Warten auf schlaue Fabriken

Industrie 4.0 kommt erst 2025

23.04.2013 von Andreas Schaffry
Die Smart Factory, in der alle Bereiche vernetzt sind und selbstständig Daten austauschen, bleibt vorerst Vision. Industrie 4.0 soll sich laut einer VDE-Studie erst 2025 durchsetzen.

Das neue Zauberwort in der Fertigungsindustrie lautet "Industrie 4.0". Damit ist eine Vernetzung von Maschinen, Herstellungsprozessen und Lagersystemen gemeint, die den selbstständigen Informationsaustausch zwischen diesen Bereichen erlaubt. Doch noch hinkt die Realität in produzierenden Unternehmen der Vision weit hinterher. "Industrie 4.0 wird kommen, allerdings nicht vor 2025", so fasst der "Trendreport 2013" des Verbandes der Elektrotechnik Elektronik und Informationstechnik (VDE) das Kernergebnis einer Umfrage zu diesem Thema zusammen.

Smart Factory scheitert an IT-Sicherheit

Industrie 4.0
Industrie 4.0 erst ab 2025
Industrie-4.0-Konzepte werden sich laut VDE in Deutschland erst ab 2025 durchsetzen.
Hindernisse für Industrie 4.0
Die größten Hürden für die Umsetzung von Industrie 4.0 sehen Unternehmen in ungeklärten Fragen zur IT-Sicherheit und fehlenden Normen und Standards.
Mehr Arbeitsplätze durch vernetzte Produktion?
Knapp ein Drittel der Teilnehmer an der VDE-Umfrage gehen davon aus, dass Industrie 4.0 keine zusätzlichen Arbeitsplätze schafft.

Zwar sind 73 Prozent der Studienteilnehmer der Meinung, dass Industrie 4.0 den Wirtschaftsstandort Deutschland stärken wird. 70 Prozent gehen allerdings davon aus, dass die Konzepte in einem volkswirtschaftlich bedeutenden Umfang erst bis zum Jahr 2025 und später umgesetzt sein werden. Nur etwas mehr als ein Fünftel glaubt, dass dies vor 2020 der Fall sein wird.

Die größten Barrieren für den Aufbau einer sogenannten "Smart Factory" sehen zwei Drittel der Umfrageteilnehmer in bislang nicht geklärten Fragen zur IT-Sicherheit. Das ist nachvollziehbar. Durch die Verknüpfung unterschiedlicher Bereiche bei der Produktherstellung wie Lager, Anlagen oder Liefernetzwerke, die Daten online austauschen, können bislang nicht bekannte Bedrohungsszenarien entstehen. Schon heute sind Schadprogramme wie Stuxnet in der Lage, SCADA-Systeme (Supervisory Control and Data Acquisition) zu kapern und lahmzulegen.

Für Industrie 4.0 fehlen Normen und Standards

Weitere Hürden auf dem Weg zu Industrie 4.0 sehen jeweils 43 Prozent der Befragten in fehlenden Normen und Standards sowie in einem hohen Qualifizierungsbedarf des Personals. 35 Prozent halten überdies die bisher eingesetzte Informations- und Kommunikations-Infrastruktur für nicht leistungsfähig genug. 31 Prozent sind davon überzeugt, dass auch hohe Investitionskosten Firmen beim Aufbau schlauer Fabriken bremsen.

Dabei verspricht sich die Mehrheit der Umfrageteilnehmer konkrete Vorteile von einer Smart Factory. Drei Viertel erwarten eine höhere Flexibilität im Produktionsbereich, 60 Prozent einen effizienteren Einsatz von Ressourcen und Einsparungen beim Energieverbrauch. Betrachtet man die einzelnen Branchen, dann sollen den Befragten zufolge die Automobilindustrie (65 Prozent), der Maschinenbau (55 Prozent) und die Elektrotechnik (48 Prozent) besonders stark von diesen Vorteilen profitieren. Lediglich 31 Prozent der Ansicht, dass sich der Industrie-4.0-Ansatz auch in der ITK-Branche positiv auswirkt.

Jobwunder wird es nicht geben

Die Frage, ob die Vernetzung aller Abläufe in der Produktion mehr Arbeitsplätze schafft, beantwortete die Hälfte der Umfrageteilnehmer weder mit einem Ja noch mit einem Nein. 29 Prozent sind der Meinung, dass dadurch keine neuen Arbeitsplätze entstehen werden. Dennoch ist das Gros der Befragten zuversichtlich: Immerhin 51 Prozent gehen davon aus, dass deutsche Ausrüster eine führende Position bei intelligenten Produktionstechnologien einnehmen werden.

Allerdings vertrauen gaben nur fünf Prozent der Befragten an, dass sie die Hochschulen in Deutschland für gut auf das Thema vorbereitet halten. 47 Prozent verneinten dies. Auf die Frage, ob Industrie 4.0 ein wichtiger Baustein auf dem Weg zur Re-Industrialisierung Europas ist, reagierten die Umfrageteilnehmer zurückhaltend. Nur 39 Prozent beantworteten diese mit einem Ja.

An der Umfrage, die die SMR Solid Marketing Research im Auftrag des VDE unter den 1.300 VDE-Mitgliedsfirmen und Hochschulen durchführte, nahmen insbesondere Unternehmen mit Hauptsitz in Deutschland (90 Prozent) teil. 48 Prozent der Firmen ordnen sich der Elektrotechnik zu und zwischen 19 Prozent und 26 Prozent den Branchen Energietechnik, Elektronik und IKT. Etwa die Hälfte der Betriebe beschäftigt weniger als 100 Mitarbeiter. Der Anteil von Ingenieuren an der Belegschaft beträgt durchschnittlich knapp 17 Prozent.