Fehlerhafte Kosten-Nutzen-Analyse

Outsourcing-Projekte werden oft zu Verlustbringern

05.11.2004 von Detlef Scholz
Drei Viertel aller US-amerikanischen und europäischen Unternehmen nutzen derzeit Outsourcing und wollen auch in den kommenden ein bis zwei Jahren dabei bleiben. Doch nicht einmal die Hälfte von ihnen betrachtet Outsourcing als Kosten sparend. Das deckt das aktuelle "Management Barometer" von Pricewaterhousecoopers (PWC) auf.

72 Prozent der europäischen multinationalen Konzerne haben in den vergangenen beiden Jahren Funktionen aus dem Finanzbereich ausgelagert. In den USA beträgt dieser Satz 77 Prozent. Etwa ebenso viele Unternehmen wollen auch den nächsten beiden Jahren externe Services in Anspruch nehmen. Der produzierende Sektor ist mit 80 Prozent auslagerungsfreudiger als Dienstleistungsunternehmen (63 Prozent).

Knapp 30 Prozent der amerikanischen und europäischen Unternehmen erwarten, dass sie die Nutzung externer Dienstleister für Finanzaufgaben ausweiten werden. Die Ausgaben dafür werden um 16 Prozent steigen.

Unternehmen, die aus Kostengründen Aufgaben außer Haus bringen wollen, sollten laut PWC eine umfassende Machbarkeitsstudie durchführen. Eine genaue Kosten-Nutzen-Analyse kann helfen, den möglichen Return on Investment (ROI) besser zu verstehen. Viele Firmen, die finanzielle Funktionen ausgelagert haben, müssen nachher erfahren, dass sich kein Kostenvorteil einstellt.

Nach Ansicht der meisten Unternehmen, die den ROI durch das Outsourcing nur schlecht bestimmen können, hätte sich eine anfängliche Kosten-Nutzen-Analyse positiv ausgewirkt. 54 Prozent der europäischen Firmen haben den ROI nach eigenen Angaben für die komplette Zeitspanne richtig ermittelt. Ein knappes Viertel der Firmen sagt, dass sie den ROI nur für eine bestimmte Zeit korrekt geschätzt haben. Sieben Prozent hatten ihn nur selten errechnet. Bei den Amerikanern hat nur ein Drittel den ROI die ganze Zeit korrekt ermittelt, der Rest der Firmen nur zeitweilig oder nur selten.

Der "Big Deal" ist sehr selten

Gemäß der Umfrage sieht ein knappes Drittel der Unternehmen geringe bis sehr kleine Vorteile durch Outsourcing. Knapp zehn Prozent haben das Gefühl, dass sie den "break even" (Kosten und Nutzen decken sich) erreichen. Vier Prozent befürchten, dass sie Geld durch das Outsourcing verlieren, auf der anderen Seite aber auch Vorteile dadurch erzielen. 44 Prozent der amerikanischen und europäischen CFOs spricht von einer bescheidenen Einsparung. Von einem großen Geschäft ("big deal") ist nur bei drei Prozent der verlagernden Firmen die Rede.

Amerikanische und europäische CEOs stimmen darin überein, dass Outsourcing wichtig für das Wachstum des Unternehmens ist. Allerdings sind sie bezüglich der Effektivität geteilter Meinung. 38 Prozent der Europäer berichten, dass der Nutzen des Outsourcing größer ist als zuvor erwartet worden war. Für 46 Prozent sind erwarteter und tatsächlicher Nutzen etwa deckungsgleich. Nur bei acht Prozent bleiben die Erwartungen hinter der Realität zurück. Dagegen ist jede zehnte US-Firma enttäuscht. Bei 60 Prozent halten sich Nutzen und Erwartung die Waage, während jeder fünfte Konzern angenehm von den Vorteilen durch Outsourcing überrascht wurde.

Amerikanische und europäische CFOs haben unterschiedliche Auffassungen in Bezug auf die Art der auszulagernden Finanzaufgaben. Europäer lagern beispielsweise das Abwickeln von Sozialleistungen und Schadensfällen weitaus seltener aus als Amerikaner. In den USA sind die beiden am häufigsten ausgelagerten Funktionen Gehaltswesen/Buchführung (drei Viertel) und Sozialleistungen/Schadensabwicklung (70 Prozent). In Europa werden dagegen die Bereiche IT (70 Prozent), Steuern (60 Prozent) und Gehaltsabrechnungen/Rechnungswesen am häufigsten verlagert.

Europäer favorisieren IT-Outsourcing

Insgesamt ist der externe IT-Support in Europa stärker verbreitet als in Amerika. Hier sind generell die Bereiche Buchführung und Personal (HR, human ressources) stärker vom Outsourcing betroffen. Die europäischen Unternehmen machen viel seltener Gebrauch von allen anderen Outsourcing-Services wie Gehaltsabrechnung, Rechnungswesen, Sozialleitungen, internen Betriebsprüfungen oder Risikomanagement.

Uneinig sind sich die europäischen und amerikanischen CFOs auch darüber, welche ausgelagerten Finanzaufgaben zum größten Nutzen geführt haben. Die meisten Europäer stufen folgende Attribute der Outsourcing-Partner als "sehr effizient" ein: Sicherheit/Geheimhaltung; Pünktlichkeit; Beratungskompetenz; Kontrolle; Kompatibilität der IT-Systeme. Nur 40 Prozent bezeichnen allerdings die Kosteneinsparungen als "sehr effizient", 38 Prozent sehen sie mit gemischten Gefühlen, knapp jeder zehnte CFO urteilt mit "weniger effektiv".

Für die US-CFOs sind dagegen die Outsourcing-Partner in punkto Sicherheit/Geheimhaltung, Kontrolle, Pünktlichkeit und Einhaltung von Vorschriften "sehr effizient". Die Qualität des Outsourcing insgesamt und die Kosteneinsparungen erhalten hingegen durchgehend gemischte Bewertungen.

Das "Management Barometer" basiert auf einer Umfrage im dritten Jahresquartal 2004 unter 127 europäischen und 151 amerikanischen CFOs.

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