Studie: Cloud braucht eigenen Administrator

Machtkampf um die Wolke

10.07.2013 von Werner Kurzlechner
Wer wirklich von der Private Cloud profitieren will, muss die bisherigen Administratoren entmachten. Das sagen die Analysten von Forrester Research. In der Wolke brauche es eigene Chefs, weil die Cloud mehr als eine Virtualisierung auf neuer Leistungsstufe sei.
Um das Cloud-Puzzle bestmöglich zusammenzusetzen, braucht es eigene Administratoren. Davon geht jedenfalls Forrester Research aus.
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Auch in wolkigen Höhen gibt es Irrwege und falsche Abzweigungen. So liest sich jedenfalls eine Studie von Forrester Research, in der die Analysten James Staten und Lauren E. Nelson vor falschen Annahmen warnen und den Aufstieg einer neuen, bald unerlässlichen Spezies vorhersagen: der Cloud-Administrator. Cloud Computing störe die ausgetrampelten Virtualisierungspfade. CIOs müssten verstehen, dass die Infrastruktur-Verantwortlichen nicht wirklich in die Wolke wollten. Außerdem habe das Business eine andere Ansprüche an die Private Cloud als die IT.

Ausweitung der Public Cloud-Zone

In der Hälfte der Firmen stehen laut Forrester Investitionen in die Private Cloud ganz oben auf der Agenda. Aber weder in den größten Unternehmen noch in jenen mit der stärksten Public Cloud-Prägung sei es die IT, die die Bestrebungen anführe, so die Analysten. Stattdessen sei ein neuer Administratorentypus am Werk, der Private Clouds nicht als bloße Fortführung von Server-Virtualisierung begreife, sondern als Ausweitung der Public Cloud-Zone.

Eine ketzerische Ausgangsthese des Analysten-Duos lautet: Die Private Cloud sei in den meisten Firmen in Wahrheit überhaupt keine Cloud – auch wenn man das so nenne oder Software mit diesem Etikett verwende. Solange weder ein Self Service-Zugang für die Entwickler bestehe, noch alles standardisiert und automatisiert sei, noch ein Pay-Per-Use-Modell oder ein ähnlicher Mechanismus greife, handle es sich nicht um eine echte Private Cloud. Wenn die genannten Kriterien nicht erfüllt sind, sei laut Forrester lediglich eine effizientere, schnellere und bessere Virtualisierungs-Stufe erklommen.

„Hochleistungsvirtualisierung ist großartig", schreiben Staten und Nelson. „Wahrscheinlich läuft da alles automatisierter, gestraffter und kosteneffektiver ab als im vergangenen Jahr – und vermutlich wirft jeder investierte Dollar mehr ab als in einer früheren statischen Infrastruktur." Aber dabei gehe es nicht um Cloud-Mehrwert, und diesen Unterschied müsse man sich vergegenwärtigen.

Bei virtualisierten Apps handle es sich zumeist um klassische Windows- oder Linux-Anwendungen mit einer statischen Ressourcenkonfiguration. Demgegenüber seien Cloud-Apps ihrer Natur nach elastisch und kurzlebig. Sie sind laut Forrester so angelegt, dass sie wachsen können und mit anderen Web-Services in Austausch treten können. Und sie sind optimiert für Cloud-Umgebungen, zugleich hoch standardisiert und für mehrere Kunden zugleich gedacht. Vor diesem Hintergrund ist es laut Forrester zwecklos, aus der klassischen Anwedungsumgebung Cloud-Mehrwert schöpfen zu wollen.

Cloud geht top-down

Virtualisierung verlaufe bottom-up, Cloud Computing hingegen top-down, so Forrester. "Ein Teil der Ursache, warum sich Virtualisierungsadministratoren mit dem Bau einer Private Cloud so schwer tun, wurzelt in ihrer Perspektive", heißt es in der Studie. „Sie sehen die Cloud als linearen Fortschritt der bestehenden virtualisierten Umwelt." Ihr Blickwinkel sei technisch und operativ und auf das Delta zwischen traditioneller und cloud-basierter Welt gerichtet.

Cloud-Entwickler hingegen schauten durch die Brille ihrer Public Cloud-Erfahrungen und dadurch auf die gelieferten Vorzüge: Selbstbedienung, niedriger Einstiegspreis, streng limitierte Sets vordefinierte Ressourcen- und Servicekonfigurationen und vor allen Dingen Geschwindigkeit. „Cloud-Entwickler kümmern sich nicht darum, in welchem VM-Container ihre App am Ende landet – die Virtual Machine ist für sie eigentlich schon verschwunden."

Diese Differenz führt laut Forrester zu einem Macht- und Bedeutungsverlust der Virtualisierungs-Administratoren. „Weil Server-Virtualisierung so ein Segen für die Unternehmen war, regiert dieser Administrator nun nicht nur über Server-Entscheidungen, sondern auch über die Storage- und Netzwerk-Wahl", spitzen die Analysten dessen Rolle zu. Bisher sei es so gewesen, dass die Entwickler bei Ressourcen-Bedarf auf diese wichtige Figur zugehen mussten. Dessen Unersetzlichkeit manifestierte sich laut Studie vor allem darin, dass in seiner Abwesenheit nichts mehr wie gewohnt lief.

Belohnungssysteme hinterfragen

Warum also sollte dieser Schlüsselspieler sein Spezialwissen so dokumentieren, dass künftig alles in standardisierter Weise erledigt werden kann, fragen Staten und Nelson. Und welchen Anreiz hat er überhaupt, echte Cloud-Services anzubieten – wenn er doch bisher nie nach geschaffener Agilität bewertet wurde? Die Antworten sind für Forrester klar: Wer wirklich von der Private Cloud profitieren will, kommt an der Entmachtung der Virtualisierungsadministratoren nicht vorbei. Und das impliziert, dass es für die Cloud einen eigenen Administrator braucht.

Ein konkreter Ratschlag der Analysten lautet folgerichtig, virtuelle Umgebung und Cloud-Aktivitäten so konsequent wie möglich zu trennen. Teammitglieder aus dem Bereich Infrastructure & Operation (I & O)sollten zur Weiterbildung in Sachen Cloud Computing angehalten werden und bestenfalls eigene Erfahrungen mit Public Clouds sammeln. Ferner gilt es laut Forrester, Karrierewege in die Cloud zu ebnen und auch die Belohnungssysteme zu hinterfragen. Die I & O-Mitarbeiter benötigten Anreize, einen echten Testballon für die Wolke aufzublasen. „Und wenn sie nicht selbst dazu in der Lage sind, eine Private Cloud zu gestalten, dann outsourcen Sie!", empfehlen Staten und Nelson.

Die Studie „The Rise Of The New Cloud Admin" ist bei Forrester Research erhältlich.