Studie der FH-Koblenz

Miese Qualität bei Geschäftsprozessen

23.02.2012 von Andreas Schaffry
Unternehmen entwickeln und implementieren Geschäftsprozesse ohne ausreichendes Qualitätsmanagement. Langwierige und teure Nacharbeiten sind die Folge.
Viele Firmen haben bei der Prozessentwicklung die Qualität nicht im Griff. Umfangreiche Nachbesserungen sind die Folge.
Foto: FH-Koblenz

Eine Produktion ohne Qualitätssicherung ist heute nicht mehr denkbar. Dagegen steckt in vielen Unternehmen das Qualitätsmanagement bei der Entwicklung, Implementierung und Änderung von Geschäftsprozessen noch in den Kinderschuhen. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie "Qualität im Geschäftsprozessmanagement", die die Fachhochschule Koblenz mit der taraneon Process TestLab GmbH, einem Prüflabor für Geschäftsprozesse, durchführte.

Organisatorische und methodische Defizite

37 Prozent der 150 befragten Unternehmen gaben an, dass sie neu eingeführte Prozesse erheblich nachbearbeiten oder sogar grundlegend überarbeiten müssen. Auch wenn es bei neuen Prozessen immer Nachjustierungen gibt, deutet den Studienautoren zufolge der Umfang der Nacharbeiten auf erhebliche organisatorische und methodische Defizite während und nach der Projektphase hin. Oft sind Prozesse auch mangelhaft dokumentiert.

43 Prozent der Studienteilnehmer benötigen für die nachträgliche Beseitigung von Prozessmängeln und Fehlern zudem mehr als 15 Prozent der ursprünglichen Projektzeit. Das ist mit einem erheblichen finanziellen Zusatzaufwand verbunden, zudem lassen sich die neuen Prozesse erst verspätet in Betrieb nehmen.

Ein Fehler kostet 7500 Euro

Entdecken Firmen Prozessfehler erst im laufenden Betrieb, wird die Korrektur richtig teuer.
Foto: FH-Koblenz

Besonders brisant ist, dass die Firmen 31 Prozent der Fehler nach der Prozessentwicklung entdecken und 22 Prozent sogar erst im laufenden Betrieb. Laut Untersuchung liegen die Kosten für die Beseitigung eines Fehlers im laufenden Betrieb bei rund 7500 Euro. Dabei wären im Schnitt 43 Prozent der nachträglich festgestellten Prozessmängel vermeidbar gewesen, wie rund ein Drittel der Befragten einräumte.

Häufig sind bei Prozesskorrekturen im laufenden Betrieb im Rahmen von Change Requests auch nachträgliche Software-Änderungen nötig, durch die ungeplante Kosten im siebenstelligen Bereich entstehen können. Dass Prozessfehler erst im Betrieb entdeckt werden, dafür seien ein schlechtes Prozessdesign mit mangelhafter Qualitätssicherung, unzureichender Kommunikation und unübersichtlichen Ziel- und Entscheidungsstrukturen verantwortlich.

Mehr Qualität mit Prozessmanager

Nacharbeiten an neun Prozessen sind zeitaufwendig und verzögern deren Implementierung.
Foto: FH Koblenz

Ebenso gibt es einen eindeutigen Zusammenhang zwischen der organisatorischen Verantwortung für die Geschäftsprozesse und der Qualität der Prozess-Entwürfe. In Firmen, bei denen die Gesamtverantwortung für ein Prozessprojekt organisatorisch ein Prozessmanager übernimmt, gibt es nur in einem Viertel der Fälle größere Nacharbeiten. Hat ein fachlicher Projektleiter das Sagen, steigt dieser Wert auf 44 Prozent an. Völlig ungeeignet sind offenbar IT-Projektleiter. Übertragen Firmen diesen die Prozessverantwortung, müssen sie in 83 Prozent der Fälle mit wesentlichen Korrekturen rechnen.

Ebenso brauchen die Betriebe zu lange, um die von geänderten Marktanforderungen betroffenen Prozesse anzupassen und organisatorisch zu implementieren. Bei 57 Prozent der Befragten dauert das mehr als sieben Monate. Dabei krempeln 44 Prozent der Unternehmen ihre Prozesse mindestens einmal pro Jahr um, ein Viertel von diesen sogar mehr als viermal jährlich.

Dabei sind 63 Prozent der Firmen, die ihre Prozesse öfter als einmal pro Jahr ändern, erfolgreicher als andere Unternehmen ihrer Branche. Der Grund: Die hohe Änderungsfrequenz zwingt zu einer intensiveren Beschäftigung mit den Prozessen und führt zu höherer Prozesskompetenz.