Als Dank noch mehr Arbeit

Mitarbeiter vermissen Anerkennung

07.06.2011 von Werner Kurzlechner
Viele Unternehmen scheinen den "War for Talent" noch nicht angenommen zu haben. Es fehlen Prozesse zur angemessenen Leistungsbewertung, wie eine Studie von Lumesse zeigt.

Zwar fühlen sich deutsche Angestellte mehrheitlich vom Arbeitgeber entsprechend ihrer Fähigkeiten und Begabungen eingesetzt. Allerdings fragen sich viele von ihnen, ob ihre Leistungen richtig bewertet werden. Und sie zeigen sich oftmals skeptisch und unwissend über Existenz, Sinn und Zweck von installierten Talentmanagement-Prozessen. Das ist das Ergebnis einer Studie des Talentmanagement Software-Spezialisten Lumesse GmbH, bis vor kurzem bekannt als StepStone Solutions.

„Auch in Deutschland haben viele Unternehmen massiven Verbesserungsbedarf in Sachen Leistungsbewertung“, kommentiert Carsten Busch, Geschäftsführer Deutschland bei Lumesse. „Durch den existierenden Fachkräftemangel gilt es für deutsche Firmen daher jetzt, sich der Thematik zu widmen, um wirklich gute Kräfte ans Unternehmen zu binden.“

Jede Menge aufzuholen gilt es dafür auch bei den internen Angeboten zur Karriere-Entwicklung. Nur ein Fünftel der Befragten vermag hier gute Bedingungen im eigenen Unternehmen zu erkennen. Das ändert allerdings nichts daran, dass sich die deutschen Angestellten in ihren Firmen weitgehend wohl fühlen. Die Hälfte denkt auch mittelfristig überhaupt nicht über einen Jobwechsel nach – sie will am liebsten auf unbestimmte Zeit im derzeitigen Unternehmen bleiben.

Überhaupt geben 84 Prozent an, gerne zur Arbeit zu gehen. Was sie dort am meisten vermissen, ist Anerkennung. Fast die Hälfte der Angestellten findet, dass besondere Anstrengungen und Zusatzarbeiten stärker gewürdigt werden sollten.

Lumesse befragte in der Bundesrepublik 400 Angestellte, die zu 80 Prozent in größeren Firmen mit mehr als 1000 Mitarbeitern tätig sind. Das ist allerdings nur ein Segment einer weit größer angelegten Studie. Weltweit wurden 4000 Angestellte um ihre Meinung gebeten, unter anderem in vielen westeuropäischen Ländern, den USA und China.

Demotivierendes Dilemma

Es lohnt sich nicht, zusätzliche Verantwortung zu übernehmen.
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Im internationalen Maßstab erscheinen die Ursachen für Unzufriedenheit ähnlich gelagert wie hierzulande. So wird weltweit nicht einmal ein Fünftel der Angestellten dafür belohnt, wenn sie zusätzliche Tätigkeiten und Verantwortung übernehmen. Als eigentliches Problem dahinter lauert ein demotivierendes Dilemma: Wer mehr leistet, bekommt als Dank dafür mehr Arbeit aufgebürdet – und zwar ohne Kompensation. Eine Anreizstruktur, die sich im anbahnenden Kampf um die besten Talente auf Sicht überholen dürfte.

Die Lumesse-Studie sieht hier ohnehin noch Nachholbedarf in den Personalabteilungen. Diese erscheinen längst noch nicht dafür gerüstet, viel versprechende Mitarbeiter ins Unternehmen zu holen und dort zu binden. „Lediglich die Hälfte der Unternehmen hat einen wirksamen Bewertungsprozess etabliert, obwohl gerade die besten Mitarbeiter heute professionelle Prozesse erwarten“, so Busch.

Im globalen Vergleich zeigen sich durchaus auffällige Unterschiede. Angestellten von US-Firmen etwa bezeichnen ihre Unternehmen sehr häufig als besonders erfolgreich bezeichnen, schwedische Angestellten halten sich da besonders stark zurück. Französische Angestellte sind besonders treue Mitarbeiter, während Angestellte in Singapur die größte Wechselbereitschaft zeigen.

Die größte Zufriedenheit mit dem eigenen Arbeitsplatz herrscht in Skandinavien, die größte Unzufriedenheit wiederum in Hong Kong. Chinesische Angestellte profitieren besonders vom wirtschaftlichen Aufstieg ihres Landes und können die größten Gehaltszuwächse verzeichnen.

Die Befragung weist ferner auf eine Karrierefalle hin, in der insbesondere Angestellte mittleren Alters stecken. Nach dem zumeist äußerst motivierten Berufsstart tut sich in dieser Phase gehäuft eine Sackgasse auf, in der erst nicht voranzugehen scheint. Ältere Mitarbeiter hingegen äußern sich wieder ähnlich zufrieden wie die Jungen.

Kluft zwischen Frauen und Männern

Zu den weiteren Erkenntnissen zählt, dass Gleichberechtigung am Arbeitsplatz in den meisten Ländern nach wie vor ein hehres Ziel ist. Insgesamt bestehen große Unterschiede zwischen den Geschlechtern in Sachen Gehaltserhöhung, Trainingsmöglichkeit und Zufriedenheit mit dem Arbeitsplatz.

Die Studie „Inspiring Talent Survey“ ist ab Juni bei Lumesse erhältlich.