Studie: Unkritisch, unselbständig

Mäßiges Zeugnis für die Generation Y

11.01.2013 von Werner Kurzlechner
Junge Mitarbeiter mit Bachelor oder Master sind sprachgewandt, flexibel und digital-affin. Dafür fehlt es laut Odgers Berndtson etwa an selbständigem Denken.

CIOs können sich über die junge Mitarbeiter-Generation durchaus freuen. Nach 1980 geborene Bachelor-Absolventen – die „Generation Y“ – sind deutlich versierter im Umgang mit Computern und Internet als die „Generation X“ der zwischen 1965 und 1979 Geborenen. Die junge Generation ist zudem gewandter im Umgang mit neuen Kulturen und kreativer bei der Arbeit. In anderen Teilen fällt das Zeugnis der Personalchefs der 500 größten Firmen Deutschlands über die Generation Y aber geradezu miserabel aus. Das geht aus einer Umfrage von Odgers Berndtson im Auftrag des Manager Magazins hervor.

Mehr Kreativität, weniger Wissen: Die Online-Affinität der Generation Y hat großen Einfluss auf deren Arbeitweise.
Foto: Odgers Berndtson

„Der Fachkräftemangel macht sie zur begehrtesten Generation seit Langem – doch oft entsprechen Ausbildung und Einstellung heutiger Absolventen nicht den Erwartungen der Unternehmen“, schreibt das Manager Magazin. Vor allem die Folgen der Bologna-Reform und der Umstellung auf das System von Bachelor und Master sähen die befragten Personalchefs kritisch.

Triebfeder der Studie war es, die langfristigen Folgen der Hochschulreform zu beleuchten. Der Einfluss der veränderten Lebenswelten auf die Generation Y lässt sich dabei selbstverständlich nicht ausblenden. Mit „Absolventen“ sind in der Studie Hochschulabsolventen mit bis zu drei Jahren Berufserfahrung nach ihrem Abschluss zu verstehen. Die Personalchefs sind sich weithin darin einig, dass es der Generation Y insbesondere an Fachwissen fehlt – zumindest jenen Mitarbeitern mit Bachelor-Abschluss.

Dies gilt sowohl für Jura und Betriebswirtschaft als auch für Mathematik, Ingenieur- und Naturwissenschaften. Das Know-how der Master-Absolventen sehen die Befragten dagegen auf oder gar über dem Niveau der früheren Diplom- und Magister-Abgänger.

Speziell bei den für CIOs interessanten Absolventen mit technischem oder ingenieurswissenschaftlichem Abschluss beobachten 61 Prozent der Befragten im Vergleich mit der älteren Generation ein weniger ausgeprägtes Fachwissen bei den Bachelor-Absolventen. Bei den Master-Absolventen sind es lediglich zehn Prozent, während 19 Prozent sogar einen Wissenszuwachs wahrnehmen.

Verbindliches Auftreten

Mehrheitlich haben die Personalchefs den Eindruck, dass die Absolventen zwar nach der Bologna-Reform mit deutlich besseren Noten in die Firmen kommen. Allerdings sind 58 Prozent der Meinung, dass sich das Wissensniveau durch die Umstellung auf Bachelor und Master verschlechtert habe. Nur acht Prozent sehen eine Verbesserung.

Nach Einschätzung von 48 Prozent ist es auch um Willensstärke und Karriereehrgeiz der Digital Natives im Vergleich zur Generation schlechter bestellt. Dafür sind die jungen Mitarbeiter nach dem Urteil von 54 Prozent der Befragten selbstsicherer und verbindlicher im Auftreten.

Offenkundig hinterlässt auch die IT- und Online-gestützte Arbeitsweise der Generation Y ihre Spuren in den Firmen – teilweise zum Missfallen, teilweise zum Gefallen der Personalchefs. Die Internet-Affinität der jungen Generation verringert nach Einschätzung von 69 Prozent das eigene Wissen, weil alles immer mit einem Klick abrufbar ist. 40 Prozent klagen über zu mangelnde Konzentration und schnelle Ablenkung, 25 Prozent über Oberflächlichkeit. Dafür nehmen 62 Prozent eine Förderung von Kreativität und vernetztem Denken wahr, 54 Prozent einen Zugewinn an Flexibilität und komplexem Denken.

Tendenziell verbessert hat sich nach dem Eindruck der Personalchefs in der jungen Generation das Ausdrucksvermögen im semi-formalen Schriftverkehr – damit sind Mail, Chats und Präsentationen gemeint. Dafür hat die ältere Generation Vorteile beim mündlichen und insbesondere beim schriftlichen Ausdruck.

Ganz locker sticht die Generation Y die Generation X hingegen bei den Sprachkenntnissen aus – insbesondere bei Englisch ist ein Quantensprung zu beobachten. Zudem bringen die Digital Natives deutlich mehr Erfahrung aus Auslandsaufenthalten und Praktika mit ins Berufsleben.

Geld wichtiger als Status

Dass die jungen Mitarbeiter dem Rest im Umgang mit PC und Internet voraus sind, bestreitet keiner der Befragten. Offenbar geht das einher mit einer professionelleren Kommunikation und einer verbesserten Teamfähigkeit. Allerdings vermissen zwei Fünftel der Personalchefs die bei den älteren Mitarbeitern ausgeprägtere Fähigkeit zu Kritik, Selbstreflexion und selbständigem Denken. 44 Prozent sagen zudem, dass sich die Fähigkeit zur Mitarbeiterführung verschlechtert habe.

Als Motivation wichtiger geworden sind in der Generation Y der Arbeitsinhalt (73 Prozent), das Einsetzen persönlicher Stärken und Talente (65 Prozent) sowie Geld (46 Prozent). An Bedeutung eingebüßt haben demgegenüber der Status im Unternehmen und die Freude an einer Führungsaufgabe.

Aus Unternehmenssicht müssen die jungen Mitarbeiter vor allem hinsichtlich Ziel- und Ergebnisorientierung (56 Prozent), Kundenorientierung (46 Prozent) und Fähigkeit zum Konfliktmanagement (38 Prozent) aufholen. „Verbesserungsbedarf sehen die Personalchefs vor allem an den Universitäten und Fachhochschulen“, ergänzt das Manager Magazin. „Diese müssten neben größerer fachlicher Tiefe deutlich praxisnäher werden und Unternehmen sowie wirtschaftsnahe Fragestellungen stärker in den Lernstoff integrieren.“

Die Studie „Manager von Morgen“ ist bei Odgers Berndtson erhältlich.