Einsatz im Arbeitsalltag

Management erwartet zu viel von BYOD

05.03.2013 von Werner Kurzlechner
BYOD bringt der IT jede Menge Scherereien. Zudem scheint es eher einen gefühlten Nutzen zu geben als handfeste Effizienzgewinne. Das zeigt eine Avanade-Studie.
Die zentralen internationalen Ergebnisse der Studie im Überblick.
Foto: Avanade

Eigentlich galten die hiesigen Unternehmen bei Bring-your-own-Device (BYOD) immer als Nachzügler. Eine neue Studie von Avanade legt jetzt aber das Gegenteil nahe. Befragt wurden rund 600 Führungskräfte aus 19 Ländern. Das überraschende Ergebnis: Deutschland ist plötzlich Vorreiter.

Jedenfalls berichten 87 Prozent der deutschen Firmen, dass mindestens die Hälfte ihrer Belegschaft eigene mobile Endgeräte einsetzt. Weltweit bringen nur in 60 Prozent der Unternehmen Mitarbeiter mehrheitlich eigene Smartphones oder Tablets mit an den Arbeitsplatz.

Einen Wermutstropfen gibt es allerdings: 57 Prozent der befragten deutschen Firmen gaben ebenfalls an, dass der BYOD-Trend zu zusätzlichen Herausforderungen führt – primär für die IT-Abteilung. International liegt der Durchschnitt bei nur 52 Prozent.

Ein Drittel der Tablets mit Zugriff auf Basis-Systeme

Wiederum weltweit zeigt die Studie, dass in 54 Prozent der Firmen das Smartphone für grundlegende Business-Funktionen eingesetzt wird. Zu 42 Prozent ist das ebenfalls für fortgeschrittene Funktionen der Fall. Beim Tablet verhält es sich ausgeglichener, wenngleich auf niedrigerer Ebene. Jeweils in einem Drittel der Firmen ist mit dem Tablet der Zugriff auf Basis-Systeme und auf speziellere Systeme möglich.

BYOD - CIOs müssen reagieren
Private iPhones und iPads akzeptieren oder aussperren? Über diese Frage zerbrechen sich viele IT-Verantwortliche die Köpfe. Trägt man die Empfehlungen der verschiedenen Analysten zusammen, ergibt sich folgendes Bild:
Tipp 1:
IT-Leiter sollten offen für die Wünsche der Anwender sein. Der Trend zur Consumerisierung lässt sich nicht aufhalten. Nur wer sich darauf einlässt, wird den wachsenden Druck meistern und die Vorteile umsetzen können.
Tipp 2:
Die IT-Organisation sollte eine Strategie ausarbeiten, wie sie ihre Client-Landschaft gestalten will und welche Techniken - etwa Desktop-Virtualisierung - sie dafür benötigt. Wichtig dabei ist auch festzulegen, welche Geräte wozu genutzt werden dürfen.
Tipp 3:
Sicherheit ist ein wichtiges Thema: Doch wer den Gebrauch privater Geräte rigoros zu reglementieren versucht, riskiert im Endeffekt ebenso viele Sicherheitslecks, weil die Devices dann an der IT vorbei ihren Weg ins Unternehmen finden werden.
Tipp 4:
Die Security-Infrastruktur muss in Ordnung sein. Die IT sollte Richtlinien aufstellen, wer auf welche Informationen zugreifen darf. Zudem sollte es Notfallpläne geben, für den Fall, dass Geräte mit sensiblen Daten abhandenkommen.
Tipp 5:
Beweisen Sie Fingerspitzengefühl bei der Definition der Regeln. Wer beispielsweise damit droht, die Geräte in bestimmten Situationen zu beschlagnahmen, treibt die User dazu, die Devices unter dem Radar der IT-Abteilung durchzuschleusen.
Tipp 6:
Angesichts der wachsenden Komplexität rund um neue Endgeräte und Apps empfiehlt Forrester Research, die Verantwortlichkeit für das Management der damit verbundenen Infrastruktur zu bündeln und beispielsweise die Position eines Chief Mobility Officer einzurichten.

In Deutschland sind Tablets offenbar weitaus beliebter: 60 Prozent der Firmen gaben an, dass mindestens die Hälfte der Anwender diese für einfache Business-Anwendungen wie Office Programme oder E-Mail einsetzen. In 57 Prozent der Firmen greifen die Mitarbeiter hierzulande mehrheitlich via Tablet auch auf Unternehmensapplikationen zu. Customer Relationship Management (CRM), Datenanalyse oder Projektmanagement gehören zu den beliebtesten Applikationen.

Lücke zwischen Erwartungen und Realität

Die Avanade Studie zeigt ganz deutlich eine signifikante Lücke zwischen den Erwartungen des Managements und der Realisierung durch die IT. Der größte Faktor ist hier das Thema Sicherheit: Während die Führungskräfte eher die Vorteile von BYOD sehen, denkt die IT-Abteilung über die Gefahren nach.

International machen sich 55 Prozent der IT-Verantwortlichen Gedanken, wie sie die potenziellen Risiken minimieren können, in Deutschland sind dies sogar 63 Prozent. Im Vergleich dazu sehen 48 Prozent der Führungskräfte aus dem Business-Bereich international die Vorteile von BYOD, in Deutschland immerhin noch 37 Prozent.

IT-Manager zweifeln am Nutzen von BYOD

Erkennbare Zweifel äußern die meisten IT-Manager am Nutzen von BYOD. So sind 71 Prozent der befragten Manager aus den Fachabteilungen der Meinung, dass Mitarbeiter ihre Arbeit dank mobiler Endgeräte auch außerhalb der Firma effizient erledigen würden. Die IT ist hier deutlich zurückhaltender: Nur 39 Prozent teilen diese Auffassung.

In jedem Fall führt BYOD zu signifikanten Prozessänderungen. Weltweit berichten 70 Prozent von einem notwendigen Redesign bei mindestens einem Geschäftsprozess. In jedem fünften Unternehmen mussten sogar mindestens vier Prozesse erneuert werden.

In Deutschland haben sich bei 48 Prozent der Firmen mindestens zwei Prozesse geändert. 40 Prozent der Befragten gaben an, dass sich vor allem Sales- und Marketing-Prozesse verändert haben. Dahinter folgt mit 32 Prozent schon die IT. Bei jeweils 24 Prozent wurden neue oder veränderte Abläufe in den Bereichen Kundenservice und -Support, Mitarbeiter-Recruiting sowie Produktentwicklung eingeführt.

In der Unterstützung neuer Arbeitszeitmodelle im BYOD-Gefolge ist die IT Spitzenreiter. In 70 Prozent der Firmen war sie in Flexibilisierungsprozesse involviert. Zu 30 Prozent gilt das für das Management insgesamt, zu 20 Prozent für die Personalabteilungen.

Deutsche sehen vor allem die „weichen“ Vorteile

Insgesamt überwiegen laut Aussage der deutschen Befragten die „weichen“ Vorteile: 28 Prozent der befragten deutschen Unternehmen gaben an, dass Probleme dank der neuen Prozesse schneller zu lösen wären, 20 Prozent sind der Meinung, dass die Mitarbeiter motivierter sind. Höhere Verkaufszahlen hingegen sahen dagegen nur 16 Prozent.

„Weltweit befinden sich Unternehmen im Wandel: Geschäftsprozesse ändern sich kontinuierlich, Anwender arbeiten flexibler und mobiler – sie verlangen Zugriff auf Firmenanwendungen und zwar jederzeit und an jedem Ort“, kommentiert Avanade-CTO Michael Zill die Studienergebnisse. Consumer-Technologien und BYOD beschleunigten diese Veränderungen. „Nur Unternehmen, die sich dieser veränderten Geschäftswelt anpassen, werden auf Dauer erfolgreich und dem Wettbewerb voraus sein“, so Zill.

Die gemeinsam mit den Marktforschern von Wakefield Research erstellte Studie „Consumer Technologies are Changing Business Processes and Work Cultures” ist bei Avanade erhältlich. CIO/(bw)