HIS-Privatisierung offen

Nach Software-Debakel: Chef muss gehen

23.01.2012 von Johannes Klostermeier
Nachdem die HIS die Verbindung zur neuen Zulassungssoftware von T-Systems überraschend nicht hinbekommen hat, muss Geschäftsführer Martin Leitner gehen.
HIS-Geschäftsführer Professor Martin Leitner ist seit 2005 im Amt.
Foto: HIS

Neue Entwicklung im Streit um die Entwicklung einer Software-Plattform für die Zulassung von Studenten deutscher Hochschulen. CIO.de hatte in dem Artikel "Software-Murks geht weiter" zusammenfassend über die großen Probleme mit der Anbindung der T-Systems Plattform hochschulstart.de an die Altsysteme der Hochschul-Informations-System GmbH (HIS) in den Unis berichtet. Gesellschafter sind Bund und Länder; rund 80 Prozent aller deutschen Hochschulen benutzen die IT-Systeme HIS-GX der HIS für die gesamte Verwaltung von Studenten und der Finanzen.

Nun hat die Gesellschafterversammlung der HIS GmbH personelle Konsequenzen aus dem Debakel gezogen. Am Donnerstag, den 19. Januar, hat sie den HIS-Aufsichtsrat beauftragt, den HIS Geschäftsführer abzulösen. "Es ist geplant, in einer außerordentlichen Sitzung der Gesellschafter im Februar einen Nachfolger des derzeitigen Geschäftsführers Prof. Dr. Martin Leitner zu bestellen", heißt es dazu in einer Erklärung der HIS.

Berater sollen HIS evaluieren

Zudem hat das Gremium der HIS beschlossen, eine Unternehmensberatung mit einer "ergebnisoffenen Evaluation" der HIS Hochschul-IT zu beauftragen. Auch eine Privatisierung des Unternehmens ist offenbar noch nicht vom Tisch. Hierzu heißt es in der Erklärung. "Der im Vorfeld in der Presse diskutierte Weg einer möglichen Privatisierung der HIS Hochschul-IT ist eine Option unter mehreren."

Selbstverständlich, so stellt es die HIS noch einmal fest, habe es auch bereits bisher interessierten Hochschulen frei gestandenen, sich für Systeme anderer, privater Software-Anbieter zu entscheiden. Diese hätten jedoch das Gros der deutschen Hochschulen nicht vom Wechsel zu ihren Software-Lösungen überzeugen können, so die HIS.

Hauptkonkurrent ist die Hamburger Firma Datenlotsen, die etwa die Universitäten Hamburg und Mainz mit Campus-IT-Lösungen versorgt hat. Allerdings ist ein Wechsel zu einem anderen Anbieter für die Hochschulen extrem aufwändig und teuer

Privatisierung der HIS Hochschul-IT noch nicht vom Tisch

In der "Landeshauptstadt Hannover" sitzt die HIS im "Anzeiger-Hochhaus" in bester City-Lage.
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Offenbar waren es vor allem die Kanzler der Hochschulen, die vor der Gesellschafterversammlung darum baten, sich nicht zu schnell auf eine Privatisierung der HIS Hochschul-IT zu einigen, sondern die damit verbundenen Konsequenzen in Ruhe zu prüfen.

In ihrer Erklärung zur baldigen Bestellung eines neuen Geschäftsführers der HIS lobte sich das Unternehmen aus Hannover noch einmal ausführlich selbst: Neben der Expertise in den Feldern Hochschulforschung und -management würden die Fachleute der HIS ihre in über vier Jahrzehnten gewachsene Kompetenz in Sachen Hochschul-Management-Software den deutschen Hochschulen zu einem "hervorragenden Preis-Leistungs-Verhältnis" zur Verfügung stellen.

Nicht umsonst sei die HIS Hochschul-Software an rund 80 Prozent der deutschen Hochschulen im Einsatz und unterstütze auch alle diejenigen Hochschulen, denen der privatwirtschaftliche Markt an Hochschul-Software-Anbietern keine Alternative biete, schreibt die HIS.

Parteien gegen Privatisierung

Rückenwind bekommt die HIS im parlamentarischen Raum von der Bundestagsfraktion Bündnis 90 /Die Grünen und insbesondere von der Fraktion Die Linke. Ihre Abgeordneten stellten im Bildungsausschuss einen Antrag "Keine Teilprivatsisierung bei der Hochschulzulassung".

"Bundesregierung, Landesregierungen und Hochschulrektoren dürfen das Scheitern auch nicht dafür zum Vorwand nehmen, den kritischen öffentlichen Aufgabenbereich der softwaregestützten Umsetzung von Zulassungsverfahren und Campus-Management nun zunehmend zu privatisieren. Erstens ist das Nebeneinander verschiedener privater Anbieter eine neue Quelle von Inkompatibilitäten. Zweitens kann andererseits auch das Entstehen von Marktmacht mit der Folge von Preisdiktaten nicht ausgeschlossen werden. Drittens ist der Rückgriff auf private Anbieter auch aus Gründen des Datenschutzes zu verhindern", schreibt die Fraktion Die Linke in ihrem Antrag.

"Nur" 1,40 Euro pro Student pro Jahr an die HIS GmbH

Im vergangenen Jahr 2011 erhielt die HIS Hochschul-IT 3,3 Millionen Euro an institutioneller Förderung. Bei rund 2,4 Millionen Studierenden seien von Bund und Ländern pro Monat und einzelnem Studenten somit 11,5 Cent an die HIS GmbH geflossen. Im Jahr seien das pro Student rund 1,40 Euro, rechnet die HIS ihren Kritikern vor.