E-Mail, Workflow und digitale Akte

Ohne Prozesse kein Erfolg

29.03.2010 von Thomas Pelkmann
Beim Enterprise Content Management werden Funktionen mit Prozesscharakter für Anwender wichtiger. Schlechte Anforderungsanalysen und Kosten-Nutzen-Rechnungen gefährden ECM-Projekte allerdings nach wie vor.

Rund neun von zehn deutschen Unternehmen setzen ECM-Techniken für die Archivierung von Daten ein. Das Thema Enterprise Content Management nimmt dabei weiter an Bedeutung zu, wie eine Studie von d.velop aus dem vergangenen Jahr zeigt: Von 17 Prozent der Befragten wird ECM den drei wichtigsten und von weiteren 51 Prozent den fünf wichtigsten IT-Themen zugeordnet.

Das Vorhalten und Einbinden von Informationen in Geschäftsprozesse kann einen echten Mehrwert bringen. „Insbesondere die Informationsbereitstellung“, so Barc in seiner ECM-Studie, „kann verbessert und damit der schnellere Zugriff auf Informationen durch die Mitarbeiter durch den Einsatz eines ECM-Systems ermöglicht werden“.

Barc hat Ende vergangenen Jahres 258 deutsche Anwender von ECM-Systemen quer durch unterschiedliche Branchen und Unternehmensgrößen nach ihren Erfahrungen befragt. Nicht alle der von Barc befragten Anwender arbeiten bereits mit einem ECM-System: Ganze 45 Prozent haben bereits eins im Einsatz oder lösen ihr Altsystem gerade ab. Die übrigen Interviewpartner sind momentan „in ein ECM-Auswahlprojekt eingebunden“.

Dafür führen die meisten direkte Gespräche mit den Anbietern (85 Prozent) oder nutzen Fachmessen (67 Prozent). Barc hält das prinzipiell für einen guten Weg, kritisiert aber die Schieflage solcher Aktivitäten: „Eine neutrale Vergleichbarkeit ist dabei ebenso wenig gegeben wie die Garantie, dass die Anforderungen des Kunden berücksichtigt werden.“

Erfolgreiche ECM-Projekte brauchen klare Ziele

Grundlage eines erfolgreichen ECM-Projekts seien klare Zieldefinitionen und strukturierte Anforderungen, so Barc. Anbieterneutrale Informationsquellen und das Hinzuziehen von Beratern seien dabei hilfreich, um sich über die eigenen Rahmenbedingungen und Anforderungen klar zu werden.

Immer noch gibt es im ECM-Markt wenig Angebote für Kleinunternehmen; um den Mittelstand bemüht sich dagegen die ganze Branche, insbesondere auch die Big Player mit speziellen Angeboten. Um dabei auch Individualität, Regionalität und Kundennähe gewährleisten zu können, arbeiten viele der großen Anbieter mit Partnern zusammen.

Nach den Einsatzgebieten ihrer ECM-Lösung befragt, nennen 93 Prozent der Befragten das Archivieren von Dokumenten, weitere 92 Prozent (Mehrfachnennungen waren möglich) die Verbesserung der Recherche und die Erfassung elektronischer Dokumente (90 Prozent). Auf die Integration von ECM ins E-Mail-System setzen 85 Prozent.

Weniger im Fokus der Anwender stehen Postein- (53 Prozent) und Rechnungsausgangsbearbeitung (46 Prozent) sowie das Output Management (35 Prozent). Diese Funktionen werden vor allem von großen Unternehmen gewünscht; bei Firmen bis zehn Millionen Euro Jahresumsatz spielen diese Funktionen nur eine untergeordnete Rolle.

Zwar wachse die Bedeutung eines automatisierten Input-Managements bei allen Befragten, analysiert Barc. Entscheidend für den Einsatz sei aber die Antwort auf die Frage, wie viele Dokumente verarbeitet werden müssen und wie komplex die dahinter stehenden Verteilungs- und Freigabeprozesse seien. Insofern sind die mäßigen Quoten dieser Einsatzszenarien nur bedingt als Problem zu sehen.

Wichtiger als die reinen Zahlen sind die Tendenzen, die Barc in der Umfrage identifiziert hat: „Funktionen mit Prozesscharakter und zur Informationsverwaltung rücken stärker in das Bewusstsein der Anwender“, heißt es in der Studie. Dazu gehören die Integration in das E-Mail-System, Workflow-Anwendungen sowie die digitale Akte.

Collaboration-Funktionen von ECM bekommen gute Noten

Ebenfalls gut bewertet werden Collaboration-Funktionen, die von 50 Prozent der Befragten als wichtig oder sehr wichtig eingeschätzt werden. Dies zeige, so Barc, „dass das Thema Web 2.0 oder Enterprise 2.0 langsam in den Unternehmen Einzug hält und besser wahrgenommen wird“.

Bei mehr als der Hälfte (54 Prozent der Mehrfachnennungen) ist die IT-Abteilung Treiber der ECM-Projekte. Zu je einem Drittel sind die Fachbereiche und das obere Management der Motor für die Einführung. Die Projekterfahrung zeige, relativiert Barc, die Innovationskraft der IT-Abteilungen, dass ECM-Projekte vor allem aufgrund von Speicherplatzproblemen, unzureichendem Zugriffsschutz oder aus Compliance-Gründen vorangetrieben würden.

Wenn der Fachbereich auf ECM drängt, steht dagegen die Funktionalität im Fokus. Dazu zählen die Verbesserung der Prozesssteuerung sowie die Unterstützung der Mitarbeiter bei Recherche und Zusammenarbeit. Positiv bewertet Barc, dass Fachbereiche und oberes Management eine immer stärkere Rolle in ECM-Projekten spielen: „ECM ist kein reines IT-Thema“.

Die meisten ECM-Systeme verfügen Barc zufolge über alternative Frontends wie Desktop- oder Webclients sowie über Schnittstellen zu Drittsystemen wie Office-Suiten, ERP-Systeme, Portale oder CRM-Lösungen. Der Fokus, so Barc, verschiebe sich dabei weg von Desktop- und hin zu Webclients. Viele Hersteller hätten das erkannt und weiteten den Funktionsumfang ihrer Webclients deutlich aus, so dass die Unterschiede beider Frontends zunehmend identisch würden.

Nach den Zielen ihrer ECM-Projekte befragt, geben die Anwender am häufigsten Benutzerfreundlichkeit, gute Integration in die IT-Landschaft und bessere Informationsqualität an. Diese Ziele sehen die meisten der Befragten in den realisierten Projekten zumindest „zum großen Teil“ als erreicht an. Das, so Barc, bestätige, „dass der Einsatz eines ECM-Systems in Unternehmen Verbesserungen auslösen kann und diese von den Anwendern auch wahrgenommen werden“.

Entsprechend positiv fallen die Bewertungen von EMC-Systemen aus: „Sehr zufrieden“ äußerten sich 32 Prozent, „zufrieden“ mehr als 50 Prozent. Das, so Barc, beziehe sich aber weniger auf die Projektphase, sondern „ausschließlich auf das eingesetzte Produkt“.

Probleme mit ECM gibt es ausschließlich in der Projektphase

In Vorbereitung und Einführung von ECM-Systemen gebe es dagegen viel Unzufriedenheit und Probleme. Am häufigsten werden hier „unvollständige Anforderungsanalysen“ und „unklare Kosten-Nutzen-Rechnung“ genannt. Wer hier unsauber arbeite, so Barc, riskiere längere Projektlaufzeiten, höhere Kosten und im schlimmsten Fall mangelnde Akzeptanz bei den Anwendern. Das könne in letzter Konsequenz zum Scheitern des Projektes führen. Die Empfehlung von Barc: „eine umfassende Analyse der Anforderungen und Prozesse (...) und ein neutraler Berater mit Erfahrung und Know-how im ECM-Bereich“.