Gutachten befürchtet Schaden für Mittelstand und Open-Source-Bewegung

Neustart für EU-Software-Patent-Richtlinie

18.02.2005 von Dorothea Friedrich
Im Dauerstreit um die Patentierung von Software können die Gegner der ursprünglichen Richtlinie einen Teilerfolg verzeichnen. Am Donnerstag einigte sich dass EU-Parlament darauf, von der EU-Kommission einen neuen Entwurf für die umstrittene Richtlinie zu verlangen.

Ihren Entwurf für eine Software-Patent-Richtlinie kann die EU-Kommission zu den Akten legen.

Damit geht das Hickhack um die Patentierung von Software in eine weitere Runde. Wie berichtet, hatten etliche Parlamentarier des Rechtsausschusses gefordert, die umstrittene Vorlage der Brüsseler Beamten zu den Akten zu legen und eine völlig neue Diskussion zu beginnen.

Ziel der Richtlinie ist die Harmonisierung der Patentvergabe. Vor allem Vertreter der Open-Source-Bewegung fürchteten beim bisherigen Entwurf jedoch eine Flut von Trivialpatenten. Der Mittelstand hingegen sah sich bereits mit unbezahlbaren Lizenzgebühren konfrontiert.

Bedenken von Open-Source-Bewegung und Mittelstand

Auf diese Ängste geht auch ein Gutachten der Juristin Sandra Paulsson ein. Sie hat im Auftrag der EU ein Papier erarbeitet, das unter anderem amerikanische und europäische Patentsysteme miteinander vergleicht. Ihre Schlussfolgerung für die Patentierbarkeit "computerimplementierter Erfindungen" stellen den bisherigen Vorschlägen ein Armutszeugnis aus. Das Ziel, ein Gleichgewicht zwischen der Förderung von Innovationen auf der einen und deren Schutz auf der anderen Seite herzustellen, sei bis dato nicht erreicht worden, schreibt sie.

Deshalb sieht sie Nachteile für die Open-Source-Bewegung und den Mittelstand. Letzterem sei oftmals nicht einmal der Unterschied zwischen Copyright und Patenten klar, hat die Juristin festgestellt.

Die grundsätzliche Frage, ob Software mit dem Urheberrecht besser geschützt wäre als mit Patentierung, beantwortet Paulsson nicht eindeutig. In Deutschland gilt, dass Programme für Datenverarbeitungsanlagen nicht patentfähig sind. Ihre Erfinder können sich auf den Schutz geistigen Eigentums nach dem Urheberrechtsgesetz berufen. Und somit auch Lizenzgebühren verlangen.

Bundestag ist gegen Software-Patente

Ebenfalls am Donnerstag hat der Bundestag einstimmig einen interfraktionellen Antrag gegen Software-Patente verabschiedet. Danach soll die Technikdefinition des Bundesgerichtshofs (BGH) künftig auch als Maßstab für europäisches Recht gelten. Damit ist auch das Bundesjustizministerium unter Zugzwang geraten. Hatte es doch noch im Mai vergangenen Jahres den EU-Entwurf befürwortet.

Welche Auswirkungen eine nicht verabschiedete EU-Richtlinie haben kann, zeigte sich vor gut eineinhalb Jahren in München. Dort war die geplante Migration der städtischen IT auf Linux wegen der Furcht vor Rechtsstreitigkeiten vorübergehend gestoppt worden.

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