Microsoft-Personalchefin Elke Frank über Home Office

"Jeder soll entscheiden, wann und wo er arbeitet"

23.01.2014 von Christiane Pütter
Selbst Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und Familienministerin Manuela Schwesig wollen künftig mehr von zu Hause aus arbeiten. Mit solchen Vorbildern verweist Elke Frank von Microsoft auf die eigene Strategie. Die Personalchefin verspricht: Jeder kann ins Home Office - muss aber nicht.
Dr. Elke Frank verantwortet in der Geschäftsleitung von Microsoft Deutschland als Senior Director Human Resources das Personal-Ressort.
Foto: Microsoft

Das Home Office gilt nicht mehr als Königsweg. Zwar loben seine Befürworter nach wie vor das Plus an Flexibilität und Produktivität. Doch in einer Umfrage des Büro-Ausstatters Regus im Oktober vorigen Jahres erklärte mehr als jeder Zweite (55 Prozent), die Chefs wüssten nicht, was ihre Mitarbeiter zu Hause täten.

Zuletzt geriet Microsoft Deutschland in die Diskussion. Der Konzern habe die Belegschaft beim Thema Home Office überrannt, hieß es. Elke Frank verantwortet in der Geschäftsleitung von Microsoft Deutschland als Senior Director Human Resources das Personal-Ressort. Sie hält im Gespräch mit cio.de an der Idee des Home Office fest.

Frau Frank, es wurde viel über die positiven Möglichkeiten vom Home Office gesprochen. Kippt die Stimmung derzeit ins Negative?

Elke Frank: Diese Einschätzung teile ich nicht. Im Gegenteil: In immer mehr Unternehmen spielt das Home Office bereits heute eine wichtige Rolle, viele wollen flexible Arbeitsmodelle in Zukunft noch weiter ausbauen. Das geht zum Beispiel auch aus der Flexindex-Erhebung des ifo-Instituts hervor. Dieser Trend wird sich noch viel mehr verstärken. Das verwundert auch nicht, denn flexible Arbeitsformen sind für Unternehmen eine wirtschaftliche Notwendigkeit, um neue Talente zu gewinnen, die Zufriedenheit der Mitarbeiter zu erhöhen, die Produktivität im Unternehmen zu steigern und neue Innovationen zu ermöglichen.

Woran machen Sie die Verstärkung dieses Trends fest?

Frank: Auch die Politik fängt an, das Thema stärker zu unterstützen: Arbeitsministerin Andrea Nahles fordert ein Ende des Anwesenheitswahns in Unternehmen, Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und Familienministerin Manuela Schwesig wollen ihre Ressorts künftig auch aus dem Home Office leiten. Bei Microsoft sehen wir das genauso: Jeder Mitarbeiter soll und muss für sich selbst entscheiden, wann und wo er arbeiten möchte.

Zehn Tabus im Home Office
Wenn aus dem heimischen Büro Tele- oder Videokonferenzen geführt werden, wird der Arbeitsplatz zum öffentlichen Raum. Dementsprechend ist auch am heimischen Schreibtisch alles tabu, was unprofessionell wirken könnte.
1. Kinderlärm...
stört nicht nur die Gesprächsteilnehmer, sondern signalisiert ihnen auch, dass der Heimarbeiter ihnen nicht seine volle Aufmerksamkeit widmet. Bei fest terminierten Telekonferenzen sollten die Kinder außer Hörweite sein.
2. Hundegebell oder Geräusche von anderen Haustieren..
schaden dem professionellen Image.
3. Essen während eines Meetings vermeiden!
Bei Telefonen mit Stummschaltung erscheint dieser Ratschlag überflüssig, aber was, wenn der Teilnehmer mitten in einem herzhaften Bissen direkt angesprochen wird?
4. Keine Hausarbeit...
während des Gesprächs erledigen – vielleicht stört die Waschmaschine im Hintergrund nicht mehr als der Fluglärm aus dem Handy des Kunden, aber der Image-Schaden ist unvergleichlich höher!
Fernseher, Radio oder sonstige Geräusche...
im Hintergrund lenken ab und wirken unprofessionell.
Ein leerer Akku...
ist immer ärgerlich für alle Beteiligten. Im Büro ist er obendrein peinlich.
Die private Ansage auf dem Anrufbeantworter...
„Hier ist die Familie …“ ruft immer Verwirrung hervor. Deshalb sollte das Bürotelefon auch nicht kurzfristig auf den Privatanschluss weitergeleitet werden.
Nicht im Schlafanzug ...
oder in der Badehose arbeiten. Ordentliche Kleidung fördert die Konzentration.

Wie sieht Ihre Strategie für das neue Jahr aus? Welchen Stellenwert hat die Verlagerung von Mitarbeitern weg vom Büro ins Home Office und wie wollen Sie vorgehen?

Frank: Unsere Strategie lässt sich in drei Worten zusammenfassen: Menschen, Orte, Technologien. Bei Microsoft ist der Arbeitsplatz dort, wo sich der Mitarbeiter gerade aufhält - nicht nur im Büro oder im Home Office, sondern auch beim Kunden, am Flughafen oder in der Bahn. Das erleichtert unseren Mitarbeitern nicht nur die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, sondern ermöglicht vor allem eine individuellere Arbeitsgestaltung. Unsere Aufgabe als IT-Unternehmen ist es, Technologien zu entwickeln und bereitzustellen, die zeit- und ortsunabhängiges Arbeiten ermöglichen.

Jedem Mitarbeiter wird auch ein Arbeitsplatz in der Niederlassung angeboten

Wie regeln Sie die Arbeit von daheim aus konkret - wer bezahlt den Mitarbeitern Rechner, Drucker, Papier, Telefonkosten? Was ist mit Kollegen, die in den eigenen vier Wänden schlicht keinen Platz zum Arbeiten haben?

Frank: Unsere Mitarbeiter benötigen für die Arbeit außerhalb des Büros nichts weiter als ihren Firmenlaptop und einen Internetzugang. Dokumente sind über Cloud Services von überall aus abrufbar und können über Bürogrenzen hinweg gemeinsam bearbeitet werden. Die direkte Kommunikation, auch die Telefonie, zwischen den Kollegen findet über Anwendungen wie Lync und Skype statt. Die Arbeitsplatzumgebung sollte natürlich ein konzentriertes Arbeiten ermöglichen. Wenn dies zum Beispiel zu Hause nicht möglich ist, bieten wir jedem Mitarbeiter auch Arbeitsplätze in unseren Niederlassungen an.

Welche Auswirkungen auf Arbeitsklima und Karrieremöglichkeiten beobachten Sie beim Home Office? Einige unternehmensunabhängige Studien haben Ängste von Mitarbeitern aufgezeigt nach dem Motto "der Chef sieht gar nicht, was ich tue" und "ohne den Flurfunk kriege ich doch gar nicht mit, wie die Stimmung bei uns ist". Andere wiederum genießen die Freiheit, weil ihnen "endlich keiner mehr über die Schulter guckt" und fühlen sich sogar produktiver.

Frank: Klar ist, flexible Arbeitsmodelle funktionieren nicht ohne die entsprechende Arbeitskultur und gewisse Regeln. Um flexibles Arbeiten erfolgreich zu machen, braucht es eindeutige Regeln und Absprachen: Mitarbeiter müssen ihre Bedürfnisse klar kommunizieren, Führungskräfte ihre Erwartungen deutlich formulieren, klare Zielvereinbarungen zwischen beiden sind notwendig. Ein enger und regelmäßiger Austausch im Team, auch mit Präsenzmeetings, ist essentiell.

Wie lautet Ihr bisheriges Zwischenfazit?

Frank: Im Ergebnis führt flexibles Arbeiten bei uns zu einem Anstieg der Produktivität und Zufriedenheit der Mitarbeiter. Das zeigt zum wiederholten Male auch die jährliche Mitarbeiterbefragung, wie auch die in den letzten Jahren immer vorderen Platzierungen von Microsoft zum Beispiel beim Great Place to Work Award.

Konzept in Arbeit

In der Münchner Parkstadt Schwabing, wo die neue Microsoft Niederlassung entstehen soll, heißt es, Sie richteten weniger Arbeitsplätze ein, als Sie Mitarbeiter haben werden. Stimmt das?

Frank: Derzeit arbeiten wir an einem Arbeitsplatzkonzept, das auch die Anzahl traditioneller Arbeitsplätze wie Einzelbüros, aber auch neue offene Strukturen mit flexiblen Arbeitsplatzmöglichkeiten beinhaltet. Die Raumaufteilung wird noch besser auf neue Formen der Zusammenarbeit und auf die Begegnung mit Kollegen, Kunden, Partnern und anderen Gästen ausgerichtet sein.