Projektmanagement

Klare Projektplanung statt guter Vorsätze

09.02.2016
Erst große Pläne, dann großes Scheitern. Oder? Selbstverständlich können Projektverantwortliche die Erfolgschancen deutlich erhöhen, wenn sie in der Planung ein paar Regeln konsequent einhalten und die Bedeutung der Unternehmenskultur nicht unterschätzen.
Wer die fünf Phasen (Auswahl, Definition, Planung, Umsetzung, Abschluss) eines Projekts - und mag es auch noch so komplex sein - einhält, der erspart sich viel Ärger. Wichtig ist aber auch, sich nicht immer nur vom Kostenaspekt leiten zu lassen, sondern auch mal zu investieren und neue Projekt-Management-Ansätze zu wagen.
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Der Berliner Flughafen BER gilt als prominentes Beispiel für gescheitertes Projekt-Management, geradezu als Prototyp planerischen Misserfolgs. Anders lässt sich ein Projekt nicht beschreiben, dessen vorgesehene Kosten von 1,7 auf fast fünf Milliarden Euro gestiegen sind und dessen Fertigstellung, die ursprünglich für 2012 geplant war, erst einmal auf 2017 verschoben wurde.

BER ist kein Einzelfall. Laut dem Standish Report von 2012 halten lediglich 39 Prozent aller Projekte den Zeit- und Kostenrahmen ein, 43 Prozent überschreiten die festgeschriebenen Ziele für Zeit und Kosten deutlich, und 18 Prozent scheitern. Lassen sich solche Misserfolge überhaupt verhindern?

Wenn Manager nach einer klaren Methode vorgehen, lernen sie aus den Fehlern ähnlicher Projekte und nutzen diese Erkenntnisse für künftige Vorhaben. Gehen die Führungskräfte systematisch vor, verbessern sie auch die Koordination zwischen einzelnen Zuständigkeitsbereichen und die Kommunikation. Dies wiederum erleichtert den Abschluss und die Nachbereitung des Projekts.

Die größten Fehler beim Projektmanagement
Fehler und Konsequenzen
Fehler beim Projektmanagement können fatal sein. Das Vorhaben verzögert sich oder kostet deutlich mehr. Im schlimmsten Fall scheitert es ganz. Alexander Galdy hat die 14 häufigsten Fehler aufgelistet und schlägt Lösungen vor
1. Das falsche Personal
Der Fehler: Nicht die richtigen Leute für ein Projekt zu haben, kann das ganze Vorhaben sterben lassen. Alle Planungen sind nichts wert, wenn die Talente fehlen.
Die Lösung: IT- und Projektmanagement müssen einen kompletten Überblick über die Fähigkeiten und Belastungsgrenzen des Personals haben.
2. Keine erfahrenen Projektmanager
Der Fehler: Projekte können außer Kontrolle geraten, wenn ein erfahrener Projektmanager am Steuer fehlt.
Die Lösung: Es muss ein Projektmanager her, der über die richtigen Zertifizierungen und die Finesse verfügt, die Akteure zu steuern. Gute Projektmanager verstehen es, Meetings in die gewünschte Richtung zu lenken.
3. Keine Methode
Der Fehler: Keine Methode mit Standards zu haben erhöht das Risiko, dass das Projekt durch das Raster fällt. Dann kann es komplett überarbeitet werden müssen.
Die Lösung: Eine Methodik hilft, Projekte effizienter zu gestalten und informiert über alle Aktivitäten, die bei der Ausführung dazu gehören.
4. Zu viele Prozesse
Der Fehler: Zu viele Prozesse auf einmal machen das Projektteam unflexibel. Was dabei herauskommt ist Frust bei den Beteiligten.
Die Lösung: Flexibel sein und mit Auftraggebern und Projektbeteiligten kommunizieren.
5. Umfangsänderungen werden nicht berücksichtigt
Der Fehler: Das Budget für das Projekt explodiert. Zeitpläne sind nur Makulatur.
Die Lösung: Ein Dokument sollte die spezifischen Änderungen auflisten. Der Projektleiter muss dann ermitteln, wie sie sich auf das Budget und den Zeitplan auswirken. Zuletzt unterschreibt der Auftraggeber den Änderungsantrag.
6. Keine Ahnung über den Status quo
Der Fehler: Bei vielen IT-Projekten fehlen aktuelle Daten über den momentanen Status. Vor allem ist es schier unmöglich, Ressourcen zu koordinieren oder auf Veränderungen zu reagieren.
Die Lösung: Software einsetzen und sich stets über den aktuellen Stand der Dinge informieren.
7. Probleme ignorieren
Der Fehler: Probleme lösen sich leider nicht von selbst. Sie nehmen immer mehr zu, je länger man wartet. Die Folge sind steigende Kosten.
Die Lösung: Wenn mal etwas schief läuft, kommt es anschließend darauf an, wie schnell man es wieder in Ordnung bringt. Also nicht jammern, sondern handeln.
8. Umfang nicht klar definieren
Der Fehler: Wenn der Umfang eines Projekts nicht klar umrissen ist, kann es so aufgeblasen enden wie Elvis in seinen letzten Jahren.
Die Lösung: IT und Business sollten sich zunächst einmal Zeit nehmen und die Grenzen des Projekt strikt feststecken.
9. Zusammenhänge zwischen Projekt nicht sehen
Der Fehler: Projekte laufen niemals isoliert für sich allein. Sie hängen oft mit anderen zusammen. Die Folge: Auch andere Projekt können den Bach runtergehen.
Die Lösung: Zusammenhänge zwischen einzelnen Projekten sollten schon bei der Planung berücksichtigt werden. Dabei hilft es, sich mit allen zu besprechen.
10. Murphy's Law vergessen
Der Fehler: Probleme kann es immer geben. Dann folgt meist eine Zwangspause, während versucht wird, den Laden wieder auf Vordermann zu bringen.
Die Lösung: Zu einer guten Projektplanung gehört ein Risiko-Assessment. Dafür muss das ganze Team überlegen, was passieren könnte.
11. Kein Change Management
Der Fehler: All die Zeit, Geld und harte Arbeit, die man in neue Technologien steckt, bringen nichts, wenn die Anwender diese nicht annehmen.
Die Lösung: Bevor zum Beispiel neue Applikationen implementiert werden, sollte geschaut werden, wo es im Unternehmen Widerstand gibt, um die Leute anzusprechen.
12. Unvollständige Ablaufpläne
Der Fehler: Die Beteiligten wissen oft nicht, was wann zu erledigen ist.
Die Lösung: Zunächst sollten alle Schritte festgelegt werden, die für das Projekt notwendig sind. Als zweiter Schritt muss jedem Punkt eine Deadline gesetzt werden. Hilfreich dabei ist eine entsprechende Software.
13. Unrealistische Deadlines
Der Fehler: Die IT weist zu selten nicht einhaltbare Deadlines zurück, die vorgegeben werden. Dass das Projekt dann nicht just in time läuft, ist kein Wunder.
Die Lösung: Die IT muss erklären, was es kostet, bestimmte Termine einzuhalten. Dann gibt es die Wahl zwischen mehr Kosten oder mehr Zeit.
14. Fachchinesisch
Der Fehler: Die IT kommuniziert oft mit den Auftraggebern und anderen Beteiligten in einer Weise, die keiner außer ihr selbst versteht.
Die Lösung: Von Vorteil ist es, wenn man sich auf die Gegenseite einstellt. Niemand hat Lust, seitenweise Technikbegriffe lesen zu müssen.

Eine solche Systematik lässt sich am besten am Lebenszyklus eines Projekts darstellen, denn es durchläuft, ganz gleich wie komplex, immer fünf Phasen.

Phase 1: Auswahl

Da Unternehmen im Allgemeinen mehr Projekte als Ressourcen haben, muss das Management anfangs priorisieren. Projekte dienen zur Umsetzung der Strategie. Die Auswahl muss also immer die strategischen Ziele in den Mittelpunkt stellen. Diese Priorisierung entspricht einem ersten "Checkpoint". Auch für die nächsten Phasen sollten Führungskräfte solche Kontrollpunkte einrichten. Auf diese Weise können sie das Projekt rechtzeitig unterbrechen oder gar einstellen, wenn Komplikationen auftreten.

Phase 2: Definition

Jedes Projekt braucht ein klares Mandat und ein geeignetes Team. Um erfolgreich zu sein, sind folgende Fragen zu klären: Warum ist das Projekt wichtig? Welche Ergebnisse erwarten die Auftraggeber? Wie sehen die Ziele genau aus? Welche Voraussetzungen sind für den Erfolg erforderlich, und wie lässt dieser sich messen? An dieser Stelle müssen Projektleiter unbedingt Unwägbarkeiten und Risiken definieren und entsprechende Handlungsspielräume beziehungsweise einen Plan B formulieren.

Phase 3: Planung

Hier wird es konkret. Das Wie, Wann und Wer kristallisieren sich heraus. Projektleiter übernehmen jetzt eine Reihe von Aufgaben. Sie teilen das Projekt in überschaubare Einheiten auf und erstellen einen Plan zur Qualitätskontrolle. Es müssen Diagramme gezeichnet werden, um die Abhängigkeiten der Projektaktivitäten zu veranschaulichen. Außerdem muss der Projektleiter Dauer, Kosten und Ressourcen für jede Aufgabe überblicken und einschätzen. Um die Gesamtlaufzeit des Projekts bestimmen zu können, ist eine "critical chain" zu planen. Zu guter Letzt müssen Projektleiter detaillierte Budgets und Pläne erstellen und Zwischenziele und "Checkpoints" festlegen, an denen sie Zwischenbilanzen ziehen.

Phase 4: Umsetzung und Überwachung

Die Termine stehen, die Zeit drängt. Projektleiter müssen ihre Ressourcen so auf die unterschiedlichen Aufgaben verteilen, dass diese termingerecht erledigt werden können. Regelmäßige Meetings mit allen Beteiligten beugen Konflikten vor. Der Zweck der Projektüberwachung (Monitoring) ist, dass die Verantwortlichen rechtzeitig Abweichungen im Zeitplan, bei den Kosten oder im Leistungsumfang erkennen und in Ruhe reagieren können. Spezielle Verfahren wie beispielsweise ein Gantt-Diagramm, das Soll- und Ist-Ablauf vergleicht, können helfen, das Ganze systematisch umzusetzen.

Was aber, wenn die Ergebnisse nicht dem Plan entsprechen? Der Projektleiter muss die Daten auswerten und entscheiden, ob der ursprüngliche Plan noch gilt. Er hat jetzt zwei Optionen: Entweder muss er die Ziele (Resultate, Abschlusstermin oder gar Kosten) ändern, oder er muss das Projekt unter Umständen einstellen.

Phase 5: Projektabschluss

Vor dem endgültigen Abschluss sollten die Verantwortlichen die Ergebnisse überprüfen und an den eingangs vereinbarten Zielen messen. Wenn sie diese Erkenntnisse zusammenfassen, systematisieren und veröffentlichen, tragen sie damit zum Erfolg von künftigen Projekten bei. Und eines sollten die Verantwortlichen möglichst nicht vergessen: den Abschluss mit dem gesamten Team angemessen zu feiern. Ein gutes Ergebnis braucht auch einen gebührenden Rahmen.

Neues wagen!

Dass bestimmte Projekte immer nach derselben Methode abgewickelt werden, muss nicht bedeuten, dass es keine bessere gibt. Oft bringen neue Ansätze deutlich bessere Ergebnisse. Ein Beispiel: Wenn bei Ausschreibungen immer nur das günstigste Angebot den Zuschlag erhält, scheitern Projekte häufig daran, dass die anschließend notwendigen Nachbesserungen den Kostenrahmen sprengen.

Um dies zu vermeiden, erdachten die Vertragspartner beim Bau des Terminals 5 am Londoner Flughafen Heathrow eine unkonventionelle Lösung. Sie entwarfen einen Kostendeckungsvertrag mit Erfolgsbeteiligung. Der Vertrag verpflichtete also den Auftraggeber, dem Bauunternehmer nicht nur den entstehenden Aufwand zu erstatten, sondern ihn darüber hinaus auch am Gewinn zu beteiligen.

Damit erhielten beide Seiten einen Anreiz: Indem sie gemeinsam an innovativen Lösungen arbeiteten, würden sie zu besseren Ergebnissen finden, die Kosten senken und das Projekt schneller abschließen. Der Ansatz bot allen beteiligten Parteien Vorteile und verhinderte Konfrontationen. Die Vertragspartner in Heathrow setzten die Idee leider nur halbherzig um - entsprechend kraftlos blieb das Ergebnis. Nachahmer allerdings, die diesen Ansatz konsequent verfolgen, können ihr Projekt effizienter zum Erfolg führen.

Bewertung verschafft Überblick

Zeit- und Ressourcenvergeudung wie beim neuen Berliner Flughafen können die Projektverantwortlichen verhindern. Dazu müssen sie die einzelne Teilbereiche danach bewerten, welche einen Mehrwert bringen, welche notwendig sind, aber keinen Mehrwert bringen, welche Projektteile weder notwendig sind, noch einen Mehrwert bringen und welche nur unnötige Verzögerungen verursachen.

10 Basics für Projektmanager der nächsten Generation
Macher-Typen sind nicht mehr gefragt
Der Projektmanager mit rein technischer Expertise ist out, findet Mary Gerush von Forrester Research. Sie beschreibt den Projektmanager der nächsten Generation als kommunikativ, kompetent und stark in Soft-Skills.
1. Emotionale Intelligenz
Das meint die Fähigkeit, Augen und Ohren offen zu halten, um den Input von Projektmitarbeitern und Kunden in Zusammenhang mit dem Ziel in die Arbeit einfließen zu lassen.
2. Anpassungsfähige Kommunikation
Die Fähigkeit, seine Ideen - mündlich oder schriftlich - einem weiten Kreis von Interessenten zu vermitteln, egal, aus welcher Abteilung, aus welchem Kulturkreis und mit welcher Vorbildung sie stammen.
3. Fähigkeit, mit Leuten umzugehen
Die Begabung, schnell positive Beziehungen zu Team-Mitgliedern und Stakeholdern aufzubauen und zu pflegen.
4. Fähigkeit zu managen
Das Können, in einem Team zu arbeiten, es zu motivieren, auf das Ziel zu fokussieren und die Zusammenarbeit im Team zu fördern.
5. Flexibilität
Der Wille und die Fähigkeit, seinen Denkansatz zu überarbeiten, wenn es der Projektgegenstand und das Business verlangen
6. Business-Kenntnisse
Wissen über das Business des Kunden und seine Branche. Die Fertigkeit, seine Strategie zu verstehen und seine Projektarbeit an dieser Strategie auszurichten.
7. Analyse-Fähigkeit
Die Eignung, Probleme analysieren zu können und seine Entscheidungen aufgrund solcher Analysen zu treffen.
8. Blick für den Kunden
Das Vermögen, Kunden- und Anwenderbedürfnisse zu verstehen und den Drang, diese Kundenbedürfnisse im Projekt auch befriedigen zu wollen.
9. Ausrichtung am Ergebnis
Die Fähigkeit, das Projekt effizient und wirksam abzuschließen.
10. Charakter
Der Projektmanager der Zukunft sollte eine ansprechende Persönlichkeit sowie starke Wertvorstellungen und einen moralisch einwandfreien Charakter besitzen.

Eine solche Bewertung gibt einen hilfreichen Überblick. Die Verantwortlichen sollten jetzt alle Aktivitäten, die unter die zwei letzten Kategorien fallen, möglichst einstellen. Die aus der zweiten Kategorie gilt es zu verringern, die aus der ersten zu verstärken.

Soll das Projekt-Management dauerhaft erfolgreich sein, müssen Unternehmen eine Projekt-Management-Kultur entwickeln. Allen Beteiligten sollte bewusst sein, welche Vorteile es bringt, Ressourcen optimal zu nutzen. Eine strukturierte Projektplanung leistet all das und weiß um die Möglichkeit, auf den Plan B zurückzugreifen. So hielt es auch Dwight Eisenhower: "Zur Vorbereitung auf den Kampf fand ich Pläne immer unbrauchbar", sagte er, "Planung dagegen ist unverzichtbar."