Weniger Raubkopien in deutschen Firmen

Missbrauch bei Software-Lizenzen sinkt

01.06.2006 von Stefan Holler
Der Schaden durch Software-Piraterie in Deutschland ist erstmals seit Jahren zurückgegangen. Der Marktanteil von Raubkopien sank von 29 auf 27 Prozent. Der Schaden durch illegale Software ging auf 1,5 Milliarden Euro zurück. Dagegen stieg die Piraterierate in der Europäischen Union leicht auf 36 Prozent an, mit einem Schaden für die Software-Hersteller von etwa neuneinhalb Milliarden Euro. Zu diesem Ergebnis kommt die internationale Piraterie-Studie des Branchenverbandes Business Software Alliance (BSA).

In mehr als der Hälfte aller untersuchten Länder sind die Zahlen für die Software-Raubkopien rückläufig, in 27 weiteren blieben sie gleich. Vor allem in China und Russland wurden erstmals weniger illegale Kopien verbreitet als in der Vergangenheit: insgesamt ein Rückgang um vier Prozent. Allerdings gab es in den großen Märkten wie Westeuropa, USA und Japan keine Veränderung, zum Teil sogar einen leichten Anstieg.

"Software-Piraterie bleibt eine der großen Herausforderungen für die Weltwirtschaft", sagt Robert Holleyman, President und CEO der BSA. "Von Algerien bis Neuseeland, Kanada bis China, kosten Raubkopien die Regierungen Steuereinnahmen und Arbeitsplätze innerhalb der gesamten Technologie-Wertschöpfungskette. Sie schädigen die lokalen einheimischen Software-Industrien."

Dass die Software-Piraterie in Deutschland abgenommen hat, ist hauptsächlich auf zwei Ursachen zurückzuführen: Während die Zahl neuer PCs vergangenes Jahr unter dem internationalen Durchschnitt blieb, stieg auf der anderen Seite die Nachfrage nach legaler Software im gleichen Maße an. Georg Herrnleben, Director der Business Software Alliance für Zentraleuropa, fügt hinzu, dass die "konsequente Arbeit der Strafverfolgungsbehören, der BSA und ihrer Mitglieder" Wirkung zeige.

Ob Piraterie zu- oder abnimmt, ist laut dem BSA-Report letztlich ein Ergebnis aus mehreren Faktoren: Dabei spielen unter anderem die Aufklärungsarbeit, Strafverfolgung sowie die Tatsache eine Rolle, wie schwer oder leicht es neuen Usern fällt, Zugang zu illegal kopierter Software zu erhalten. Auch äußere Bedingungen wie geänderte politische Verhältnisse kommen zum Tragen. Um Software-Piraterie effektiv zu bekämpfen, ist ein Bündel an Maßnahmen notwendig: Das reicht von mehr Aufklärung, intensiverer Strafverfolgung bis hin zu einer besseren Anlagenwirtschaft für Firmen.

Mehr Internet-Nutzer = Mehr illegale Software-Kopien

Eine weitere Entwicklung verstärkt den Druck auf die Software-Industrie: Der Zustrom an neuen Usern in Wachstumsmärkte erhöht sich, während gleichzeitig Raubkopien in immer größerem Maße verfügbar sind - besonders über das Internet und Peer-to-Peer-Netzwerken. Nach Angaben des Marktforschungsunternehmens IDC wird allein die Zahl an neuen Internet-Nutzern aus China, Indien und Russland auf mehr als 100 Millionen ansteigen.

Um die ausufernde Software-Piraterie einzudämmen, schlägt die Studie fünf Maßnahmen vor. So führte die Weltorganisation für gewerblichen Schutz und Urheberrechte (WIPO) 1996 neue Urheberrechtsverträge ein, die eine bessere und effektivere Strafverfolgung gegen digitale Piraterie ermöglichen. Um die Vorgaben aus den WIPO-Urheberrechtsverträgen umzusetzen, sollten Staaten ihre nationalen Urheberrechts-Gesetze auf den aktuellen Stand bringen.

Ebenso müssten die Regierungen ihre Verpflichtungen aus dem Abkommen zu den gewerblichen Schutz- und Urheberrechten der Welthandels-Organisation (WHO) nachkommen: Und zwar, indem sie internationale Normen zum Urheberrechts-Schutz in nationales Recht umsetzen.

Ein weiteres Problem ist, dass Software-Piraterie immer noch als Bagatell-Delikt bestraft wird und daher keine abschreckende Wirkung besitzt. Darüber hinaus wird den Regierungen empfohlen, die Öffentlichkeit über die strafrechtlichen Folgen aufzuklären, die ein Verstoß gegen den Schutz des geistigen Eigentums haben kann. Als weitere mögliche Maßnahme sollten die Staaten durch die Einführung einer Software-Management-Politik der Privatwirtschaft ein Beispiel geben.

Die Pirateriestatistik wird jährlich im Auftrag der BSA von dem Marktforschungs-Unternehmen IDC erhoben. Sie vergleicht die geschätzte Software-Nutzung mit den tatsächlich legal verkauften Lizenzen und errechnet daraus die Menge der Raubkopien. Für die Studie wurden insgesamt 97 Länder auf den Anteil raubkopierter Software untersucht. Laut BSA sind die ermittelten Zahlen auf den gewerblichen Bereich übertragbar.