Analysten-Kolumne

Outsourcing und Zufriedenheit - warum nicht beides?

10.09.2008 von Lutz Peichert und Wolfgang Benkel
Flexibilität beginnt im Outsourcing schon mit dem Design. Deswegen muss die IT möglichst früh mit der Planung und Diskussion über Flexibilität in der IT beginnen - weit vor der Outsourcing-Entscheidung. Dazu gehören Preismodelle, Beschreibung der Dienstleistungen sowie Prozess- und Organisationsstruktur beim Anwender und Dienstleister.
Wolfgang Benkel, Principal Consultant bei Forrester Research.

Nach einer Untersuchung von Forrester Research waren mehr als ein Viertel der befragten Unternehmen unzufrieden mit ihren externen Dienstleistern: Sie reagieren nicht schnell genug auf veränderte Geschäftsanforderungen und zeigten keine Flexibilität bei Preis-, Mengen- oder Inhaltsveränderungen ihrer Dienstleistungen.

Die Hauptprobleme traten besonders bei komplexeren Verträgen auf wie "Multi-Service"-Verträgen mit einer Laufzeit von mehr als fünf Jahren. Auch die Auslagerung von ganzen oder Teil-Geschäftsprozessen im Rahmen eines Business Process Outsourcing (BPO) brachten Probleme mit sich.

Allerdings sehen 40 Prozent bis 56 Prozent der Befragten die Ursachen bei falschen und mangelhaften internen Maßnahmen wie fehlende Vertragsflexibilität, ein nicht eingerichtetes Vendor Management Office oder falsch gesetzte Anforderung bereits im RFP (Request for Proposals). Weit weniger der Befragten (unter 40 Prozent) sehen hier ein Versagen auf Seiten des externen Dienstleisters.

Was Flexibilität heißt und wie man sie im Outsourcing-Vertrag berücksichtigt

Die meisten Unternehmen müssen heutzutage am Markt flexibel agieren. Durch die Globalisierung wird dieser Trend noch zunehmen. Dabei sind "höhere Qualität", "schnellere Umsetzung neuer Technologien" oder "Kosten günstigeres Produzieren" Anforderungen, die bedingt durch den zunehmenden Wettbewerb immer mehr in den Vordergrund treten und die Unternehmen dazu veranlassen, sich stärker auf Flexibilität in den internen Unternehmensabläufen zu konzentrieren.

Drive flexibility across the sourcing life cycle.

Begriffe wie Wachstum und Schrumpfung, "Mergers & Acquisitions" und "Spin Offs", Business-Diversifikationen und / oder Innovationen sind weitere Beispiele, die den Fokus auf die Flexibilität erhöhen.

IT als eine der bedeutenden Unternehmensfunktionen zur Unterstützung und Bereitstellung von Geschäftsprozessen muss diese veränderten Geschäftsanforderungen möglichst schnell umsetzen und optimal unterstützen können. Speziell im Falle von extern betriebenen IT-Dienstleistungen muss diese Flexibilität möglichst früh, also bereits im Outsourcing-Vertrag, Berücksichtigung finden und sollte dann, nach Vertragsunterschrift in der Leistungsübergabephase (Transition) zu einem Flexibilität-unterstützenden Dienstleistungsmodel implementiert und anschließend gelebt werden.

Alle Bereiche des Outsourcings enthalten Aspekte, die zur Unterstützung von Flexibilität in einer Outsourcing-Beziehungen beitragen können. Sei es im Preismodell, in der Definition der Dienstleistungen oder im Prozess- und Organisationsumfeld.

Allerdings heißt dies auch, dass die IT Organisationen ihre Hausaufgaben schon vor der Vertragsunterschrift gemacht haben müssen. So ist es wichtig, im Vorfeld Themen wie Business-Strategie (IT- und Sourcing-Strategie), Business Planung und zukünftige Anforderungen zu kennen und deren Auswirkungen auf Dienstleistungen, Dienstleistungs- und Preis-Modelle sowie auf Vendor-Governance erkannt zu haben.

1. Preismodelle

Bei der näheren Betrachtung von Preismodellen im Outsourcing ist eine zunehmende Tendenz zu verbrauchsorientierten Preisen zu erkennen. Speziell im Infrastruktur Outsourcing sind verbrauchsorientierte Preiseinheiten (Desktops, IMACs, Ports, GBs, User, etc.) mit definierten Mengenober- und -untergrenzen mittlerweile stark verbreitet. Diese Definition von Preiskorridoren und darüber hinaus zusätzlich festgelegte Preisdefinitionen für Mengen ausserhalb der Korridore, d.h. oberhalb oder unterhalb der beim Vertragsabschluss bekannten Mengeneinheiten helfen natürlich, Geschäftsanforderungen wie Wachstum/Schrumpfung, M&A oder Spin Offs flexibel abzubilden.

Eine erweiterte Flexibilität zum Teil bis auf Tages- oder Stundenbasis bieten "On-Demand" Preismodelle, wie z.B. "Storage On Demand" oder "Capacity On Demand". Hierbei können zusätzlich benötigte Ressourcen kurzfristig und / oder für kurze Zeit zugeschaltet werden, um zeitlich begrenzte oder ungeplannte Geschäftsanforderungen besser und schneller bedienen zu können.

Die Preisfindung und die Offenlegung der Preiskalkulation von Dienstleistungen, die beim Vertragsabschluss noch nicht bekannt sind, sind ein weiterer Aspekte zur Unterstützung der Flexibilität in Outsourcing-Verträgen.

Die Möglichkeit jährliche Preis- und Serviceanpassungen mittels Marktpreisvergleiche oder Service/Preis-Benchmarks durchführen zu können, bietet ein gutes Mittel, die existierenden und über die Laufzeit entstandenen neuen Dienstleistungen sowie durchgeführten Dienstleistungsanpassungen auf Marktkonformität zu überprüfen.

2. Definition der Dienstleistungen

Während IT Dienstleistungen in Outsourcingverträgen möglichst einheitlich beschrieben werden sollten, ist es meist trotzdem notwendig, alternative Dienstleistungsvarianten zu definieren und zu bepreisen. Dies begründet sich damit, dass während der Vertragslaufzeit sich das bestehende Geschäftsmodell ändern kann und kostengünstigere oder qualitative höherwertige Dienstleistung als die existierenden Dienstleistungen angeboten werden müssen.

3. Prozess- und Organisationsumfeld

Die Verankerung von Flexibilität in einer Outsourcing-Beziehung bedeutet auch eine Prozess- und Organisationsstruktur aufzubauen, die Flexibilität gewährleistet. So müssen z.B. Meetingstrukturen eingerichtet sein, um Geschäftsanwendern und IT Experten die Kommunikationsplattform zu bieten, sich über Innovation oder Bedarf an neuen Technologien austauschen zu können.

Lutz Peichert, VP Consulting bei Forrester Research.

Klar definierte Rollen mit eindeutigen Zielvorgaben auf Seiten des Dienstleisters und des Kunden schaffen die Basis um neue Geschäftsanforderungen oder Anforderungsänderungen möglichst schnell und umfassend zu adressieren und neue Lösungen zu finden. Typische Vertragsbestandteile sind hier die Rollen eines Business/Account Manager, Vendor Manager oder auch Innovation Manager sowie die Definition von Kommunikationsplänen und Technology Roadmaps.

Darüber hinaus muss eine klare Regelung vorgegeben sein, die beschreibt, wie Vertragsänderungen zu behandeln sind und welche Rollen dabei einzubinden sind.

4. Abhängigkeiten und Markbeobachtungen

Längerfristige Verträge haben einen höheren Bedarf an Flexibilität. Ein Vertrag mit einer Laufzeit von mehr als fünf Jahre benötigt mehr Aufmerksamkeit bei der Definition in Bezug auf Flexibilität als ein Drei-Jahres-Vertrag. In einer Zeit von z.B. sieben Jahren werden sich die Geschäftsanforderungen mit Sicherheit geändert haben, sodass Anpassungsbedarf während der Laufzeit schon im Vorfeld eingeplant werden muss.

Der Reifegrad von Kunde und Dienstleister ist häufig auch ein Hindernis bei der Implementierung von Flexibilität in Outsourcing-Verträgen. So ist eine Kunden-IT-Organisation, die nicht oder schlecht eingebunden in Geschäftsentscheidungen ist, keine direkten institutionaliserten Zugänge auf allen wichtigen Ebenen des Geschäftes besitzt und mit neuen Geschäftsanforderungen relativ kurzfristig konfrontiert wird, nicht in der Lage, speziell in einer Outsourcing-Situation flexibel zu reagieren.

Mit anderen Worten: Die IT-Organisation des Kunden muss einen starken Fokus auf das Unternehmensgeschäft haben (Business/IT Alignment) und proaktiv an Geschäftsentscheidung mitwirken und teilhaben. Wichtig ist hier, dass auch die Kommunikationswege und Ansprechpartner existieren, um Anforderungen und mögliche Lösungen schnell zu finden.

Auf der Seite des Dienstleister besteht der Bedarf, die Organisationstrukturen auf die Flexibilitätsbedürfnisse des Kunden einzustellen und darüber hinaus variable Preis- und Dienstleistungsmodelle anzubieten.

Empfehlungen

Eine der wichtigsten Empfehlungen ist es, mit der Planung und Diskussion über Flexibilität in der IT möglichst früh, d.h. vor der Outsourcingentscheidung, zu beginnen. Zu Beginn des Dienstleisterauswahlverfahrens (Vendor Selection) sollten zukünftige Geschäftsanforderungen und -planungen sowie deren Auswirkungen auf die IT bekannt, klar adressiert und in entsprechenden Vertragsbausteinen hinterlegt sein.

Diese Vertragsbausteine zu den Themen Preisbildung, Servicedefinitionen und Dienstleistermodell sollten in dem Rahmenvertrag und den SLAs Berücksichtigung finden und somit den Grundstein für die zukünfige Outsourcingverbindung bilden.

Rollen wie Vendor Manager, Business/Account Manager und Innovation Manager sollten sowohl auf IT Organisations- als auch Dienstleisterebene implementiert sein um das zukünftige Dienstleistermodell (Vendor Management) mit dem notwendigen Grad an Flexibilität leben zu können.

Wolfgang Benkel ist Principal Consultant und Lutz Peichert VP Consulting bei Forrester Research