Analysten-Kolumne

IT nach wie vor kein Vorstandsthema

14.11.2007 von Peter Ratzer
Seit Beginn der Nutzung von Informationstechnologie (IT) in Unternehmen ist ihre Bedeutung für das Geschäft kontinuierlich gestiegen. Anfangs lag der Fokus noch auf der Automatisierung der Geschäftsprozesse, mittlerweile gewährleistet sie auch die Kommunikation innerhalb des Unternehmens sowie die Vernetzung mit externen Kontakten wie Lieferanten oder Kunden.

Im Zuge dieser immer größer werdenden Bedeutung der IT für den Geschäftserfolg wird es in den nächsten Jahren die wesentliche Aufgabe von CIOs sein, bestehende Lücken in Bezug auf IT-Strategien und deren Verständnis sowie den daraus resultierenden Wertbeitrag zum Geschäft zu schließen. Dies kann zu finanziellen Aufwendungen führen, die sich bei großen Unternehmen jenseits der Milliarden-Euro-Grenze bewegen. Die diesen Aufwendungen zugrunde liegenden Initiativen beeinflussen nachhaltig die Beibehaltung von Kunden (Customer Retention) sowie das Management von Risiken und Wettbewerbspositionierung. Vor diesem Hintergrund stellt die kontinuierliche Involvierung des Unternehmensvorstands in IT-strategische Fragestellungen eine grundlegende Voraussetzung für den IT-Einsatz dar und muss aktiv forciert werden.

Vorstände setzen sich unzureichend mit IT auseinander

Deloitte hat aktuell die Studie "Maximizing IT Performance through IT Strategy" durchgeführt, an der weltweit 455 Vorstandsmitglieder aus 35 Ländern teilgenommen haben. Sie zeigt auf, dass in den Vorstandsetagen das Bewusstsein für die Signifikanz informationstechnologischer Themenstellungen bereits vorhanden ist. 66 Prozent schreiben der IT-Strategie beim Aufbau von Kundeninformation und bei der Pflege des bestehenden Kundenstamms eine sehr hohe Bedeutung zu. Hinsichtlich des Risk Management spielt die IT-Strategie für 57 Prozent der Befragten eine elementare Rolle, in Bezug auf die Wettbewerbspositionierung ist sie für 50 Prozent essenziell. Bei compliance-spezifischen Themen ist die IT-Strategie sogar für knapp 70 Prozent sehr wichtig.

Allerdings führt diese Einschätzung nicht zu einer intensiveren Beschäftigung mit IT auf der Vorstandsebene. Nur 14 Prozent aller Teilnehmer gaben an, dass sie vollständig und aktiv in die IT-Strategie ihres Unternehmens involviert sind. Lediglich 66 Prozent sind der Meinung, dass IT-spezifische Aspekte im Vorstand diskutiert werden müssen, obwohl die Auseinandersetzung mit der IT-Strategie im Vorstand, laut der Studie, positive Auswirkungen auf das finanzielle Ergebnis hat: Unternehmen, bei denen die IT-Strategie vom Vorstand überwacht wird, erzielen bessere finanzielle Resultate als Firmen, bei denen dies nicht der Fall ist.

Trotz dieser Zusammenhänge meinten mehr als die Hälfte der Befragten, dass sich der Vorstand in den nächsten drei Jahren nicht intensiver mit IT-Fragestellungen beschäftigen wird. Positiv bleibt hervorzuheben, dass bei der Diskussion von IT-Themen im Vorstand diese nicht nur vom CIO und CTO geleitet werden, sondern auch CEO und CFO sich pro-aktiv an der Auseinandersetzung beteiligen. Somit wird dem integrativen Charakter der IT bereits Rechnung getragen.

Vorstand in die strategische IT-Diskussion involvieren

Die beschriebenen Studienergebnisse werfen die Frage auf, wie die Einbindung des Vorstands in die IT-Strategie optimiert werden kann. Dies lässt sich anhand der folgenden vier grundlegenden Einflussfaktoren aufzeigen:

  1. Vorstandsgremienstruktur:

    Zusammensetzung, Verantwortlichkeiten, Frequenz der Zusammenkünfte etc. von (IT-bezogenen) Vorstandsgremien - kann dazu genutzt werden, den Fokus auf IT gezielt zu verstärken, häufig wird IT hier allerdings nicht adäquat abgebildet und als generelles Thema "abgestempelt"

  2. Allokation von "Vorstandszeit":

    Häufigkeit von IT-Themen als Agenda-Punkt

    Umfang und Tiefe bei Vorstandszusammenfassungen von IT-Fragestellungen

  3. Vorstandszusammensetzung:

    Präsenz/ Ermangelung von Vorstandsmitgliedern mit IT-Erfahrung und -Wissen

  4. Vorstandsinteraktionen mit dem IT-Management:

    Häufigkeit und Intensität der Teilnahme des IT-Managements an Vorstandssitzungen

    Häufigkeit und Intensität von Interaktionen zwischen Vorstandsmitgliedern und dem IT-Management außerhalb des formalen Rahmens von Vorstandssitzungen (z.B. Abendessen, individuelle Konsultation, Ad-hoc-Briefings etc.)

Entwicklung der Vorstandsinvolvierung in IT-strategische Diskussionen auf Basis eines Maturity-Modells.

Hierbei kann zwischen unterschiedlichen Ausprägungen mittels eines sog. Maturity-Modells differenziert werden, um eine Standortbestimmung als Grundlage für gezielte Verbesserungsmaßnahmen durchführen zu können.

Ein weiterer wichtiger Faktor für eine adäquate Vorstandseinbindung ist die Rolle des CIO. Technologische Zusammenhänge müssen in Vorstandsdiskussionen in eine geschäftsbezogene Terminologie übersetzt werden, um Verständlichkeit und Notwendigkeit IT-spezifischer Themen zu gewährleisten beziehungsweise zu verdeutlichen. Der CIO muss hier klassischerweise als Schnittstelle zwischen dem Geschäft und den Systemen/ Prozessen, die es ermöglichen, fungieren. Inhaltlich sind vor allem die Bereiche Alignment, Value und Risk wichtig, die auf Vorstands-Level diskutiert werden sollten. Sie stehen mit unterschiedlichen Fragestellungen und Best Practices in Verbindung (siehe Grafik).

Ein weiterer wichtiger Faktor für eine adäquate Vorstandseinbindung ist die Rolle des CIO. Technologische Zusammenhänge müssen in Vorstandsdiskussionen in eine geschäftsbezogene Terminologie übersetzt werden, um Verständlichkeit und Notwendigkeit IT-spezifischer Themen zu gewährleisten bzw. zu verdeutlichen. Der CIO muss hier klassischerweise als Schnittstelle zwischen dem Geschäft und den Systemen/ Prozessen, die es ermöglichen, fungieren. Inhaltlich sind vor allem die Bereiche Alignment, Value und Risk wichtig, die auf Vorstands-Level diskutiert werden sollten. Sie stehen mit unterschiedlichen Fragestellungen und Best Practices in Verbindung.

Kernfragen/ -aspekte und relevante Best Practices für IT-bezogene Vorstandsdiskussionen.

Trotz der zunehmenden Bedeutung der IT für das Geschäft finden IT-Themen bei Unternehmensvorständen meist wenig Gehöhr. Nichtsdestotrotz ist eine stärkere Einbindung des Vorstands in IT-strategische Fragestellungen unabdingabdingbare Voraussetzung für den zukünftigen Unternehmenserfolg. Die Intensivierung der Vorstandsinvolvierung muss dafür gezielt geplant und durchgeführt werden. Hierbei sollten sowohl organisatorische und inhaltliche Aspekte als auch die integrative Rolle des CIO in Betracht gezogen werden.

Peter Ratzer ist Berater für IT-Strategie bei Deloitte.