Jedes zweite Unternehmen will wieder mehr IT-Services in Europa einkaufen

Offshoring gerät aus der Mode

02.05.2007 von Christine Ulrich
Europäische IT-Dienstleister können aufatmen: Obwohl die IT-Ausgaben nur zögerlich wachsen, wollen Unternehmen ihre Services wieder zunehmend bei lokalen Anbietern einkaufen. 51 Prozent der IT-Manager planen, in den kommenden zwei Jahren ihre Ausgaben für einheimische Dienstleister zu erhöhen. Vor einem Jahr sagten das nur 35 Prozent. Zwar sind asiatische Unternehmen in puncto Preis immer noch unschlagbar, doch bei den meisten anderen Erfolgskriterien haben nach Einschätzung der IT-Verantwortlichen die Europäer die Nase vorn. Dies ergab eine Umfrage des Beratungshauses KPMG.

2007 wollen 53 Prozent der Unternehmen ihre IT-Ausgaben erhöhen - ein klein wenig (1,2 Prozentpunkte) mehr als im Vorjahr. Davon dürften am meisten die IT-Dienstleistungen profitieren - auch die europäischen, so die KPMG-Umfrage. Denn mehr als jeder zweite IT-Verantwortliche will seine Ausgaben für die regionalen Anbieter erhöhen, während es 2006 nur jeder dritte war.

Dabei spielt regionale Loyalität eine Rolle: Fast jeder neunte IT-Manager würde gern zumindest einige IT-Services von lokalen Anbietern beziehen. Doch auch klare Wettbewerbsvorteile sprechen offenbar dafür, Dienstleistungen seltener aus Asien und Nordamerika, sondern öfter vor der eigenen Haustür zu beziehen.

Der Preis ist nicht alles

Der größte Schwachpunkt ist und bleibt zwar, dass Dienstleistungen von europäischen IT-Anbietern zu viel kosten - vor allem, wenn Märkte außerhalb Europas erschlossen werden sollen. Fast 40 Prozent der IT-Manager halten die preisliche Wettbewerbsfähigkeit der europäischen IT-Anbieter für "mangelhaft" oder "unterdurchschnittlich" - womit sich die Einschätzung verschlechtert hat: 2005 sagten das nur 31 Prozent. Zudem glauben die meisten IT-Manager, dass sich die Preissituation noch verschärft.

Doch der Preis ist nicht alles. Bei Kundennähe, Qualität, Service und technischer Leistungsfähigkeit der Produkte liegen nach Ansicht der IT-Manager europäische Anbieter vorne. 42 Prozent sagen, dass die Europäer im Vergleich zum Vorjahr technisch versierter geworden sind. 39 Prozent finden, dass sie ihr Angebot zunehmend besser auf die regionalen Kundenbedürfnisse abstellen. Und mehr als die Hälfte glauben, dass Europäer bei der Einführung von Innovationen große Fortschritte machen: 47 Prozent schätzen die europäische Innovationstätigkeit als "durchschnittlich" ein und ein Drittel als "überdurchschnittlich".

Nicht zu unterschätzen ist offenbar auch der kulturelle Faktor. Fast jeder dritte IT-Manager (29 Prozent) berichtet von enttäuschenden Erfahrungen mit asiatischen Dienstleistern. Unternehmen erleben es immer häufiger, dass eine Auslagerung ins Ausland zwei Seiten hat: Was sie an Kosten sparen, wird durch Koordinationsprobleme oft zunichte gemacht. Zudem ist es zeitlich und inhaltlich aufwändiger, mit Kundenbeschwerden umzugehen, als wenn der Dienstleister in Europa sitzt. Weniger als ein Drittel plant, künftig mehr für IT-Dienstleistungen aus Asien auszugeben.

Die größte Gefahr: der Mangel an Fachkräften

Fazit von Bruno Wallraf, Electronics-Leiter bei KPMG: Die europäischen IT-Dienstleister müssen vor allem in puncto Innovation und Service wettbewerbsfähig bleiben, weil dem Kunden die Leistung letztlich wichtiger ist als der Preis. Allerdings drohe in Europa ein Mangel an Fachkräften. Darum sei die Politik gefordert, dringend in die IT-Ausbildung sowie in Forschung und Entwicklung zu investieren. Der Wettbewerbsvorteil europäischer IT-Anbieter hänge wesentlich davon ab.

Für die Studie wurden mehr als 100 IT-Verantwortliche aus mehr als 20 europäischen Ländern befragt.