Die Trends bis 2011

IT-Service-Markt im Umbruch

15.09.2006 von Thomas Zeller
"Das Offshore-Outsourcing befindet sich zurzeit noch in einem absoluten Hype-Zyklus." Zu diesem Ergebnis kommt Leslie Willcocks, Professor für Technology Work and Globalization an der London School of Economics, bei der Vorstellung eines neuen Whitepapers der Information Systems Group. Unterstützung erhält er von Xavier Rodriguez Martin, CTO bei der Telefongesellschaft ONI. "Wir entscheiden uns bewusst für Homeshoring, weil das Management unserer Dienstleister umso schwieriger wird, je weiter diese entfernt sind."

Etwas besser sieht es beim Business Process Outsourcing (BPO) aus. Dieses Segment hat noch einen "early adopter"-Status. "Das heißt, die Unternehmen sammeln im Augenblick Erfahrungen und sind primär auf die Kostenseite fokussiert", meint Willcocks. Anders beim IT-Outsourcing: "In diesem reifen Markt profitieren die Unternehmen von einer Vielzahl von Erfahrungen. Sie können sich auf Qualität und die Wertgenerierung der Dienstleistung konzentrieren."

Egal für welche Form des Sourcings sich die Unternehmen entscheiden, die Erwartungen an ihre Dienstleister sind immer dieselben. Vorteile versprechen sie sich vor allem durch:

Bei der Auswahl neuer Outsourcing-Dienstleister sollten sich Firmen allerdings nicht nur auf den Kostenaspekt konzentrieren. "Vielen Unternehmen kommen ihre Verträge am Ende teurer zu stehen, als ursprünglich mit dem Dienstleister vereinbart", so Willcocks. Die Kostenvorteile würden durch den höheren Management-Aufwand bei unerwarteten Problemen aufgefressen. Dieser Effekt trat immerhin bei 20 Prozent der untersuchten Verträge auf.

Insgesamt steht der IT-Services-Markt vor deutlichen Veränderungen. Bis 2011 erwartet Willcocks folgende Entwicklungen:

1. Der Wettbewerbsdruck auf die großen Dienstleister steigt weiter. Darauf reagieren sie mit Kostensenkungen, dem Ausbau ihres Service-Angebots und der Erweiterung ihres Kundenbestandes.

2. IT-Outsourcing-Anbieter werden ihre Services auf den BPO-Bereich ausweiten. Es locken Wachstumsraten von mehr als zehn Prozent jährlich.

3. Globale IT-Service-Unternehmen werden sich an die Geschäftsmodelle indischer Anbieter angleichen. Dadurch verringern sich die Kostenvorteile der Anbieter auf dem Subkontinent. Daraufhin werden diese Unternehmen die Geschäftsmodelle der "global player" im IT-Dienstleistungsbereich kopieren.

4. Die globalen Anbieter werden die Zahl ihrer Niederlassungen in Niedriglohnländern deutlich erhöhen. Nur dadurch bleiben sie konkurrenzfähig. Wenn die Löhne in Indien weiter steigen, weichen diese Firma auf Standorte in China, Osteuropa oder Südamerika aus.

5. Die großen indischen IT-Service-Anbieter werden ihre Gewinne in die Entwicklung hochwertigerer Dienstleistungen investieren. Zudem erweitern sie ihre Kundenbasis über den nordamerikanischen Raum hinaus.

6. Der Nearshore-Markt wird weiterhin deutlich wachsen. Kunden wählen Nearshorer, um ihre Service-Angebote zu optimieren und Offshorer, um ihre Kosten zu reduzieren. Die Anwender werden in den nächsten Jahren eine bessere Balance zwischen beiden Angeboten suchen. Davon profitieren vor allem die Regionen Osteuropa und Nordafrika.

7. Allianzen zwischen den Anbietern entwickeln sich zum Standard. Dienstleister, die mit anderen Anbietern zusammenarbeiten, gewinnen Wettbewerbsvorteile.

8. Globale Anbieter entdecken den Mittelstand. Kleinere Dienstleister, die dieses Segment bedienen, stehen deshalb auf der Einkaufsliste.

9. Kunden setzen immer stärker auf Multi-Sourcing. Dadurch fällt das Volumen der Outsourcing-Verträge.

10. Kosten lassen sich nicht nur durch Standortverlagerungen reduzieren. Die Anbieter entdecken andere Faktoren. Services werden künftig kundenorientiert angeboten, während sie auf Basis von standardisierten Plattformen erbracht werden.

11. Die zweite Generation der Outsourcing-Verträge wird wettbewerbsorientierter. Persönliche Kontakte verlieren bei der Ausschreibung an Bedeutung.

Für die Analyse "The Outsourcing Enterprise" wurden 500 Fallstudien aus den USA, Europa und Australien untersucht. Interviews mit 1.400 IT-Entscheidern ergänzen das Material. Die Analyse wurde von der "Information Systems Group" im Auftrag von Logica CMG durchgeführt.