Neckermann.de

Online soll es bringen

10.10.2008 von Riem Sarsam
Mit dem Verkauf an einen Finanzinvestor beginnt eine neue Ära bei Neckermannn.de. Die gewünschte Fokussierung auf das Kerngeschäft schlägt sich auch in der IT nieder. CIO Jörg Heistermann arbeitet an einer neuen Systemstruktur.

Es geht nicht nur um schwarze Zahlen. Zu dem Anfang Juli präsentierten Effizienzprogramm der Neckermann-Gruppe zählt auch der Abschied von dem, was nicht Kerngeschäft ist. Und das Kerngeschäft, so ein Unternehmenssprecher, das ist der Versandhandel. Alles, was damit zusammenhängt, etwa Waren einkaufen, Kataloge erstellen oder E-Commerce ausbauen, bleibt also in der Hand der Frankfurter.

IT-Services hingegen nicht. Sie komplett an Atos Origin auszulagern gehört zu dem Maßnahmenpaket, das der Konzern unter dem Label "Neckermann 2010" geschnürt hat. Für zunächst acht Jahre übernimmt Atos die komplette Datenverarbeitung für alle Unternehmen des Konzerns. Der Vertrag gilt als wichtiger Baustein der jüngst beschlossenen Restrukturierung.

Die Neckermann.de GmbH erzielte im vergangenen Jahr einen Umsatz von 1,4 Milliarden Euro, das Unternehmen beschäftigt inklusive Tochtergesellschaften in zehn Ländern rund 5.000 Mitarbeiter - davon 3.500 in Deutschland. Seit Anfang dieses Jahres gehört der Versandhändler zu 51 Prozent Sun Capital, Inc., einer in Florida ansässigen Investmentgesellschaft.

Unter der Ägide des neuen Besitzers haben die Beteiligten nicht nur das Outsourcing der IT beschlossen. Es fiel auch die Entscheidung, die Hard- und Software-Struktur des Unternehmens umzubauen. "Unsere IT-Landschaft ist traditionsgemäß sehr host-lastig", erklärt Jörg Heistermann, CIO von Neckermann.de. Für das klassische Kataloggeschäft, mit dem Neckermann groß geworden ist, war dies die durchaus passende Technik. Doch den Anforderungen von immer schneller drehenden Zyklen im Handel und einem steigenden E-Commerce-Geschäft ist sie nicht gewachsen. Heistermann stellt jetzt Bereiche auf Client/Server-Technik um.

Neue IT-Fähigkeiten gefragt

Verkaufsfördernde Web-Lounge: Seit Juni 2008 verbindet Neckermann.de seine Kundengemeinde mit dem Online-Shop.

Die Kataloge sterben nicht aus - im Gegenteil: Sie ergänzen das Online-Geschäft. Und dahin verlagert sich auch der Schwerpunkt von Neckermann.de. Mit einem prognostizierten Wachstum von 20 Prozent pro Jahr liegt hier der Umsatztreiber. Und damit sind andere IT-Fähigkeiten gefragt. "Wir brauchen kürzere Reaktionszeiten, mehr Flexibilität, und eine stärkere Einbindung der Kundendaten in die Systeme", so Heistermann. Er ist seit Mitte 2007 im Konzern und seit Anfang dieses Jahres außerdem Geschäftsführer des Callcenters der Neckermann-Gruppe. Sukzessive arbeitet seine Mannschaft nun daran, die gesteckten Unternehmensziele mit den passenden Systemen zu unterstützen. Der Versandhändler hat sich zum Ziel gesetzt, den Anteil des Online-Business von 50 auf 70 Prozent zu steigern.

Seit vergangenem Jahr widmet sich die IT beispielsweise dem Stammdaten-Management auf Basis von SAP-Software. Hier will Heistermann einen zentralen Pool schaffen. Dieser soll künftig sämtliche Produktdaten vorhalten, sowohl jene, die für die Katalogerstellung gebraucht werden, als auch jene, die für das E-Commerce wesentlich sind. "In dem Pool speichern wir also nicht nur rein technische Daten, sondern auch die mittlerweile unerlässlichen Videos oder Fotos."

Auch organisatorisch wird sich in der IT einiges ändern. Die Tätigkeiten der zurzeit knapp 100 Mitarbeiter sehen künftig anders aus.

Daten-Pool für Katalog und Internet

Gefragt sind jetzt mehr Finanzwissen und Branchen-Know-how, auch die Beschäftigung mit SLAs und Vertragsrecht wird auf der Tagesordnung stehen.

Fakten zur Neckermann.de-Gruppe.

Die Kompetenzen sind da, ist Heistermann überzeugt: "Wir haben ein kleines, aber feines Team", sagt er. Groß genug, um außerdem den Betrieb vor Ort zu unterstützen sowie IT-Projekte zu betreuen. "Die Kollegen werden die Verbindung zwischen Atos Origin und dem Unternehmen sein." Sie kennen beide Perspektiven und können so zwischen Business und IT übersetzen.

Unter deren Ägide wurde auch Anfang Juli „Neckermann 2010“ angekündigt. In puncto IT bedeutet dies letztlich, schon früher erste Ergebnisse vorweisen zu müssen. Für Heistermann eine machbare Herausforderung. Er plant, Ende dieses Jahres den ersten Teil des Stammdatenprojekts abzuschließen. Dann geht es Schritt für Schritt weiter. "Es ist ein großes Projekt, ein komplexes Vorhaben", konstatiert der Neckermann.de-CIO. "Und es macht Spaß."