Schulung bei der Telekom

Lernen auf der Insel

03.11.2003 von Christoph Lixenfeld
Seit vier Jahren bildet der Telefonkonzern Servicetechniker mit Erfolg an so genannten Lerninseln aus. Entscheidend dabei ist nicht die Technik, sondern das didaktische Konzept.

"Interessant ist, dass sich beim E-Learning mancher schwer tut, derselbe Mensch aber mit Begeisterung die ganze Nacht vor einem Computerspiel sitzt", wundert sich Bruno Seubert, Referent für Technische Qualifizierung bei T-Com, der Festnetzsparte des Telekom-Konzerns. Seubert kümmert er sich um die Schulung der Servicetechniker, deren Job sich schon lange nicht mehr darauf beschränkt, Telefondosen anzuschrauben und Strippen zu ziehen. Die Außendienstler müssen auch Netzwerkkarten in Rechner einbauen, Router und Telefonanlagen konfigurieren oder Laptops drahtlos ins Internet bringen. Und weil sich die Technik laufend weiterentwickelt, ist der Job mit einer einmaligen, standardisierten Ausbildung nicht zu machen. Stattdessen müssen die Techniker neben ihrer Arbeit ständig aus- und weitergebildet werden.

Um Kosten und Zeit zu sparen, finden diese Schulungen nicht als übliche Seminare statt. T-Com bedient sich seit etwa vier Jahren so genannter Lerninseln: Jeweils vier Techniker sitzen dabei in einem Raum zusammen, jeder vor einem Bildschirm. Die meisten Schulungen dauern einen halben bis einen Tag. In dieser Zeit machen sich die Mitarbeiter Schritt für Schritt über die Lernsoftware zum Beispiel mit den Spezifikationen einer neuen Netzwerkkarte vertraut. Für Feedback und das Beantworten von Fragen sorgt ein Tutor, den die Lernenden zwar nicht sehen, mit dem sie aber online verbunden sind und per Mail und Internet-Telefonie kommunizieren können. Maximal acht dieser Lerninseln à vier Personen betreut jeder Trainer gleichzeitig. T-Com kann so innerhalb weniger Tage Hunderte von Technikern auf den neuesten Stand bringen.

15 Prozent aller Kurse als E-Learning

Die Abteilung Technische Qualifizierung der T-Com kauft die Leistung bei einer anderen Tochter des rosa Konzerns ein, dem Telekom Training Center (TTC). Das betreibt über die ganze Republik verteilt 64 Lerninseln in den Telekom-Niederlassungen. Für mehr als 1000 Schulungen wurden die Inseln im vergangenen Jahr eingesetzt, insgesamt basieren bei der Telekom 10 bis 15 Prozent der Weiterbildungsmaßnahmen auf E-Learning-Methoden.

Wichtig sei , dass die Leute motiviert sind, betont Julia Probst, Projektmanagerin beim Centra-Vertriebspartner Tertia Edusoft. "Wenn der User mit einer Software nicht lernen will, dann bricht das ganze System zusammen. Das Lernkonzept muss insgesamt stimmen." 75 Prozent der Angebote dieser virtuellen Klassenräume bei der Deutschen Telekom richten sich an Techniker, die dabei lernen, wie man Netzwerkkarten in PCs einbaut oder ISDN-Anlagen konfiguriert. Darüber hinaus gibt es Schulungen für Telekom-interne Softwareprodukte oder Standardprogramme wie MS-Office. Erfolge können unmittelbar kontrolliert werden, weil das Telekom Training Center ein eigenes Konzept entwickelt hat, bei demE-Learning und praktische Übungen miteinander kombiniert werden. Zu jeder Lerninsel gehören neben dem Multimedia-PC, auf dem die jeweilige Lektion online vermittelt wird, auch mehrere Offline-PCs zum Ausprobieren: Ist eine Lektion abgeschlossen, wird anschließend unter den Augen eines Betreuers geschraubt,installiert und gebastelt.

E-Learning verlangt nach guten Ausbildern

Entscheidend für den Erfolg dieser Art der Weiterbildung - da sind sich alle Beteiligten einig - ist auch die Qualität der Tutoren. Deren Training gehört zwar zum Leistungsumfang des Dienstleisters Tertia Edusoft, darüber hinaus bildet die Telekom aber auch selber aus. Wer über die Lerninseln andere schult, muss über ausgeprägte kommunikative und psychologische Fähigkeiten verfügen. Die Tutoren sind nicht wirklich bei ihren Schülern und sehen sie auch nicht. Trotzdem müssen sie immer wissen: "Hab ich den Mann noch bei mir, oder ist der schon ausgestiegen?", beschreibt Bruno Seubert von T-Com die didaktische Herausforderung.

Seubert fände es einen Fortschritt, wenn die Lerninseln, mehr als bisher, mit kleinen Filmchen und anderen animierten Elementen arbeiteten als überwiegend mit starren Folien und Präsentationen. Beim Telekom Training Center sind solche Elemente bereits in Arbeit. Wie ein Videospiel werden die Lernprogramme dann zwar noch nicht aussehen. Aber nach Ansicht von Bruno Seubert macht es auf jeden Fall Sinn, "die Menschen über ihren Spieltrieb zu schulen".