Weniger ist mehr

IT-Standardisierung senkt Kosten im gesamten Unternehmen

25.07.2005 von Ingo Butters
Firmen, die ihre IT-Landschaft konsequent vereinfachen, sparen nicht nur bei der IT. Einer Benchmark-Studie der Beratungsfirma Hackett-Group zufolge, sinken in der Folge auch die Kosten für Back-Office-Bereiche wie Personalverwaltung (Human Resources) oder Finanzen spürbar. Allerdings müssen CIOs ihre Standardisierungsbemühungen häufig gegen die Fachabteilungen verteidigen, die nach wie vor Sonderwünsche an die IT umgesetzt sehen wollen.

Die Untersuchung zeigt eine eindeutige Korrelation: Unternehmen, die konsequent auf Standardisierung und Vereinfachung ihrer IT setzen, sparen Geld. Die Effekte sind zum einen direkt bei der IT messbar: Firmen, die ihre IT am stärksten konsolidiert haben, realisieren um rund 18 Prozent niedrigere IT-Budgets und kommen hier mit 36 Prozent weniger Personal aus. Außerdem können sie IT-Projekte zu 25 Prozent öfter termingerecht und günstiger als geplant abschließen.

Zum anderen sind auch die Kosten für Back-Office-Bereiche in Unternehmen mit geringerer IT-Komplexität deutlich niedriger als bei Firmen, die in dieser Richtung kaum Anstrengungen unternehmen: Die Ausgaben für die Finanzabteilung liegen ein Drittel unter dem Durchschnitt, jene für die Personalverwaltung (Human Resources) immerhin 18 Prozent. Firmen, die im Bereich Finanzen mit weniger als zehn Anwendungen auskommen, können pro Umsatzmilliarde drei Millionen US-Dollar für den Finanzenbereich sparen. Für die Personalverwaltung ergibt sich eine Einsparung von 3,6 Millionen Dollar pro 10.000 Angestellte im Vergleich zu Firmen, die hier mit mehr als zehn Anwendungen arbeiten.

Die Spitzenfirmen, sie haben die Reduzierung der IT-Komplexität am stärksten voran getrieben, beschränken sich bei der Standardisierung nicht nur auf einen Bereich: Im Vergleich zum Durchschnittsunternehmen arbeiten sie mit 67 Prozent weniger Datenbanken und Software-Anbietern, sowie 43 Prozent weniger Hardware-Anbietern. Sie setzen häufiger auf Datenstandards und haben die Zahl der verwendeten Programmiersprachen im Vergleich zum Durchschnitt um 80 Prozent pro 1.000 Tausend Nutzer gesenkt.

Um diese Ziele zu erreichen, haben diese Betriebe den Prozess der Anwendungsentwicklung neu definiert. Bisher untersuchen viele Firmen erst, welche individuellen – und meist einzigartigen - Anforderungen der Geschäftsprozesse erfüllt werden müssen. Nach dieser Maßgabe werden dann Anwendungen selbst entwickelt beziehungsweise zugekaufte Lösungen auf den Prozess hin maßgeschneidert.

Anwendungsentwicklung keine Einbahnstrasse

Spitzenfirmen dagegen betrachten die Anwendungsentwicklung nicht mehr als Einbahnstrasse. Sie suchen stattdessen nach einer Lösung, die die Geschäftsprozesse möglichst gut abbildet, überbrücken den "letzten Meter" aber dann durch eine Neujustierung der Prozesse, um Deckungsgleichheit zu erlangen. Eigenentwicklungen oder eine Individualisierung der Software nehmen die Firmen nur noch in Angriff, wenn dieser Schritt durch einen soliden Business Case gerechtfertigt ist.

Die Berater räumen allerdings ein, dass Standardisierungsbestrebungen der CIOs nicht nur auf Gegenliebe stoßen. "Das ist ein hartes Geschäft", sagt David Hebert, Leiter der Abteilung IT-Practice bei Hackett. "Die CIOs müssen sich permanent mit Führungskräften aus den Fachabteilungen auseinander setzen, die überzeugt sind, dass ihre Geschäftseinheit ganz spezifische und einzigartige Anforderungen hat. Sie widersetzen sich den Standardsisierungsbemühungen, weil sie fürchten, ihren Wettbewerbsvorteil zu verlieren." CIOs müssten deshalb zum einen den Mehrwert von Standardisierung und Vereinfachung im Unternehmen kommunizieren. Zum anderen müssen sie aber auch auf Fälle vorbereitet sein, in denen durch einen validen Business Case die Notwendigkeit einer IT-Individualisierung belegt ist.

ERP-Upgrade um 50 Prozent günstiger

In der Studie stellt Hackett auch den Fall eines weltweit agierenden Automobilherstellers vor. Im Zuge der Jahr 2000-Umstellung hatte das Unternehmen seine gesamte ERP-Landschaft konsequent auf die Bedürfnisse der einzelnen Geschäftsprozesse hin ausgerichtet. Der Grad an Individuallösungen schnellte auf 24 Prozent hoch. In der Folge stiegen die Ausgaben für den laufenden IT-Betrieb immens.

Im Rahmen eines ERP-Updates versuchte die Firma nun gegenzusteuern. Die gesamte ERP-Landschaft wurde einer dreistufigen Überprüfung unterzogen. Berücksichtigt wurden dabei sowohl die Kosten für die Individualisierung einer Anwendung, als auch für die Neu-Justierung von Geschäftsprozessen. Jede Geschäftseinheit musste dann belegen, ob sich die Individualisierung einer ERP-Anwendung rechnet oder ob umgekehrt nicht Prozesse neu ausgerichtet werden sollten. Am Ende des Projekts war der Anteil individualisierter Anwendungen auf drei Prozent gesunken, das ERP-Upgrade konnte zu 50 Prozent geringeren Kosten als geplant realisiert werden.

Für die Studie hat die Hackett Group die Daten von 3.300 Benchmarks ausgewertet. Sie umfassen rund 2.000 der weltweit größten Unternehmen und bilden beispielsweise rund 93 Prozent der im Dow Jones-Index gelisteten Industriewerte ab.