Schwerpunkt Mobile IT: WLAN-Nutzbarkeit

Öffentliches Ärgernis

01.12.2003 von Patrick Goltzsch
Nachdem die ersten enthusiastisch begrüßten öffentlichen WLAN-Projekte mit Bruchlandungen endeten, geht der Hype zurück. Viele ambitionierte Vorhaben stecken noch in den Kinderschuhen.

Der Bedarf an öffentlichen Funknetzen ist groß. Michael Zaddach, Leiter der Abteilung für Informatik und Kommunikation des Münchener Flughafens, hat allein für die letzten vier Monate durchschnittlich 250 Anmeldungen pro Tag im WLAN des Flughafens gezählt, "ein Wachstum von 15 bis 20 Prozent pro Monat". Da die Nutzung am Wochenende stark sinkt, schätzt Zaddach, dass vor allem Geschäftsreisende die Zugänge nutzen.

Um die Business-Kunden bemühen sich derzeit alle größeren Hotspot-Betreiber, denn "der klassische Geschäftsmann ist unser Kunde", sagt Manfred Buchholz, Vertriebsleiter bei M3-Connect, mit über 70 Zugangspunkten viertgrößter deutscher Betreiber. Die Großen der Branche rangeln vorwiegend um Hotels, Flughäfen und Tagungszentren.

"Momentan herrscht die Monopoly-Strategie vor - die guten Straßen werden besetzt", sagt Markus Schaffrin, Leiter des Arbeitskreises WLAN im Verband der Internetprovider Eco. So stattet Vodafone die Lufthansa-Lounges auf den Flughäfen aus, T-Mobile versorgt die Hotelkette Maritim, und zu den Kunden von Swisscom Eurospot zählt die Steigenberger-Gruppe. Daneben tummelt sich eine große Zahl kleinerer Anbieter und privater Initiativen.

Darin steckt ein Problem, denn es fehlt ein einheitliches Abrechnungsmodell. Swisscom Eurospot erlaubt das Bezahlen per Kreditkarte oder Handy-Rechnungen der Roaming-Partner O2, demnächst auch Debitel, andere Anbieter setzen auf Hotelrechnungen oder eigene Gutscheine. Das Pokerspiel um Marktanteile wird letztlich auf dem Rücken der Anwender ausgetragen, die sich mit einer Vielzahl von Nutzerkennungen und Passwörtern herumschlagen müssen.

Die Eco-Initiative "Greenspot" will nun aufräumen. "Den Nutzern stehen dann einheitliche Login-Daten zur Verfügung, Greenspot kümmert sich um die Abrechnung mit Providern und Betreibern", erklärt Schaffrin. Bislang sammelte Greenspot Erfahrungen im Probebetrieb. Das Geschäftsmodell soll noch in diesem Jahr vorgestellt, der Betrieb Anfang 2004 aufgenommen werden.

Doch die Initiative überzeugt nur einen Teil der Betreiber (darunter übrigens auch die Parteizentralen von SPD und CDU). "Es gibt zu viele Einflüsse auf Greenspot", kritisiert etwa Achim Möhrlein, CEO der Global Air Net AG aus München. Thorsten Wichmann, Geschäftsführer von Berlecon Research, führt die mangelnde Akzeptanz von Greenspot auf die Komplexität des Modells zurück, das Zugangsanbieter, Hotspot-Betreiber und Standorteigner unter einen Hut bringen will. Trotzdem hält er die Initiative "langfristig für sinnvoll."

Wer sich jedoch mit der Abrechnung herumplagen durfte, hat den entscheidenden Schritt bereits hinter sich: den Zugang zum weltweiten Netz zu finden. Vor dem Reiseantritt steht die Recherche: Bietet das Hotel einen Hotspot? Gibt es in der Stadt Ausweichmöglichkeiten? Diverse Verzeichnisse für Zugangspunkte weisen zwar, wie etwa der Branchendienst Portel.de, insgesamt 860 Zugangspunkte in Deutschland aus. Doch der Teufel steckt im Detail, WLAN wird zum öffentlichen Ägernis. So taugten die Zugänge in Hamburg bislang nur für Gelegenheitssurfer, da die Initiative Hamburg@Work nur den Zugriff auf Webseiten gestattet und die Abfrage des Postfachs einschränkt. Zum Jahresende jedoch soll der vollständige Zugriff auf Internet-Dienste möglich sein.

Dagegen sind AOL-Zugangspunkte auf absehbare Zeit nicht für die breite Öffentlichkeit bestimmt. "Der Service steht seit Juni für unsere Kunden zur Verfügung", so AOL-Sprecher Stefan Keuchel. Das heißt: Die Zugangssoftware von AOL muss installiert sein, um die bundesweit 150 Internet-Stationen in Kneipen und Cafes drahtlos nutzen zu können.

Hamburg@Work wie auch AOL zielen mit ihren Angeboten auf den Massenmarkt. Begünstigt werde die Entwicklung durch geringe Hardwarekosten, so Wichmann. Er räumt jedoch ein: "Die privaten Nutzer fehlen, da die Endgeräte noch nicht so verbreitet sind." Das hält Avantgardisten freilich nicht auf: Auf der Plattform freifunk.net diskutieren sie über die Vernetzung ganzer Wohnblocks und die Möglichkeiten, heimische Zugangspunkte zu Wohnblock- oder Straßennetzen zu verbinden.

Während Bastler sich im Fachsimpeln über die am besten geeigneten Antennen zur Vernetzung verlieren, stehen für Firmen andere Aspekte im Vordergrund. Sie beginnen bei der Auswahl der geeigneten Hardware. Zwar bringen neue Notebooks häufig eine WLAN-Ausstattung mit, doch ist fraglich, ob die Investitionen nicht besser in leicht austauschbare PCMCIA-Steckkarten fließen sollten. Denn die Technik entwickelt sich raschweiter. Der derzeit meistverbreitete Standard unter dem Kürzel 802.11b bietet Bandbreiten bis 11 MBit pro Sekunde. Der Nachfolger 802.11g ist bereits verabschiedet und stellt knapp das Fünffache an Übertragungskapazität zur Verfügung. Aus den Labors von Toshiba oder der Spezialisten von Airgo kommen bereits erste Chips, die schon die zehnfache Datenrate ermöglichen sollen. Ein Ende der Bandbreiten-Rallye ist nicht abzusehen.

Zwar ermöglichen die verschiedenen Standards bereits die Sicherung des Funkverkehrs. Doch die Verschlüsselungsmethoden erwiesen sich als unzulänglich und wurden geknackt. Um den Zugriff auf Unternehmensanwendungen von außen zu sichern, gelten daher virtuelle Privatnetze (VPN) als das beste Mittel. Mobilrechner und Zugangsserver zum Unternehmensnetz verständigen sich dabei auf eine Verschlüsselung, um die Verbindung abzusichern.

Hierfür stehen Open-Source-Produkte wie "Open VPN", "FreeS/Wan" oder "Astaro" zur Verfügung. Auch die "Sina-Box" vom Sicherheitsspezialisten Secunet, die das Auswärtige Amt zur Kommunikation mit den deuschen Botschaften in der ganzen Welt einsetzt, beruht auf einem speziell angepassten Linux-Betriebssystem. Da ein VPN unabhängig von der zugrunde liegenden Infrastruktur ist, kann es auch über Mobilfunkdienste wie GPRS oder das lang angekündigte UMTS verwendet werden.

Mit dem Zugriff von außen gehen allerdings auch Risiken einher, die in Vor-Hotspot-Zeiten nicht existierten. Zwar wird die Kommunikation mit dem Firmennetz verschlüsselt, doch das hilft letztlich wenig, wenn der Mitarbeiter-Laptop in der Hotellobby mit Würmern oder Viren infiziert wird, die dann über das VPN ins Netz des Unternehmens eindringen. Von ersten Anzeichen solcher Attacken berichtete der Branchendienst Unstrung - und schlägt auch gleich die Lösung vor: Vor dem Zugriff auf das Unternehmensnetzwerk müsse der reisende Laptop jedesmal vom Eingangsrechner überprüft werden.

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