen Euro-Marke erwartet.