E-Mail-Überwachung am Arbeitsplatz

Öffnen ohne Risiko

05.03.2007 von Marc Hilber
Unternehmen wissen nicht, ob sie private Mails der Mitarbeiter kontrollieren dürfen. Doch es gibt praxistaugliche Lösungen.

E-Mails von Arbeitnehmern zu überwachen stellt für Unternehmen einen juristischen Hindernislauf dar. Das Interesse an einer ordnungsgemäßen Unternehmensführung kollidiert mit der Privatsphäre – und das deutsche Recht bietet keine maßgeschneiderten Lösungen. Die meisten Arbeitgeber erlauben private E-Mails, um ein gutes Betriebsklima zu fördern. Damit überwachen Firmen allerdings unzulässig private Daten, was strafrechtliche Folgen haben kann. Doch das Risiko lässt sich minimieren.

Eine entscheidende Rolle spielt bei der Frage, ob und inwieweit E-Mails überwacht werden dürfen, ob es sich um private oder arbeitsbezogene Mails handelt. Bei arbeitsrelevanten Mails bestehen weiterreichende Überwachungsmöglichkeiten: Je genauer der Arbeitgeber zwischen privat und dienstlich differenziert, desto risikoloser kann er auf dem Grat zwischen Illegalität und optimaler Informationsausbeute wandern. Mit einer automatischen Trennung können Arbeitgeber dienstliche E-Mails überwachen. Sie laufen dann nicht Gefahr, auch auf die Daten von privaten E-Mails zuzugreifen.

Praktische Wege zur klaren Trennung zwischen rein privaten und arbeitsbezogenen E-Mails sehen so aus: Der Arbeitgeber gestattet private E-Mails nur über Web-basierte E-Mail-Dienste und verbietet, das EMail-System des Unternehmens privat zu nutzen. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dem Mitarbeiter eine zweite Mail-Adresse für die private Nutzung zuzuweisen. Zum gleichen Ergebnis führt die Erlaubnis privater Nutzung unter der Voraussetzung, dass die Arbeitnehmer einem Überwachungsprogramm zustimmen.

Private Nutzung verbieten

In der Praxis tolerieren die meisten Unternehmen die private Nutzung des unternehmenseigenen E-Mail-Systems. Das führt dazu, dass sie aus Gründen der „betrieblichen Übung“ erlaubt sind. Wer den privaten Gebrauch jedoch verbieten will, sollte die Arbeitnehmer ausdrücklich darüber informieren und alle Verstöße verfolgen. Wenn der Arbeitgeber private E-Mails zulässt, kann er dies widerrufen, falls er sich dieses Recht vorbehalten hatte. Alternativ kann er den Arbeitsvertrag teilweise kündigen, was einen berechtigten Grund voraussetzt. Oder er kündigt eine Betriebsvereinbarung, in der die private Nutzung geregelt wurde.

Die private Nutzung des Mail-Systems ist immer untersagt, wenn sie rechtswidrig ist (etwa pornographische oder rassistische Inhalte) oder wenn sie eindeutig den Interessen des Unternehmens zuwiderläuft. Ebenfalls verboten ist eine Nutzung, durch die der Arbeitnehmer seine vertraglichen Pflichten vernachlässigt. Insbesondere sollten private E-Mails nur außerhalb klar festgelegter Arbeitszeiten geschrieben werden.

Richtig überwachen

Die Überwachung aller E-Mails betrifft immer persönliche Daten. Daher muss sich der Arbeitgeber an das Datenschutzrecht halten. Vor dem Umgang mit persönlichen Daten muss er einen konkreten Zweck festlegen und so wenige Daten wie möglich zu diesem Zweck erheben. Schließlich muss er die Arbeitnehmer vom Umgang mit ihren persönlichen Daten informieren.

Für arbeitsbezogene E-Mails gelten nur die Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes. Danach ist die Überwachung arbeitsbezogener E-Mails zulässig, wenn dies für die Erfüllung des Arbeitsvertrages erforderlich ist oder es übergeordnete Interessen des Arbeitgebers rechtfertigen. Der Arbeitgeber kann demnach die Verbindungsdaten arbeitsbezogener E-Mails überwachen. Dazu gehören Angaben über Absender, Empfänger, Datum und Uhrzeit sowie Datenvolumen. Den Inhalt der E-Mails darf er jedoch nur eingeschränkt prüfen; insbesondere dürfen nicht systematisch alle E-Mails eines Arbeitnehmers überwacht werden, um dessen Leistung zu überprüfen. Arbeitsbezogene private E-Mails wie an den Ehegatten, dass man länger arbeiten muss, darf der Arbeitgeber nicht überwachen. Um dadurch nicht an der Überwachung aller arbeitsbezogenen E-Mails gehindert zu sein, muss der Arbeitgeber sicherstellen, dass die Daten solcher E-Mails aussortiert werden und nach ihrer Erkennung unbeachtet bleiben.

Die Überwachung des Inhalts privater E-Mails ist grundsätzlich verboten. Es dürfen nur Verbindungsdaten erhoben werden, wo es für die Rechnungsstellung, das Aufdecken und Beheben von Fehlfunktionen und rechtswidriger Nutzung sowie für die Erbringung der Telekommunikationsleistung erforderlich ist.

Mitarbeiter muss einwilligen

Eine weitere Erhebung von Daten, insbesondere vom Inhalt der E-Mails, bedarf einer wirksamen Einwilligung des Mitarbeiters. Obwohl die europäische „Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation“ und das Fernmeldegeheimnis dafür sprechen, dass der Arbeitgeber die Einwilligung von Sender und Empfänger einer privaten E-Mail benötigt, reicht Datenschutzbehörden die Einwilligung der Arbeitnehmer für eine angemessene Überwachung privater E-Mails aus.

Liegt keine Einwilligung vor, könnte neuerdings für eine zulässige Überwachung argumentiert werden, dass das Fernmeldegeheimnis nach Empfang der E-Mail keine Anwendung mehr findet. Aus einem aktuellen Urteil des Bundesverfassungsgerichts folgern Experten zu Recht, dass die Überwachung privater E-Mails, nachdem die betreffende E-Mail vom Arbeitnehmer gelesen wurde, nicht mehr unter das Fernmeldegeheimnis fällt. Diese Auffassung ist aber noch umstritten.