IT Service Management

ITIL zu wenig verankert

27.04.2010 von Thomas Pelkmann
Unternehmen haben ITIL-Prozesse mit der operativen Ebene kaum verbunden, wodurch sie Nutzenpotenziale liegen lassen. Noch immer wird zu oft nach dem Hey-Joe-Prinzip gearbeitet.

Das Kerpener Beratungsunternehmen Exagon fragt regelmäßig Anwender nach der Bedeutung von Service Management (ITSM). Das Ergebnis: Die Bedeutung steigt kontinuierlich – sowohl für die Einordnung von ITSM in die strategischen Planungen der Unternehmen als auch hinsichtlich der Standardisierungsabsichten in diesem Gebiet.

In einer neuen Erhebung hat Exagon nun festgestellt, dass ungeachtet der Diskussionen um die strategische Bedeutung des Service Managements die „eigentlichen Potenziale“ zur Leistungssteigerung „vielfach in den Details“ liegen. Das zumindest sagen 57 Prozent der von den Consultants befragten 300 Unternehmen, die „den bedarfsgerechteren Weg zur Optimierung des IT Service Managements in der Beseitigung operativer Unzulänglichkeiten sehen“.

Strategische Faktoren bewerten die Befragten dagegen eher nachgeordnet: 36 Prozent glauben, dass sich Leistungssteigerungen nur durch eine Veränderung der grundsätzlichen Strukturen im IT Service Management erzielen lassen. Eine Minderheit von sieben Prozent hält Priorisierung grundsätzlich nicht für sinnvoll, sondern ist überzeugt, dass man beides gleichzeitig angehen müsse.

In der Studie hat Exagon auch hinterfragt, was schwieriger zu bewerkstelligen ist: strukturelle Veränderungen oder operative Verbesserungen. Gut ein Drittel der ITSM-Verantwortlichen aus den Unternehmen sieht die größeren Schwierigkeiten bei der Umsetzung grundsätzlicher strategischer Ziele. Wesentlich mehr Befragte (57 Prozent) bewerten dagegen die Beseitigung operativer Detailprobleme als anspruchsvollere Anforderung. Etwa jeder fünfte Befragte sieht in beiden Bereichen ähnlichen Schwierigkeiten.

„Lange Zeit ist nur über die großen strategisch-taktischen Themen diskutiert worden, ohne dabei ausreichend zu beachten, wie sie in die ganz praktischen Bedingungen der Unternehmen transferiert werden können“, kommentiert Exagon-Geschäftsführer Joachim Fremmer die Umfrage. „Dabei sind die meist sehr komplexen ITSM-Strukturen ein breiter Nährboden für eine Vielzahl operativer und häufig überlappender Probleme“, so Fremmer.

Viele Nutzenpotenziale liegen brach

Der Exagon-Geschäftsführer hat in seiner eigenen Beratungspraxis festgestellt, dass es die ITSM-Verantwortlichen oft nicht ausreichend geschafft haben, das Regelwerk ITIL auf der operativen Ebene zu verankern. „Dadurch liegen erhebliche Nutzenpotenziale brach.

Aufgrund fehlender Regeln, hat Fremmer in der Praxis beobachtet, würden Maßnahmen „immer noch in beträchtlichem Umfang nach dem sogenannten Hey-Joe-Prinzip vorgenommen“. Dabei gestalten Mitarbeiter aufgrund unklarer, unverständlicher oder nur als Konzept vorliegenden Prozessvorgaben die ihren Tätigkeitsbereich betreffenden Abläufe nach individuellem Geschmack. „Eigentlich sollte diese Zeit vorbei sein. Aber weil die Prozessorientierung an sehr vielen Stellen zu wenig mit der operativen Ebene verankert worden ist, treten vielfältige Probleme mit teilweise enormer Reichweite zutage“, resümiert der exagon-Geschäftsführer.

Trotz dieser Einschränkungen hat den Analysten von PAC zufolge das IT Service Management auch in Krisenzeiten nichts von seiner Relevanz für Anwender verloren. Nach wie vor gelte es, so PAC-Analystin Melanie Mack in einer Kolumne für CIO.de, die Komplexität der IT zu bewältigen. „Da die IT-Budgets zunehmend unter Druck stehen, wird es für CIOs und IT-Leiter immer wichtiger, den IT-Betrieb effizient zu gestalten“.

Mack nennt auch die Vorteile dieses Konzepts für das Business: ein reibungsloserer Ablauf der IT-Services durch effiziente und transparente Prozesse und im Ergebnis eine Reduktion der Total Cost of Ownership. IT-seitig verspreche das Konzept niedrigere Kosten für IT-Administration, höhere Flexibilität der Infrastruktur, umfassendes Monitoring der SLAs, Service-Automatisierung und ein geringeres Maß menschlicher Fehler.