IT versus Fachabteilungen

Kein Grund zur Resignation für CIOs

19.08.2011 von Werner Kurzlechner
Cloud und Social Media machen das Business scheinbar unabhängiger von der IT. Forrester sieht darin allerdings Chancen für IT-Manager, ihre Rolle zu stärken.
Vier Entwicklungsstadien unterscheidet Forrester: auf der y-Achse der Einfluss der IT, auf der x-Achse jener der Business-Seite.
Foto: Forrester Research

Mitarbeiter und Kunden kommen – scheinbar jedenfalls – auch ohne IT-Hilfe zurecht und zueinander. Dank Social-, Mobile-, Cloud- und Video-Technologien können sie in wachsendem Ausmaß an der IT-Abteilung vorbei agieren und interagieren. Ein Phänomen, das die Analysten von Forrester Researchschon vor geraumer Zeit „Empowerment“ tauften. Der Haken aus CIO-Sicht: Ermächtigt werden auf den ersten Blick alle außer der eigenen Abteilung. Einige IT-Chefs hätten angesichts dieser Entwicklung schnell eine Abwehr- und Verteidigungshaltung eingenommen, schreibt Forrester in einer neuen Studie. Andere hätten gleich die ganze Kontrolle an Business-Manager und Service-Provider abgegeben.

Verfrühte Resignation, meinen die Analysten: „Forrester geht davon aus, dass CIOs dank dieser Veränderungen eine einzigartige Chance zum Terraingewinn haben“, heißt es in der Studie. Die Gelegenheit sei günstig, die IT-Abteilung zu einem einflussreichen und kritischen Business-Partner zu entwickeln. Die Reise dahin sei für viele CIOs beschwerlich. Aber immerhin gehen die Analysten davon aus, den Weg zu kennen und ihn weisen zu können.

Zunächst einmal vergewissern sich die Analysten über den Ausgangspunkt der Reise. Fast ein Viertel der Beschäftigten gibt mittlerweile zu, ohne Konsultation der IT-Abteilung Web-Services zur Erledigung der Arbeit zu nutzen. Der Anteil wird nach Forrester-Einschätzung weiter in die Höhe schnellen, weil immer mehr Vertreter der mit dem Internet aufgewachsenen Generation in die Unternehmen kommen. Gleichzeitig betrachten inzwischen vier Fünftel der Business-Entscheider Technologie als wesentliches Element des Geschäftsmodells. Allerdings sehen viele von ihnen die eigene IT-Abteilung bei der Nutzung aller Möglichkeiten eher als Bremse denn als Gaspedal.

Die IT entwickelt sich zur Business Technology

Es besteht also dringender Veränderungsbedarf. Diese Diagnose aus dem Mund von Forrester Research wird Insider nicht überraschen. Die Analysten verweisen selbst darauf, seit Jahren die Entwicklung der IT zur BT (Business Technology) zu prophezeien. Die offene Frage lautet, wie die Neudefinition von Betrieb, Support und IT-Services dieRolle der IT-Abteilung verändert. Forrester äußert sich optimistisch, dass diese gestärkt werden kann.

Die Analysten unterteilen die Reiseroute in vier Abschnitte – vier Stadien der Entwicklung also.

1. Detached IT: Rückständig erscheint eine „Detached IT“, die lediglich für eine reibungslose Steuerung von Hardware und Software sorgt und keinerlei strategische Rolle spielt. Laut Forrester befindet sich derzeit nur noch ein Zehntel der Unternehmen in diesem Stadium, in dem die IT kaum Einfluss aufs Unternehmen hat und das Business alles andere als „empowered“ ist.

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2. Aligned IT: In der „Aligned IT“ trifft nach wie vor der CIO die IT-Entscheidungen alleine, allerdings in bewusstem Einklang mit den geschäftlichen Zielen und Erwartungen. Derzeit der am weitesten verbreitete Standard: In zwei Drittel der Firmen greift laut Studie dieses Modell, dass im Vergleich zur Detached IT etwas mehr Einfluss beim Business, vor allem aber bei der IT mit sich bringt.

3. Embedded BT: Die Horrorvorstellung für jeden ambitionierten CIO ist die „Embedded BT“, die Forrester aktuell in 15 Prozent der Firmen beobachtet. Das Business ist hier Treiber und Entscheider über IT-Lösungen, die nach den Geschwindigkeits- und Agilitätsbedürfnissen der Anwender ausgewählt werden. Gerne auch „Off-the-Shelf“ in Selbstbedienungsmanier. Die IT-Abteilung sieht hier kaum noch Land, ihr Einfluss ist denkbar gering.

4. Empowered BT: Die ideale Symbiose zwischen Business und IT ist demgegenüber die "Empowered BT". Der CIO rüstet hier proaktiv die Anwender mit dem benötigten Instrumentarium aus und stimuliert Innovationen. Er operiert sozusagen am Herzen der Unternehmensstrategie und nicht an der Oberfläche. Etwa ein Zehntel der Firmen hat dieses Stadium nach Forrester-Schätzung bislang erreicht.

Um dorthin zu gelangen empfiehlt Forrester drei Dinge:

1. Bei der Governance auf BT-Synchronisierung achten: Im Zustand einer „Empowered BT“ funktioniert eine traditionelle Governance alleine durch eine IT-Steuerungsgruppe laut Forrester nicht, weil die von den Anwendern benötigten Technologien nicht notwendigerweise in den bestehenden Rahmen technologischer Investitionen passen müssen. Reines Demand-Management versagt allerdings genauso, da bestehende IT-Kapazitäten allzu schnell unberücksichtigt bleiben. Es bedürfe einer gleichberechtigten Zusammenarbeit zwischen Business und IT, um für eine Gleichtaktung von Bedarf und Technologie zu sorgen. „Um das zu erreichen, richten sie Governance-Councils mit Business- und IT-Beteiligung ein“, empfiehlt Forrester.

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2. Gerade genug Regeln: Vorbei die Zeiten, in denen die IT den Anwendern die passenden Lösungen quasi vorschrieb. In der Welt der „Empowered BT“ setzt die IT-Abteilung stattdessen den Rahmen und die Regeln für die Beschaffung und Verwendung von IT im Unternehmen. Es gilt, zum geschäftlichen Wohle Wege zur Integration und zum Data Management aufzuzeigen und für Compliance zu sorgen.

3. Neue Kapazitäten aufbauen: Das Business erwartet von der IT Erleichterung und Unterstützung bei Governance, Vendor-Management und Innovation. Gefragt ist dabei nicht mehr so sehr Management und Implementierung von Technologie. Stattdessen muss die IT-Abteilung nach Ansicht Forresters lernen, als eine Art Trainer und Schiedsrichter in einem zu fungieren. Die selbst nach geeigneten Lösungen suchenden Anwender brauchen Anleitung und technologische Beratung – und jemanden, der im Notfall auch gelbe oder rote Karten zieht.

Die Studie „Empowered Business Technology Defined“ ist bei Forrester Research erhältlich.