Studie von Fraunhofer und Bearingpoint

IT-Insellösungen sollen weg

09.10.2012 von Hartmut  Wiehr
Die IT im Gesundheitswesen ist geprägt von Insellösungen und fehlenden Schnittstellen. Das Gesundheitsministerium will jetzt die Kommunikation verbessern.

Immer wenn man nicht so richtig weiter weiß, setzt man eine Kommission ein oder gibt in einer moderneren Variante eine Studie in Auftrag. Mehr oder weniger deutlich impliziert so eine Entscheidung auch, dass man momentan noch nicht so richtig weiß, wie man sich letztlich entscheiden soll. Eins steht allerdings schon jetzt fest: Der Austausch von Informationen zwischen den beteiligten Institutionen des Gesundheitswesens wie Arztpraxen, Krankenhäusern, Apotheken, Rehabilitationskliniken und last but not least den diversen Standes-und Interessensvertretungen hakt an vielen Enden.

Gesundheitsminister Daniel Bahr will die Kommunikation im Gesundheitswesen verbessern. Der Austausch von Informationen scheitert auch daran, dass es zu wenige Schnittstellen in der IT gibt.
Foto: Bundesgesundheitsministerium

Es geht jetzt laut Bundesgesundheitsministerium (BMG) darum, die Kommunikationsprozesse "effizienter zu gestalten und damit die Qualität und Wirtschaftlichkeit der Patientenversorgung weiter zu verbessern." Dafür sei zur Zeit sogar die Situation besonders günstig: Denn mit der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK), die zu weiten Teilen bis zum Ende des laufenden Jahres abgeschlossen sein soll, werde gerade eine Telematikinfrastruktur aufgebaut, die für die Verwirklichung der Ziele eine "wichtige Grundlage" bilden könne.

Das BMG argumentiert, dass das Gesundheitswesen in Deutschland und besonders seine IT noch immer durch zahlreiche Insellösungen gekennzeichnet seien. Nicht nur viele Institutionen existieren eher neben- als miteinander, auch die im Einsatz befindlichen IT-Applikationen "können nicht miteinander". Verschiedene Lösungen für die gleiche Sache da und dort, fehlende Schnittstellen und ein mangelnder Austausch von Daten gehören zum Alltag der Patientenversorgung.

Auftrag für ein Planungsstudie bis Juli 2013

Um das zu ändern, wurden die Consulting-Firma Bearingpoint und Experten des Fraunhofer Instituts für Offene Kommunikationssysteme (FOKUS) damit beauftragt, bis zum Juli 2013 eine Planungsstudie zu erstellen. Das Projekt ist Bestandteil der "eHealth-Initiative", die vom BMG Mitte 2010 ins Leben gerufen wurde. Diese Initiative wird dem Ministerium zufolge von allen Spitzenorganisationen der Selbstverwaltung und den betroffenen Unternehmensverbänden getragen. Auch sie hat sich ein hehres Ziel gesetzt: "Umsetzungshemmnisse" für E-Health-Anwendungen, insbesondere der Telemedizin, sollen durch "gezielte Maßnahmen" abgebaut werden.

Die Aufgabe von Bearingpoint und Fraunhofer ist es nun, eine ausführliche Ist-Analyse und Verfahrens- und Strukturvorschläge auszuarbeiten. Es soll aufgezeigt werden, "mit welchen Maßnahmen geeignete Interoperabilitätsvorgaben für das deutsche Gesundheitssystem erarbeitet und weiterentwickelt werden können". Man will sich dabei auch um geeignete Gedankenanstöße aus Europa und weiteren internationalen Quellen kümmern. Dies erscheint sinnvoll, da andere Länder schon um einiges weiter bei der Integration des Gesundheitswesens sind und man von ihren Erfahrungen profitieren könnte.

Der Auftrag: Good Practices sammeln

In einer gemeinsamen Erklärung von BMG, Bearingpoint und Fraunhofer FOKUS heißt es dazu: "Ziel ist es, nationale und internationale Good Practices zu ermitteln. Frühzeitig in Deutschland bestehende, in das System einzubindende Organisationen und Entwicklungen (z.B. die Telematikinfrastruktur) sollen identifiziert und bewertet werden."

Minister Bahr beim "Fotoshooting" in einer Pflegeeinrichtung.
Foto: Bundesgesundheitsministerium

Darüber hinaus geht es um Anwendungsszenarien für ein stufenweises Vorgehen für die Schaffung interoperabler Anwendungen sowie um die Festlegung des notwendigen Zeit- und Ressourcenbedarfs. Einbezogen werden auch die Aktivitäten der gematik (Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte), die mit der Planung und Einführung der eGK beauftragt ist.

Schlechtes Beispiel eGK

In die laufende Arbeit sollen die Standesorganisationen des Gesundheitswesens und die Interessensverbände der Healthcare-IT direkt involviert sein. Dazu wird sogar ein Beirat gegründet, der das Projekt begleiten soll. Soviel Beobachten und Mitreden könnte allerdings auch kontraproduktiv sein – siehe die immer wieder verschleppte und gegenüber der ursprünglichen Konzeption stark aufgeweichte Geschichte der eGK.