Vertragsmanagement mit Lieferanten

Mehr Mut im Umgang mit Dienstleistern

06.10.2009 von Thomas Pelkmann und Mark Grossman (Grossman Law Group)
Die Arbeit eines CIOs endet auch nach Abschluss eines Vertrags mit einem externen IT-Dienstleister nicht. Worauf Sie aufpassen müssen, verrät Ihnen der IT-Anwalt Mark Grossman.

Sie haben ewig über einen Vertrag verhandelt und sind froh, dass er nun endlich unter Dach und Fach ist? Egal, ob es sich um eine Vereinbarung über SaaS, Managed Services oder Cloud Computing handelt: Kaum ist die Tinte unter dem Abschluss getrocknet, lassen Sie die Sektkorken knallen, danken Ihrem Anwalt für seine gute Arbeit, schicken ihn anschließend nach Hause und widmen sich wieder Ihren normalen Pflichten. Sie sind ja schließlich der CIO!

Ich sag’s nicht gerne, aber das ist der falsche Weg, mit Vertragsabschlüssen auf technischem Gebiet umzugehen. Tatsächlich ist es auch der falsche Umgang für jeden anderen Deal. Achten Sie vielmehr darauf, Ihr Team, dass Sie bei den Beratungen mit dem Lieferanten unterstützt hat, zusammen zu halten. Erst dann werden Sie in der Lage sein, die Früchte Ihrer Arbeit auch ernten, Ihre Interessen schützen und mit Ihrem Dienstleister professionell umgehen zu können.

Mit einem Juristen im Team haben Sie Zeit, sich um andere Dinge zu kümmern. Er behält die rechtlichen Implikationen des Deals im Auge und regelt die juristischen Aspekte des Vertrags mit Ihrem Dienstleister. Delegieren Sie nur ein bisschen von diesen Aufgaben, und Sie können dem Vorstand erzählen, wie gut der Laden läuft.

Das Management des Vertragswerks beginnt für Sie, sobald der Vertrag geschlossen ist. Damit es keine Missverständnisse gibt: Wenn Sie diese Aufgabe nicht übernehmen, wird es Ihr Lieferant tun, und es ist offensichtlich, dass Sie und er nicht dieselben Prioritäten dabei haben.

Sie haben wahrscheinlich viel Zeit damit verbracht, ein Verhandlungsteam zusammen zu stellen, das darüber entscheidet, was für den Deal mit Ihrem Lieferanten nötig und richtig ist. Sie haben möglicherweise mehrere Kandidaten getestet und lange über die komplizierten Einzelheiten des Vertrags verhandelt. Ich rate Ihnen: Halten Sie Ihr Verhandlungsteam auch während der Implementierung der neuen Lösung zusammen.

Implementierung aktiv managen

Ein Fehler, den ich häufig beobachte ist der, dass CIOs ihr Team auflösen, weil der Vertrag in trockenen Tüchern ist. Das heißt dann aber, dass sie alle Vertragseinzelheiten einzeln regeln und Probleme alleine lösen müssen. Vielleicht brauchen Sie ein wöchentliches Meeting dafür, möglicherweise reicht auch eine Konferenz einmal im Monat. Wichtig ist, dass Sie diesen Prozess aktiv managen.

Wie sagte doch der für seine Yogiisms berühmte Baseball-Spieler Yogi Berra (und wenn er es nicht gesagt hat, hätte er es tun sollen)? "Es ist erst vorbei, wenn es vorbei ist."

Ermuntern Sie Ihr Team, über den Fortschritt bei der Umsetzung des Vertrags zu reden: Haben Sie den Service Level erreicht, wie er im Vertrag vorgesehen ist? Erhalten Sie darüber vom Dienstleister entsprechende Berichte? Hält sich der Lieferant an die vorgegebenen Termine? Es sollte grundsätzlich Ihr Ziel sein herauszufinden, ob sich Ihr Dienstleister an die vertraglichen Vereinbarungen hält.

Leider beobachte ich häufig, dass CIOs diesen Empfehlungen nicht folgen. Stattdessen beschäftigen sie sich später mit denselben Fragestellungen im Rahmen eines dramatische Züge tragenden Krisenmanagements. Viele CIOs ziehen es offenbar vor zu reagieren, anstatt zu agieren und sich nur dann einzumischen, wenn das sprichwörtliche Kind schon in den Brunnen gefallen ist. Und nur wenn die Situation so richtig hässlich wird, trommeln sie ihr Team wieder zusammen, das sie zuvor in alle Winde zerstreut haben.

Es ist ungleich aufwändiger, ein Problem zu lösen, als es zu vermeiden. Die Prävention ist Teil Ihres Jobs. Wenn Sie die Implementierung aktiv managen, merken Sie es rechtzeitig, falls Ihr Lieferant nicht in der Lage ist, seine vertraglich zugesicherten Leistungen zu erbringen. Es ist sehr viel einfacher, solche Probleme zunächst in den regelmäßigen Meetings zu besprechen und dann mit Lieferanten. Wenn Sie hier nicht reagieren, wird das Problem bleiben und es wird mit jedem Tag schwerer, es zu lösen.

Umgekehrt ist es sehr viel einfacher auf Probleme zu reagieren, so lange sie klein sind. Aber davon abgesehen, habe ich in meiner mehr als 20-jährigen Praxis als Rechtsanwalt zahlreiche Fälle auf dem Tisch gehabt, die sich auf eine Vertragsklausel bezogen. Der zufolge hätten meine Klienten innerhalb von 15 Tagen auf ein Problem reagieren müssen und taten es nicht. Es ist bitter festzustellen, dass ein CIO alle ihm durch den Vertrag zur Verfügung stehenden Rechtsmittel nur deswegen aufs Spiel setzt, weil er zu geizig ist, seinem Firmenanwalt eine Stunde pro Monat zu spendieren, damit der per Telefonkonferenz an Team-Sitzungen teilnehmen kann.

Gute Zäune sorgen für gute Nachbarn

Außerdem geht es gar nicht nur um mögliche Rechtsmittel. Wenn wir über rechtliche Möglichkeiten sprechen, reden wir über Verträge, die schon so angelegt sind, dass sie dereinst vor Gericht ausgefochten werden müssen. Stattdessen sollten wir darüber sprechen, wie man das Ausschöpfen von Rechtsmitteln durch die Anwendung von Vertragsklauseln vermeiden kann. Es mag ein Klischee sein, aber es stimmt trotzdem: "Gute Zäune sorgen für gute Nachbarn" - das gilt auch für den Umgang mit Vertragspartnern.

Auch wenn Sie ein "Können wir nicht alle Freunde sein"-Verhältnis zu Ihrem Dienstleister anstreben, sagt mir meine Erfahrung, dass ein gewisses Maß an Formalität immer hilfreich ist. Warten Sie nicht darauf, dass sich Ihr Verhältnis zum Lieferanten verschlechtert, bevor Sie Ihren Rechtsanwalt einschalten. Ein Schuss vor den Bug hat im besten Fall denselben Effekt wie ein kriegerischer Angriff.

Es ist besser, bei einem kleinen Problem Ihren Anwalt eine vertragsgemäße Notiz an den Dienstleister schicken zu lassen, um ihn auf diesen Umstand aufmerksam zu machen. Solche Schreiben haben den Charakter eines routinemäßigen Austausches auf diplomatischer Ebene. Der hilft, die Beziehungen zum Lieferanten und den Implementierungsprozess auf einer sachlichen und juristisch sauberen Ebene zu halten.

Oft nehme ich bei CIOs eine gewisse Zurückhaltung wahr, solche formellen Notizen an den Partner zu schicken. Seien Sie lieber mutig! Die Möglichkeit, bei Problemen aktiv zu werden, ist etwas, das beide Vertragsparteien vereinbart haben. Also nutzen Sie die Optionen, die Ihnen der Vertrag bietet! Tun Sie es nicht, verzichten Sie vielleicht unbeabsichtigt auf Ihre Rechte und signalisieren Ihrem Lieferanten - natürlich ebenso unbeabsichtigt - dass Sie es mit den vertraglichen Vereinbarungen nicht so genau nehmen.

Die richtige Botschaft an den Dienstleister wäre aber: "Ich schaue genau hin". Sie erwarten zu Recht, dass der Lieferant seinen vertraglichen Verpflichtungen nachkommt. Umgekehrt freut sich Ihr Partner wie ein Schneekönig darüber, dass Ihre Zahlungen genau zur vereinbarten Zeit auf seinem Konto sind.

Mark Grossman ist Fachanwalt für Informationstechnologie, Berater und Unterhändler bei Vertragsabschlüssen. Er ist Gründer der Grossman Law Group mit Niederlassungen in New York und Florida.

Dieser Artikel erschien bei cio.com.