Wie Coop und Tesco

Otto will Lebensmittel im Web verkaufen

30.06.2010 von Hartmut  Wiehr
In anderen Ländern längst üblich, aber nicht in Deutschland: der Lebensmittelverkauf über das Web oder Mobiltelefone. Der Otto-Konzern hat nun signalisiert, dafür nach einem Partner aus dem Lebensmittel-Einzelhandel zu suchen.
Otto-Chef Hans-Otto Schrader sucht einen Partner für den Lebensmittelversand über das Internet. (Foto: Otto Group)

Wie Otto-Chef Hans-Otto Schrader in einem Interview mit der Lebensmittel Zeitung sagte, mache Tesco "ein großartiges Geschäft“. Mit dem richtigen Konzept gehe das auch in Deutschland. Um dem Vorbild Tesco nachzueifern, suche man jetzt einen leistungsstarken, national aufgestellten Partner aus dem Lebensmittel-Einzelhandel.

Ein ähnlicher Versuch war laut Computerwoche vor einigen Jahren schon einmal gescheitert. Die Vermarktung von Lebensmitteln über das Internet gilt als schwierig, weil der Handel hier Zusatzleistungen für eine bestimmte Kundengruppe anbieten muss. Während in Deutschland inzwischen rund 33 Millionen Menschen jährlich für 15,5 Milliarden Euro Waren im Internet bestellen, fristen deshalb Lebensmittel hier ein Schattendasein. Der online erzielte Umsatzanteil erreicht an dem 150 Milliarden Euro großen Lebensmittel-Markt gerade einmal 0,5 Prozent und beschränkt sich im wesentlichen auf Spezialitäten und Delikatessen.

Das eigentliche Geschäft mit der Web-Bestellung und der Auslieferung bis an die Haus- oder Wohnungstür liegt hierzulande brach. Dies könnte auch damit zusammenhängen, dass die Deutschen nur zum Teil bereit sind, für Lebensmittel etwas mehr auszugeben. In keinem anderen europäischen Land haben die Discounter wie Aldi, Lidl und andere eine so große Verbreitung gefunden – und das hauptsächlich wegen der Billigpreise und Sonderaktionen.

Allerdings gibt es auch erste Gegenbeispiele, wie die Simmel-Märkte innerhalb der Edeka-Kette oder Rewe City zeigen: ein breites Angebot an höherwertigen Lebensmitteln, die ihren Preis haben. Der zusätzliche Aufwand beim Lebensmittelversand hat ebenfalls seinen Preis, noch dazu, wenn die Auslieferung möglichst garantiert und zeitnah zur Bestellung erfolgen soll. Auf Händlerseite erfordert dies ein eigenes oder angemietetes Netz von Lieferwagen und Personal, die eine bestimmte Region abdecken können.

Coop: Online oder mit dem iPhone bestellen

Wie das Beispiel von Coop in der Schweiz zeigt, funktioniert sogar ein kombiniertes Modell aus Online-Shop und Bestellmöglichkeit über das iPhone. Dieses Smartphone ist in der Schweiz Marktführer. Viele berufstätige Mütter, die ihre karge Freizeit nicht in der Schlange beim Einzelhandel verbringen wollen, ziehen es deshalb vor, ihre Bestellzettel direkt elektronisch an Coop zu verschicken. Eine von Coop entwickelte iPhone-App erleichtert wiederholte Bestellvorgänge, indem man auf frühere Einkäufe zurückgreifen kann. (Siehe den CIO-Artikel "Einkaufzettel mit dem iPhone verschicken“.)

Umfragen bescheinigen immer wieder ein hohes Verbraucherinteresse am Online-Einkauf von Lebensmitteln auch in Deutschland. Doch der Handel hält sich bisher zurück oder engagiert sich höchstens bei dem Verkauf von Nonfood-Artikeln, die sichere Margen versprechen.

Schrader vom Otto-Konzern glaubt, aus den Fehlern früherer Anläufe gelernt zu haben. Sein Fazit lautet: "Den meisten Ansätzen fehlt die nötige Marketing-Power. Die hätten wir."