Gute Mitarbeiter halten

Krise führt zu neuen Gehaltsstrukturen

21.01.2010 von Nicolas Zeitler
Durch neue Unternehmensstrukturen verändern sich die Rollen vieler Mitarbeiter. Unternehmen reden allerdings darüber mit den Betroffenen zu wenig, wie die Studie ergab. Das erschwert die Bindung guter Mitarbeiter.

Führungskräfte in europäischen Unternehmen tun sich schwer damit, Angestellten die Folgen der Wirtschaftskrise für die Gehaltsentwicklung zu erklären. Laut einer Umfrage des Beratungsunternehmens Watson Wyatt Heissmann haben 60 Prozent der Firmen die Gehälter im letzten halben Jahr eingefroren. Nur 30 Prozent haben ihre Vergütungsstrategie angepasst, und nur 27 Prozent die Vergütungsstrategie ihren Mitarbeitern systematisch kommuniziert.

"Die Firmen sollten hier noch wesentlich mehr tun", sagt Sascha Kamp, Senior Consultant bei Towers Watson (dem zwischenzeitlich aus der Fusion von Towers Perrin und Watson Wyatt hervorgegangenen Unternehmen). Laut der Umfrage sind außer Kostensenkungen Umstrukturierungen derzeit eines der wichtigsten Themen in den Betrieben. Durch neue Strukturen veränderten sich die Rollen vieler Mitarbeiter, so Kamp. Der in diesem Zusammenhang wichtigen Kommunikation an die Mitarbeiter tragen die Firmen allerdings bisher nur unzureichend Rechnung, wie die Studie ergab.

"Denkbar wäre beispielsweise, dass ein klassischer Außendienstmitarbeiter nach Restrukturierungen nun neue beziehungsweise andere Aufgabenschwerpunkte hat", erklärt der Berater. An seine neue Rolle müssten dann auch die Funktionsinhalte, also die Positionsbeschreibung, die Leistungsindikatoren sowie das Vergütungsmodell definiert und angepasst werden, so Kamp.

Er spricht sich dafür aus, dass Firmen gute Leistungen entsprechend belohnen. Gleichzeitig sei eine Differenzierung nötig, um in der Krise gute Mitarbeiter ans Unternehmen zu binden.

Außer im Top-Management sind variable Vergütungsanteile Kamp zufolge mittlerweile bis in den Tarifbereich hinein nicht unüblich. Derzeit seien viele Firmen damit beschäftigt, Leistungskriterien für variable Vergütungsanteile anzupassen. Gehaltssteigerungen "nach dem Gießkannenprinzip" gäbe es immer seltener, stattdessen versuche man, Positionen mit Schlüsselrollen und "Top-Leister" zu identifizieren.

IT-Gehälter steigen unterdurchschnittlich

Die Talsohle der Krise ist nach Einschätzung der Hälfte der mehr als 700 in Europa, dem Nahen Osten und Afrika befragten Firmen erreicht. Die Steigerungsraten bei den Gehältern in Deutschland liegen 2010 leicht unter denen des Vorjahres. Stiegen beispielsweise 2009 die Gehälter in der Hochtechnologie-Branche, zu der in der Umfrage auch die IT zählt, um 3,1 Prozent, wird für 2010 mit nur 2,2 Prozent Wachstum gerechnet. Kamp zufolge liegt dieser Bereich damit unter dem branchenübergreifenden Durchschnitt.

Ausreißer nach unten ist die Automobilbranche, wogegen Mitarbeiter in der Pharmaindustrie nur selten mit Nullrunden rechnen müssen.

Jeder Zehnte senkt die Gehälter

Auf den Kostendruck in Folge der Krise haben die meisten Firmen Kamp zufolge schnell reagiert. Vor allem die 80 Unternehmen in Deutschland, die an der Umfrage teilnahmen, stächen hier positiv hervor. In Deutschland müssen Mitarbeiter auch seltener mit Gehaltssenkungen rechnen als anderswo: Rund zehn Prozent der Firmen in Europa, dem Nahen Osten und Afrika haben ihre Vergütungen zurückgefahren; in Deutschland war ihr Anteil niedriger.

Watson Wyatt Heissmann hat mehr als 700 Firmen unterschiedlicher Größe und Branchen befragt; die meisten haben ihren Sitz in Europa, dabei waren auch Betriebe aus Nahost und Afrika. 80 Firmen haben ihren Sitz in Deutschland.Befragt wurden Führungskräfte unterschiedlicher Positionen, die in ihrem Unternehmen jeweils für das Thema Vergütung zuständig sind.