Analysten-Kolumne

IT-Governance: Unternehmen optimal positionieren

03.01.2007 von Axel Göldner
Reorganisieren, verschlanken, ausgründen, wiedereingliedern - gerade für die IT-Organisationen großer Unternehmen dreht sich der Kreisel immer schneller. Mit zunehmender Drehzahl in beschleunigten Märkten wird es für die IT-Leiter immer schwieriger, sich und ihre Abteilungen auf Erfolgskurs zu halten und dabei vor allem den Gesamterfolg des Unternehmens nicht aus den Augen zu verlieren. Denn gleichzeitig verändert sich die traditionelle Rolle der IT von "Fix-it-Teams" zum strategischen Element in der Unternehmensorganisation.

Von den IT-Experten werden heute - neben selbstverständlicher fachlicher Exzellenz - auch Manager-Qualitäten gefordert. Viele traditionelle IT-Führungskräfte müssen umdenken: Welche Rolle spielt der Faktor Mensch im Zusammenwirken von übergreifenden Unternehmensstrategien und der Balance zwischen Entscheidungsbefugnissen und Personalentscheidungen auf der mittleren Managementebene? Welche Eigenschaften braucht ein IT-Leiter und seine Abteilung, um im beschleunigten Wandel souverän und effizient agieren zu können?

Neben seinem IT-Fachwissen zählen in der Unternehmenspraxis vor allem individuelle-persönliche Skills des CIOs. Nur wenn sein Wort auch über die Grenzen der "IT-Box" hinaus Gewicht hat, kann er die IT-Governance erfolgreich steuern und ihre Interessen im Gesamtunternehmen effektiv vertreten.

Eine Studie der Strategie- und Technologieberatung Booz Allen Hamilton hat ergeben, dass immerhin rund 40 Prozent der IT-Leader weitgehend losgelöst von anderen Teams operieren. Neben seiner eigenen Integrationskraft sind deshalb neben IT-spezifischem Wissen immer stärker auch soziale Fähigkeiten gefragt. Branchenerfahrungen von Booz Allen Hamilton haben gezeigt, dass bereits viele Unternehmen die Zeichen der Zeit erkannt haben: insgesamt steigt die durchschnittliche Verweildauer der CIOs im Unternehmen, und immer häufiger ist der IT-Chef Teil des Vorstands.

Management-Aufgaben statt klassischer IT-Arbeit

Oft genug stehen allgemeine Management-Aufgaben wie Abschaffung von IT-Inseln, bessere Vernetzung, Straffung von Entscheidungsprozessen, für den CIO im Vordergrund. Verstärkt wird dieser Trend dadurch, dass die IT ins Zentrum des betriebswirtschaftlichen Geschehens rückt. Sie wandelt sich folgerichtig vom Kostenfaktor zum strategischen Steuerungsinstrument. Skill-Management, der Aufbau und die kontinuierliche Weiterentwicklung in den Bereichen Führungsqualität und Team-Building umfasst somit nicht nur technologische Aspekte, sondern auch betriebswirtschaftliche und management-bezogene Komponenten.

Immer mehr Unternehmen erkennen, dass sich mit bloßem "Downsizing" keine langfristigen Erfolge erzielen lassen - zu groß ist der Substanzverlust im unternehmensspezifischen Know-How. Die IT-Consultants und Contractors, die in den ausgedünnten IT-Abteilungen das Ruder übernommen haben, nehmen ihr Detailwissen nach Projektende schließlich wieder mit. So verstärkt sich Abhängigkeit von externer Expertise, die ebenso gut im Unternehmen selbst ausgebildet werden kann. Gleichzeitig sinken die Anreize zur Weiterqualifizierung für die eigenen Mitarbeiter. Der CIO muss in solchen Umgebungen in erster Linie dafür sorgen, dass neben temporären Projektteams auch die eigenen Leute Wissen aufbauen, das im Unternehmen langfristig benötigt wird.

Unternehmens DNA - Nur ein Viertel der IT-Leiter bewerten Ihre Teams positiv

Diese Herausforderungen kann der CIO jedoch nur meistern, wenn die gesamte Unternehmensführung mitzieht. Die Organisations-DNA des Unternehmens, bestehend aus Unternehmensstruktur, Entscheidungsrechten, Motivatoren und Information, muss intakt sein, wie eine Studie von Booz Allen Hamilton eindrucksvoll festgestellt hat. Deshalb ist es besonders alarmierend, dass nur 26 Prozent von 2.000 befragten IT-Entscheidungsträgern ihre Abteilung als positiv charakterisieren. Damit bilden sie das Schlusslicht der untersuchten Unternehmensfunktionen.

Viele CIOs kritisieren Entscheidungsschwäche, die mangelnde Stabilität einmal getroffener Entscheidungen sowie eine generelle Unklarheit über zentrale Verantwortlichkeiten als größtes Manko innerhalb ihrer Abteilungen. Diese Ergebnisse zeigen, dass in vielen Unternehmen die Emanzipation der IT als zentrales Element des Geschäftserfolges noch nicht abgeschlossen ist. Viel zu oft werden die IT-Experten nicht konsequent in die Entscheidungskanäle der Unternehmen integriert.

In der Praxis haben sich hingegen einige erfolgsversprechende Ansätze herauskristallisiert, wie sich die IT-Governance effektiv in die Gesamt-Governance integrieren lässt: Anstatt die IT isoliert zu optimieren, führt ein kundenorientierter Ansatz in vielen Fällen zu einem besseren Ergebnis. Im Idealfall wird der Optimierungsprozess so zum Selbstläufer.

Entscheidungsschwäche und unklaren Verantwortlichkeiten begegnet man hingegen am besten mit klaren Regeln und Anwendungsdisziplin. In vielen Unternehmen sind die erforderlichen Informations- und Steuerungsinstrumente wie Planung, Budgetierung, Projektkalkulation und Erfolgsrechnung noch nicht ausreichend ausgeprägt. Vorzeige-Unternehmen schaffen hier über ein wirksames IT-Controlling die erforderliche Transparenz und verbessern somit gleichzeitig die Informationsflüsse innerhalb und außerhalb der IT-Organisation.

Neben Leadership Fähigkeiten, Qualifikation des IT-Teams und Kohärenz mit der Unternehmenskultur ist eine solche maßgeschneiderte organisatorische Aufstellung wesentlicher Faktor für eine erfolgreiche Positionierung der IT im Unternehmen. Je besser dies gelingt, desto mehr kann sie zum Gesamterfolg des Unternehmens beitragen.

Dr. Axel Göldner ist Mitglied der Geschäftsleitung bei Booz Allen Hamilton.