Secondhand-Server

Jahres-Hardware gefragt

02.12.2002 von Marita Vogel
Immer schneller, immer teurer: Neue Server belasten den Etat stark. IT-Chefs, die auf ein paar Megahertz Prozessorleistung verzichten und sich stattdessen für gebrauchte Server entscheiden, können bis zu 70 Prozent sparen.

Für Jacques Nouguier war die Rechnung einfach: "Für den Kauf eines neuen Servers hätten wir fast das Doppelte bezahlen müssen", sagt der Prokurist der Dambach Werke. Der Kieler Hersteller von Verkehrsleitsystemen benötigte den Server für den Plattformwechsel von Macintosh auf PC. Da der möglichst kostengünstig über die Bühne gehen sollte, entschied sich Nouguier für den Kauf gebrauchter Server und PCs.

Die Secondhand-Hardware ließ sich der Prokurist von IMN Nord liefern, einem Zehn-Mann-Unternehmen aus Neumünster. "Viele haben einfach keine Lust mehr, den teuren, schnelleren Kram zu bezahlen", erklärt Geschäftsführer Thomas Ruge die Entscheidung seiner meist mittelständischen Kunden. Dass aber auch Kostenargumente eine Rolle spielen, zeigt sich am Umsatz: Der stieg im vergangenen Jahr um zehn Prozent auf 1,6 Millionen Euro. "Je schlechter die wirtschaftliche Lage, desto besser für uns", stellt Ruge fest.

Kein Wunder also, dass gerade in dieser Zeit immer mehr IT-Chefs nach einer kostengünstigen Ausstattung suchen - vom Server über den PC bis zum Drucker. Secondhand-Verkäufer versprechen Einsparpotenziale von 40 bis 70 Prozent: Bei IMN Nord werden Server, die etwa drei Monate alt sind, 40 Prozent unter dem Listen-Neupreis verkauft; Geräte, die zwei Jahre im Einsatz waren, bringen 70 Prozent Ersparnis. Lieferanten sind Leasing-Gesellschaften oder Endkunden; viele der Geräte stammen auch aus Insolvenzen.

Seit einiger Zeit ist Ruge auch als Broker aktiv, der im Kundenauftrag weltweit bestimmte Ausstattungen sucht. Das günstigste Angebot werde dann weitergegeben: "Aufkaufen, aufarbeiten, verkaufen - ganz simpel", beschreibt Ruge den Ablauf. Einige der Broker-Kunden säßen in Australien und Kuala Lumpur, die Verkäufer stammten aus Frankreich oder Österreich.

Imageprobleme mit Secondhand-Servern

Einfach ist der Handel mit den Gebrauchten nicht: "Das Image der Server ist nicht gut; viele Interessenten müssen deshalb regelrecht Hemmschwellen überwinden", hat Ruge festgestellt. Einigen sei es unangenehm, wenn ihr Name und ihre Sparpolitik im Zusammenhang mit Gebrauchtwaren genannt würden. Umso wichtiger ist es für Ruge, dass die Geräte vor der Auslieferung ausgiebig gecheckt werden. Anschließend würden sie - je nach Alter - entweder mit der Herstellergarantie weiterverkauft oder mit der IMN-Gewährleistung, deren Frist zwischen 30 Tagen und sechs Monaten liegt.

Eine ähnliche Garantie bietet auch Livingston, nach eigenen Angaben führend auf dem deutschen Markt für Gebraucht-Server: Drei Monate Gewährleistung sichert der Darmstädter Hardware-Vermieter seinen Kunden zu, wenn die Werksgarantie bereits abgelaufen sein sollte.

Die von Livingston verkaufte Hardware stammte in den meisten Fällen aus ausgelaufenen Leasing- oder Mietverträgen; die Geräte seien ursprünglich direkt beim Hersteller gekauft worden, so European Sales Director Dirk Faupel. "Deshalb sind die Server eigentlich aus erster Hand: Wir haben sie gekauft und verkaufen sie jetzt auch weiter. Es gibt die volle Garantie und den Support dazu", versucht er die üblichen Bedenken gegenüber Secondhand-Technik zu zerstreuen. Am häufigsten würden Sun-Systeme den Besitzer wechseln, aber auch IBMs AS/400 seien stark gefragt. "Bis zu 50 Prozent des Neupreises können hier eingespart werden", verspricht Faupel.

Anders als IMN Nord hält sich bei Livingston der Umsatzzuwachs allerdings in Grenzen: Für dieses Jahr rechnet Faupel mit einem stagnierenden Geschäftsvolumen von 75 Millionen Euro. In diesem Betrag sind allerdings auch Vermietungserträge enthalten. "Die Anfragen nach gebrauchten Servern sind bei uns weniger geworden. Das liegt daran, dass durch die vielen Insolvenzen verstärkt Ware frei auf dem Markt erhältlich ist." Und in diesem Bereich spielt Livingston nicht mit.

Doch auch andere Gründe fallen ins Gewicht: Hersteller wie Hewlett-Packard (HP) oder Sun verkaufen ihre gebrauchten Produkte selbst weiter. So läuft bei Hewlett-Packard seit Frühjahr das Renew-Programm, das generalüberholte Geräte mit Gewährleistung sowohl direkt als auch über HP-Händler auf den Markt bringt. 80 Prozent davon seien jünger als ein Jahr und hätten vor dem Verkauf "kompromisslose Tests" durchlaufen, heißt es bei HP. Auch Marktführer und Livingston-Lieferant Sun Microsystems ist auf diesem Geschäftsfeld schon länger aktiv und verzeichnet "seit 18 Monaten wahnsinnige Zuwächse in der Nachfrage - besonders bei Servern", sagt Sales-Managerin Nora Krümpelmann. Die Entwicklung habe ihren Höhepunkt noch nicht einmal erreicht, glaubt sie. Die Ursache liege vor allem in den gesunkenen Budgets: "Viele Firmen können sich Neugeräte nicht mehr leisten."

Wollen sie vielleicht auch gar nicht: "Es gibt keinen Grund, sich den hohen Neupreisen zu unterwerfen. Die gebrauchten Geräte haben meist Restgarantie, sind manchmal aus Überproduktionen sogar noch originalverpackt - und ich habe viel Geld gespart", so Nouguier.

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