ZEW-Outsourcing-Studie

IT ausgelagert - trotzdem mehr Mitarbeiter

27.04.2011 von Nicolas Zeitler
IT-Outsourcing ist mittelfristig nicht mit Stellenabbau verbunden. Ein ZEW-Forscher sieht positive Effekte, die zu mehr Beschäftigung führen.
Statt nur Kostensenkungen zu erwarten, betrachten Firmen Outsourcing immer stärker als strategisches Vorhaben, so Jörg Ohnemus. Dieser Ansatz könne mittelfristig zu einer höheren Zahl von Mitarbeitern führen.
Foto: AXA Konzern AG

Mit IT-Outsourcing verbindet die breite Öffentlichkeit für gewöhnlich Stellenstreichungen. Eine empirische Studie vom Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) widerlegt jetzt diese Sichtweise. Volkswirt Jörg Ohnemus hat Daten von mehr als 1100 Unternehmen ausgewertet und Anzeichen dafür gefunden, dass IT-Outsourcing zu mehr Beschäftigung bei den Firmen führt, die Dienstleistungen von Externen beziehen.

Die Argumentation von Ohnemus stellt IT-Outsourcing als strategisches Unterfangen dar, mit dem Firmen nicht nur Kostensenkungen im Blick haben. Indem sie Arbeit auslagerten, die nicht zum Kerngeschäft gehöre, machten Unternehmen vielmehr Management-Kapazität für ihre eigene Weiterentwicklung frei. Das könne zu besserem Geschäft und mehr Marktanteil führen. Um die zusätzliche Nachfrage zu befriedigen, müssten die Firmen schließlich neue Mitarbeiter einstellen. Weil IT-Dienstleister in der Regel ihr Angebot auf dem Stand der Zeit hielten, erhielten Unternehmen durch Auslagerungen zudem bessere IT-Dienste, die sie produktiver arbeiten ließen.

Kein positiver Effekt in der Industrie

Der Volkswirt hat für die Studie Daten aus zwei IKT-Erhebungen des ZEW aus den Jahren 2004 und 2007 ausgewertet, in denen Angaben von mehr als 1100 Unternehmen abgefragt wurden. 39 Prozent lagern IT aus. Seine Auswertung scheint die Argumentationslinie zu bestätigen. Bei Firmen, die Informationstechnologie auslagern, wächst die Belegschaft um sechs Prozent stärker als in anderen.

Ohnemus hat das unter drei unterschiedlichen Bedingungen berechnet. Bei der ersten Kalkulation berücksichtigte er weder die Qualifikationsstruktur der Belegschaft noch, welcher Anteil der Mitarbeiter hauptsächlich am PC arbeitet. Heraus kam eine um 6,4 Prozent höhere Steigerungsrate bei der Zahl der Angestellten.

Bei den beiden anderen Berechnungsmodi - als er Qualifikation und Verbreitung der Computerarbeit berücksichtigte - fielen die Raten leicht geringer aus, waren aber immer noch deutlich positiv.

Bei genauerem Hinsehen stimmt die Feststellung von Ohnemus allerdings nur für einen Teil der untersuchten Firmen: für die aus dem Dienstleistungssektor. Ohnemus teilte die Stichprobe und fand den Effekt bei den Industrieunternehmen nicht signifikant ausgeprägt.

Bei Exporteuren wächst Belegschaft durch IT-Outsourcing stark

Eine Erklärung sieht er darin, dass IT für beide Gruppen eine andere Bedeutung hat. Im Dienstleistungssektor arbeiteten fast alle Mitarbeiter mit IT, in der Industrie weniger. Ohnemus belegt das mit einer Zahl, wonach der Anteil der am Computer arbeitenden Angestellten in Dienstleistungsfirmen um durchschnittlich 24 Prozentpunkte höher ist als in der Industrie. Folglich falle auch der positive Effekt von IT-Outsourcing für die Unternehmen geringer aus - samt seiner Folgen auf die Mitarbeiterzahl.

Ohnemus fand auch eine Reihe kleinerer Nebeneffekte. So wächst die Belegschaft in Unternehmen mit IT-Outsourcing stärker, wenn sie ihre Produkte oder Dienstleistungen auch ins Ausland verkaufen. Dagegen stellte er bei der Auswertung einschließlich Qualifikations- und PC-Variablen leicht negative Auswirkungen auf die Mitarbeiterzahl fest, wenn in den Firmen selbständige Teams zu Werke gingen - also bei eher dezentraler Führungsstruktur.

Beide Befunden überraschten den Studienautoren. Eine weitere Auffälligkeit widerlegte bisherige Arbeiten: Das Alter eines Unternehmens spielte keine Rolle darauf, wie stark die Belegschaft zunahm.

Langfristige Folgen von IT-Outsourcing unbekannt

Der ZEW-Forscher räumt ein, seine Untersuchung sage nichts über langfristige Effekte aus. Denn denkbar wäre, dass ein Unternehmen mittelfristig vom IT-Outsourcing profitiert, auf lange Sicht aber beispielsweise durch zu viel Outsourcing die Herrschaft über eigene Prozesse verliert, in Schieflage gerät und Angestellte entlassen muss.

Qualifikation entscheidet mit, wie stark sich IT-Outsourcing auswirkt

Ob der beobachtete Effekt auch für langfristige Betrachtungen gilt, ist nach der ZEW-Studie weiter offen.
Foto: MEV Verlag

Der Wissenschaftler hat in seine Berechnungen eine Reihe von Faktoren einfließen lassen, darunter etwa Qualifikation der Angestellten, Firmengröße und Angaben über die Organisation der Arbeit in den Unternehmen.

Die Studie Studie "IT Outsourcing and Employment Growth at the Firm Level" von Jörg Ohnemus hat das ZEW als "Discussion Paper No. 10-108" veröffentlicht. Sie kann hier heruntergeladen werden.