DIN 69901 schafft Transparenz in Abläufen

Neue Prozess-Norm fürs Projektmanagement

06.03.2009 von Nicolas Zeitler
Das Deutsche Institut für Normung (DIN) hat eine neue Richtlinie für Projektmanagement herausgegeben. Das Regelwerk ist stark an Prozessen ausgerichtet. Seine Anwendung soll Effizienz und Effektivität von Projekten steigern.

Für die Steuerung von Projekten gibt es neue Richtlinien. Das DIN hat die Norm 69901 veröffentlicht. Das Regelwerk fast die bisherigen Normen 69901 bis 69905 jetzt in einer fünfteiligen Norm zusammen. Kern der neuen Struktur ist laut dem Institut ein "Modell der Prozesse im Projektmanagementsystem".

Das Regelwerk soll sicherstellen, dass in Projekten die Ziele von Auftraggebern erfüllt werden, die Struktur von Vorhaben durchsichtig ist und die Beteiligten sich möglichst umfassend und zeitgerecht miteinander verständigen können. Die Norm soll außerdem eine systematische Überwachung von Projekten ermöglichen und zu einer hohen Qualität von Prozessen im Projektmanagement beitragen.

Die Beschreibung von Begriffen der alten Norm DIN 69901 war nicht mehr ausreichend, sagt Reinhard Wagner von Euro Engineering. Das Unternehmen hat an der neuen Norm mitgearbeitet, die die Prozessorientierung stärker in den Mittelpunkt rückt.
Foto: EE AG

DIN 69901 beschreibt laut den Verfassern der Norm ein "idealisiertes Projektmanagementsystem", das auf den einzelnen Fall anzupassen ist. Das System soll möglichst flexibel und universell einsetzbar sein. Weitere Kennzeichen sind Modularität und Kompatibilität: Das System besteht aus mehreren Subsystemen, die untereinander verbindbar sind. Außerdem soll die Norm Transparenz sicherstellen, indem sie Abläufe und Zusammenhänge aufzeigt. Weiteres Prinzip ist die Prävention: DIN 69901 will eine vorausschauende Arbeitsweise unterstützen, nicht das Prinzip Reaktion.

Die Norm setzt schon vor dem Vertragsabschluss in Projekten an. Sie regelt, wie das Projektmanagement zu informieren ist, und wie im weiteren Verlauf Projekt- und Vertragsmanagement zusammenarbeiten, vor allem wenn es zu Abweichungen vom Vertrag oder Nachforderungen kommt. Außerdem ist unter anderem festgelegt, wie Ziele eines Vorhabens gesetzt werden, wer daran zu beteiligen ist und welche Ressourcen für ein Projekt zur Verfügung gestellt werden müssen.

An der Norm mitgearbeitet hat der Entwicklungsdienstleister Euro Engineering AG mit Hauptsitz in Ulm. Reinhard Wagner, Fachbereichsleiter Consulting bei dem Unternehmen, ist auch für die Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement (GPM) tätig. Die GPM arbeitet seit langem mit dem DIN zusammen. An der DIN 69901 hat ein zehnköpfiges Team rund sechs Jahre gearbeitet.

Prozessorientierung als Verständigungshilfe

Als eine der wesentlichen Neuerungen der Projektmanagement-Norm bezeichnet Wagner deren Ausrichtung an Prozessen. Das Vorgänger-Regelwerk habe vor allem Begriffe rund ums Projektmanagement beschrieben. "Das hat nicht mehr ausgereicht", sagt der Dienstleistungsexperte.

Sichtbar geworden sei dies bei größeren Vorhaben, wenn etwa ein Automobilhersteller wie BMW ein Projekt mit 400 Zulieferern durchgeführt hat. "Jeder hatte seine Standards, teilweise auf Bereichsebene", berichtet Wagner. "Immer wieder gab es Hürden, weil die Beteiligten sich einfach nicht verstanden haben." Die neue Norm solle nun eine Verständigungshilfe sein.

59 Prozesse bilden Projektaktivitäten ab

Das Prozessmodell von DIN 69901 sei nicht fachlich-inhaltlicher Natur, sondern rein auf das Projektmanagement bezogen, erklärt Reinhard Wagner. Beschrieben sind 59 Prozesse, die wesentliche Aktivitäten in Projekten abbilden.

Dieser Aufbau macht den Fortgang eines Projekts laut Wagner synchronisierbar mit Vorgängen, die nebenher ablaufen, zum Beispiel mit dem Einkauf. An bestimmten Stellen im Ablauf vorgegebene sogenannte Meilensteine oder Quality Gates ermöglichten den Abgleich mit solchen Prozessen.

14 der in DIN 69901 definierten 59 Prozesse stellen den Kern der Norm dar, die übrigen sind je nach Anforderungen eines Vorhabens anzuwenden, wie Wagner erklärt. "Nicht alle Firmen werden die DIN eins zu eins umsetzen, ihnen bleibt auch viel Flexibilität."

Qualitätsmanagement mit ISO 9000

DIN 69901 sei stark an dem Qualitätsmanagement-Regelwerk ISO 9000 ausgerichtet, betont Wagner. Firmen mit ISO 9000-Zertifizierung könnten die Deutsche Industrienorm zum Projektmanagement problemlos übernehmen.

Einfließen werden die Ergebnisse der DIN 69901 in die Erarbeitung der internationalen Norm zum Projektmanagement ISO 21500, die den Titel "A Guide for Project Management" trägt. Sie soll 2012 erscheinen. Bisher gebe es weltweit völlig unterschiedliche Ansätze. Bei den Briten spielt Wagner zufolge die Governance eine große Rolle in der Steuerung von Projekten, während in den USA Formales stark im Vordergrund stehe und die Europäer den Fokus eher auf die Funktion des Projektmanagers legten. ISO 21500 soll die verschiedenen Herangehensweise auf einen Nenner bringen.