Test iPhone 5

iPhone 5 im großen Praxistest

27.09.2012 von Christian Möller
Schon vor einem Jahr wurde das iPhone 5 heiß ersehnt, doch Apple brachte das iPhone 4S. Nun ist die Version 5 endlich da. Unser Praxistest zeigt: neben Licht gibt es auch Schatten.
Das neue iPhone 5.
Foto: Apple

Und wieder legt Apple einem fulminaten Verkaufsstart hin: Zwei Millionen Vorbestellungen in der ersten Woche und rekordverdächtige Warteschlangen von den Apple Stores in aller Welt. Sogar in München gab es Kunden, die bereits zwei Nächte vor dem Store campierten, um als eine der ersten ein iPhone 5 in den Händen halten zu dürfen.

Dabei geht Apple inzwischen eher sparsam mit technischen Neuerungen im iPhone um. Das Design bleibt beinahe unverändert, nur wer genau hinschaut oder ein iPhone 4S zum direkt Vergleich daneben hält, erkennt die Neuerungen.

Breitbild-Display in vier Zoll

Die auffälligste Verändrung ist sicher das größere Display, das nun vier Zoll in der Diagonale misst. Ohne das Gerät in der Breite zu ändern hat Apple die Bildfläche vergrößert. Der Grund: Man muss auch weiterhin das Smartphone mit einer Hand bedienen können. Der Daumen ist hier der limitierende Faktor und damit beweist Apple einmal mehr Weitsicht und Augenmaß. Während andere Handyhersteller nach dem Motto "größer ist besser" handeln und einfach immer voluminöserer Displays einbauen, denkt Apple zuerst an den Benutzer und die Bedienung. Das Breitbilddisplay des iPhone 5 ist gerade noch einhändig bedienbar, viel mehr geht da nicht. Das bedeutet aber auch für die Zukunft: ein iPhone mit noch größerem Display wird es von Apple sicher nicht geben.

Das Seitenformat des Monitors ändert sich nun von 2:3 auf 16:9. Viele Apps profitieren sofort davon, nicht zuletzt sämtliche Videoplayer, die nun endlich Filme ohne schwarze Balken darstellen. Doch die meisten Apps von Drittanbietern müssen zunächst angepasst werden, damit sie den zusätzlichen Platz nutzen können. Apple selbst geht hier wie immer mit gutem Beispiel voran. Alle Apps des Handy-Herstellers liegen zum Start des iPhone 5 in einer modifizierten Version vor.

Apple behautet, nicht nur die Fläche des Displays vergrößert zu haben, sondern auch die Farbdarstellung. Schon auf den ersten Blick fällt das auf: Das Bild ist knackiger, die Farben brillanter und es wirkt auch schärfer. Das liegt daran, das die Glasschicht über dem eigentlich Display dünner geworden ist, das Bild erscheint so "näher am Nutzer". Das fällt besonders auf, wenn man das Display von der Seite her betrachtet. Das Bild scheint beihnahe auf dem Glas zu liegen, statt darunter.

Unsere Messungen im Labor bestätigen dann auch den subjektiven Eindruck. Der Farbraum des iPhone-5-Displays ist signifikant größer als beim iPhone 4S.

Gehäuse aus Aluminium

Unser Testgerät ist in den ersten Stunden bereits durch viele Hände in der Redaktion gewandert, und die ersten Reaktionen waren durchweg identisch: "Das ist ja wirklich viel leichter!". Stimmt, objektiv ist das iPhone 5 um 28 Gramm leichter geworden. Subjektiv fühlt es sich allerdings noch leichter an. Das liegt daran, dass sich das Gewicht nun auf eine größere Fläche verteilt.

Das schwarze iPhone 5 zerkratzt sehr schnell. Rutscht man beim Einsetzen der SIM-Karte ab, hat das fatale Folgen. Das weiße Modell ist unempfindlicher.
Foto: Klaus Westermann

So schön ein leichters Handy zunächst erscheint, es verliert mit dem Gewicht auch etwas an gefühlter Wertigkeit. Dem hat das schicke und deutlich dünnere Alu-Gehäuse nicht viel entgegenzusetzen. Zwar ist es extrem gut verarbeitet aber besonders die schwarze Version kämpft mit starker Kratzempfindlichkeit. Erste Nutzer berichten von Flecken und Kratzern, die bereits ab Werk vorhanden sind. Auch uns passiert es im Test, dass wir beim Einsetzen der Nano-SIM-Karte abrutschen und sofort einen hässlichen Kratzer an der Seite hinterlassen. Apple spart hier offensichtlich beim Prozess des Eloxierens. Das passiert bei der weißen Version zwar nicht so schnell, aber auch diese ist gegenüber dem harten Stahlrahmen des iPhone 4 und 4S spürbar empfindlicher gegen Krazer und Dellen.

Es steht die Frage im Raum: Würde Steve Jobs noch leben, hätte er die schwarze Version des iPhone 5 tatsächlich so freigegeben? Sicher nicht, doch damit wird man nun leben müssen. Die Zubehörindustrie wird es allerdings umso mehr freuen, denn Schutzhüllen dürften zumindest für das schwarze Phone 5 quasi zur Pflicht werden.

Neuer Dock-Connector

Nach 10 Jahren führt Apple einen neuen Anschluss ein. Lightning nennt er sich und er ist nicht nur kleiner, er ist auch narrensicher, da man ihn nicht falsch herum einstecken kann. Statt 30 gibt es jetzt aber nur noch acht Pins. Viele Signale verschwinden, darunter auch der Video-Ausgang. Noch ist nicht klar, ob es spezielle Adapter für HDMI und VGA geben wird. Es gibt allerdings Anzeichen dafür, dass das man das iPhone 5 nur noch drahtlos per Airplay mit externen Displays verbinden kann. Analoges Audio wird es aber weiterhin geben. Der im Oktober auf den Markt kommende Adapter auf den alten Dock-Anschluss soll einen D/A-Wandler enthalten mit dem ältere Lautsprecher und Kabel weiterhin funktionieren. Testen können wir das allerdings noch nicht.

Familienbild mit iPhone 5 ganz rechts: Apple hat das Design des iPhone seit dem Urmodell von 2007 nur sehr vorsichtig verändert. Zurecht, denn das Grundkonzept funktioniert auch nach fünf Jahren immer noch perfekt.
Foto: Klaus Westermann

Im Internet kursieren einige Gerüchte und Nutzerberichte, dass das iPhone 5 nicht mehr mit diversen Auto-Stereoanlagen zusammenarbeitet. Betroffen sind vor allem Systeme, die direkt ein Kabel mit dem 30-Pin-Dock-Connector herausführen.

Wir testen das mit dem Blue&Me-System, das Fiat, Alfa Romeo und Lancia einsetzt. Per Lightning-Kabel direkt mit dem USB-Port von Blu&Me verbunden, verhält sich das iPhone 5 genauso wie das iPhone 4S. Musik abspielen ist also kein Problem und auch die Lenkrandsteuerung funktioniert einwandfrei.

Apple äußert sich nicht darüber, welche Technologie dem Lightning-Anschluss zugrundeliegt. Ist es nun USB 2, USB 3 oder gar Thunderbolt? Eines ist aber sicher, das Originalkabel enthält aktive Komponenten. Billigkabel von Drittherstellern wird man so schnell nicht erwarten können. Allerdings stellen wir im Gegenzug deutlich schnellere Übertragung von Daten per USB vom Mac oder PC auf das iPhone fest. Offensichtlich hat Apple die USB-Synchronisation optimiert. Ein 3,4 Gigabyte großer Film landet jetzt in etwas mehr als zwei Minuten auf dem iPhone 5.

Der neue Dock-Anschluss hat allerdings auch Nachteile. Die mechanische Stabilität beim Einstecken in Docks oder Lautsprecher lässt zu wünschen übrig. Da kommt es dem iPhone 5 zugute, dass Apple den Kopfhöreranschluss auf die Unterseite verlegt hat. Docks und Lautsprecher können sich das zunutze machen und über einen Stift zusätzliche Stabilität bringen.

Earpods – neue Ohrhörer

Apple hat nach eigener Aussage drei Jahre für die Entwicklung der neuen, dem iPhone 5 beiliegenden Ohrhöhrer namens "Earpods" gebraucht. 3D-Scans von hunderten Ohren will Apple erstellt haben, um die optimale Form für den Ohrhörer zu finden. Dies ist durchaus gelungen, die Ohrhörer sitzen mehreren Testpersonen in der Redaktion ausgezeichnet. Ein weiterer Komfortpunkt ist die Kabelfernbedienung: Sie ist jetzt etwas größer als zuvor und dadurch auch mit Handschuhen bedienbar. Nach wie vor mit eingebaut ist ein Mikrofon zum Telefonieren. Die Sprachverständlichkeit ist hier eben so klar und rauschfrei wie schon bei den bisherigen Ohrhörern.

Apples neue Ohrhörer "Earpods" liegen dem iPhone 5 bei, inklusive hübscher Plastikverpackung. Sie klingen deutlich besser als die Vorgänger und tragen sich komfortabel.
Foto: Klaus Westermann

Der Sound der Earpods ist allerdings hörbar besser als bei den bisherigen Apple-Ohrhörern. Auffallend ist der deutlich tiefere Bass, der allerdings recht weich abgestimmt ist und abhängig vom Lied mitunter schwammig wirkt. Insgesamt ist der Klang aber gut abgestimmt und sehr gut für Pop und Rock geeignet. Auch Stimmen klingen angenehm klar. Man bekommt die Earpods auch separat. 30 Euro sind angesichts der Soundqualität recht günstig.

Bessere Kameras

Zwei Kameras stecken im iPhone 5, auf der Rückseite findet sich die iSight-Kamera, die nach wie vor mit acht Megapixeln und einem Autofokus-Objektiv mit fester Brennweite arbeitet. Apple hat die Optik verbessert. Im direkten Vergleich mit der Kamera des iPhone 4S fallen kaum Unterschiede auf. Die Tiefenschärfe ist etwas größer und das Rauschverhalten bei wenig Licht etwas besser.

Größere Unterschiede finden sich da schon bei der Kamera auf der Frontseite, die Apple Facetime-Kamera nennt. Video zeichnet sie nun in HD (720p) auf und auch die Fotoqualität ist besser (1,2 MP). Auch wenn man die Kamera hauptsächlich für Videochats nutzt, man nimmt sie hin und wieder gerne für Selbstportaits her und freut sich dann über die bessere Fotoqualität des iPhone 5.

LTE in Deutschland

LTE funktioniert gut auf dem iPhone 5. In der Nähe des Sendemastes messen wir über 50 MBit/s.

Mit dem iPhone 5 kommt erstmals ein iOS-Gerät mit funktionierendem LTE nach Deutschland. Einziger Anbieter ist jedoch die Telekom, da das iPhone 5 hierzulande lediglich das 1800-MHz-Band für LTE unterstützt, für das andere Provider keine Lizenz halten. Das funktioniert dafür aber beeindruckend schnell. Wir testen LTE zunächst in etwa einem Kilometer Entferung zum Sendemast innerhalb eines Gebäudes. Hier ist der Vorteil zum 3G-Netz noch nicht so groß. Die Datenraten liegen bei etwa 10 Mbit/s. Ganz anders wird das, wenn man sich unter freiem Himmel in der Nähe eines Sendemastes bewegt.

Wir messen über 50 Mbit/s im Downstream. In der Praxis heißt dies: es gibt faktisch keinen Geschwindigkeitsunterschied mehr zum Wlan-Betrieb. Im Gegenteil, LTE ist in viele Fällen sogar schneller als das heimische Wlan. Hier ist Apple ein großer Wurf gelungen. Schade nur, dass andere Anbieter, wie etwa Vodafone oder O2 außen vor bleiben.

Geschwindigkeit

Schon beim iPhone 4S hat man eigentlich keinen Grund zur Klage über mangelnde Arbeitsgeschwindigkeit. Der neue Dual-Core-A6-Chip im iPhone 5 soll jedoch noch einmal doppelt so schnell sein. Unsere Messergebnisse bestätigen das eindrucksvoll (siehe Leistungsvergleich links). Apps starten spürbar schneller und Webseiten laden flotter. Im Javascript-Benchmark Sunspider hängt das iPhone 5 sogar Quad-Core-Boliden von Samsung oder HTC ab.

In der Praxis spürt man die höhere Rechengeschwindigkeit beim Fotografieren im HDR-Modus. Das iPhone 4S legt hier nach dem Auslösen stets eine Zwangspause von knapp drei Sekunden ein, um das HDR-Bild zu berechnen. Für gelungene Schnappschüsse sind drei Sekunden aber eine halbe Ewigkeit. Beim iPhone 5 reduziert sich diese Pause auf unter zwei Sekunden. Ein spürbarer Fortschritt. Auch bei Spielen wird man die höhere Geschwindigkeit merken. Aufwendige 3D-Spiele profitieren von der gesteigerten 3D-Grafikleistung des A6.

Akkulaufzeit

Mehr Platz für den Bildschirm bedeutet nicht zwangsläufig mehr Platz für einen größeren Akku. Laut iFixit, die das iPhone 5 in seine Einzelteile zerlegt haben (siehe Seite 12) liefert der Akku nominell nur wenig mehr Kapazität als beim iPhone 4S. Apple muss also beim Verbrauch sparen, um annähernd gleiche Laufzeiten zu erreichen. Das klappt leider nicht ganz. Sowohl beim Videoschauen als auch beim Surfen im Wlan bleibt das iPhone 5 bei der Laufzeit etwas hinter dem iPhone 4S zurück. Schade!

Empfehlung

Das iPhone 5 ist ein solides Smartphone für den Alltag. Es setzt die Tradition der einfachen Bedienung konsequent fort, mit vielen technischen Verbesserungen. Für einen Wechsel von einem iPhone 4 oder älter ist das iPhone 5 eine Empfehlung wert. iPhone-4S-Besitzer sollten sich den Umstieg überlegen, denn mit iOS 6 erhalten sie viele der neuen Funktionen kostenlos. Nachbessern muss Apple auf jeden Fall beim schwarzen iPhone 5. Es ist für den alltäglichen Gebrauch viel zu kratzempfindlich.

Modell

iPhone 5

iPhone 4S

iPhone 4

Hersteller

Apple

Apple

Apple

Preis

16 GB: € 679; 32 GB: € 789; 64 GB: € 899

16 GB: € 579; CHF 629

8 GB: € 399, CHF 449

Gesamtwertung

1,7 gut

1,9 gut

2,2 gut

Einzelwertungen

-

-

-

Leistung

1,2

1,7

2

Ausstattung

1,9

2,3

2,8

Handhabung

1,4

1,6

1,7

Ergonomie

2,5

2,4

2,5

Vorzüge

Exzellentes Display, sehr hohe Rechen- und Grafikleistung, geringes Gewicht, sehr flach, schnelles LTE

Robustes Gehäuse, verbesserte Antenne, tolles Display, flott, unterstützt Siri und Airplay-Streaming

Günstig, robustes Gehäuse, tolles Display

Nachteile

Alu-Gehäuse sehr kratzempfindlich (besonders bei schwarzer Version), Akku-Laufzeit zu knapp

Akku-Laufzeit für Intensivnutzer zu knapp, geringere Standby-Dauer als bei den anderen iPhones

Akku-Laufzeit für Intensivnutzer zu knapp, teilweise gestörter Empfang, nur 8 GB

Farben

Weiß oder Schwarz

Weiß oder Schwarz

Weiß oder Schwarz

Unterstützung für Siri / Facetime

ja / ja

ja / ja

nein / ja

Multitouch-Display

4 Zoll, 1136 x 640 Punkte

3,5 Zoll, 960 x 640 Punkte

3,5 Zoll, 960 x 640 Punkte

Kamera / Video

8 MP / 1080p 30fps

8 MP / 1080p 30fps

5 MP / 720p 30fps

Unterstützte Netze

UMTS/HSPA+/DC-HSDPA, GSM/EDGE, LTE, Wi-Fi 802.11b/g/n; Bluetooth 4.0

UMTS/HSDPA/HSUPA; GSM/EDGE; CDMA; Wi-Fi 802.11b/g/n; Bluetooth 4.0

UMTS/HSDPA/HSUPA; GSM/EDGE; Wi-Fi 802.11b/g/n; Bluetooth 2.1 + EDR

Maße (B x H x T) in mm

58,6 x 123,8 x 7,6

58,6 x 115,2 x 9,3

58,6 x 115,2 x 9,3

Gewicht in g

112

140

137

(Macwelt)