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Pannen und Pleiten bei Cloud Storage

04.05.2011 von Hartmut  Wiehr
Droht nach dem Cloud-Hype ein neuer Internet-Crash so wie 2001? Übernahmen und Pleiten häufen sich, wie damals. Jetzt hat ein Anbieter von Cloud Storage aufgegeben.

Outsourcing, Managed Services, Virtualisierung, Private Cloud, Public Cloud und Storage Cloud – es hatte so schön angefangen, eine konsequente Linie weg von der klassischen IT zu immer mehr virtuellen Umgebungen. Sogar Daten sollte man nicht mehr bei sich zu Hause oder in der eigenen Firma speichern – so hieß es von allen Seiten.

Der Analyst Arun Taneja sagt voraus, dass 70 Prozent der Anbieter von Cloud Storage pleite gehen werden.
Foto: Taneja Group

Von interessierter Seite – also den Anbietern von IT-Produkten und –Dienstleistungen – werden nicht gerade selten Vision, Marketing und Realität verwechselt. Die Umsetzung der vielen schönen Cloud- und Virtualisierungs-Ideen geht dabei eher schleppend voran. Das zeigt sich gerade an den wirtschaftlichen Problemen des US-Spezialisten für Storage Cloud, Cirtas Systems.

Das Start-up wurde im Jahr 2008 gegründet und wollte Lösungen für Rechenzentren verkaufen, mit denen Storage für Public Clouds funktional mit klassischen Speicher-Arrays in den Unternehmen gleichziehen sollte. Mit den "Bluejet Cloud Storage Controllern" von Cirtas sollten Unternehmen in die Lage versetzt werden, Cloud-Dienste wie den von Amazon S3 (Simple Storage Service) für Primary Storage zu nutzen. Der Unterschied zwischen Speichern und Datenzugriff vor Ort und im entfernten Rechenzentrum irgendwo auf dem Globus sollte nicht mehr zu spüren sein.

Finanzspritzen von interessierten Geldgebern flossen reichlich. Im September 2010 investierten Amazon und Venture-Capital-Firmen 20 Millionen Dollar in Cirtas, und erst im Januar 2011 konnte man eine weitere Investitionsrunde mit 22,5 Millionen Dollar abschließen.

Cirtas hat nun überraschend bekannt gegeben, dass man sich aus dem Geschäft mit Cloud Storage zurückziehen wird. Ein großer Teil der Angestellten wurde entlassen, mehrere Investoren haben sich und – sofern noch möglich – ihr Geld zurückgezogen. Das, was von der Firma noch übrig ist, soll einer "Re-Organisierung" unterzogen werden. Die offizielle Version lautet, man hätte einiges gelernt und wolle das auch umsetzen. Aber nicht jetzt, sondern irgendwann in der Zukunft. Alles spricht dafür, dass man den Verkauf des verbliebenen "intellektuellen Eigentums" plant, um so die verbliebenen Investoren zu entschädigen.

Auch EMC und Iron Mountain ohne Fortune

Dieses Signal kommt zu einem Zeitpunkt, zu dem der Archivierungsanbieter Iron Mountain seine Lösungen für "Virtual File Storage" und "Archive Service Platform" eingestellt hat. Sie galten als zu teuer und nicht konkurrenzfähig gegenüber Amazon Web Services und Nirvanis, wie Derrick Harris von der Analystengruppe GigaOM berichtet. Iron Mountain will weiter im Geschäft mit Cloud Storage bleiben, sagt aber nicht, wie und mit was.

Dass das Umfeld für Speichern von Geschäftsdaten in einer Public Cloud nicht gerade rosig aussieht, konnte man schon aus dem Verhalten des Speichergiganten EMC entnehmen. Dieser war 2009 mit einer Ankündigung für einen Cloud Storage Service an die Öffentlichkeit getreten. Doch schon im darauffolgenden Jahr wurde der Dienst wieder eingestellt, noch bevor er in konkrete Angebote für potenzielle Kunden umgesetzt worden war.

Der Grund für diese Negativserie liegt auf der Hand: Die angesprochenen Unternehmen zögern oder weigern sich ganz einfach, ihre Daten außer Haus zu geben und in irgendwelchen fremden Rechenzentren zu speichern. Und diese Haltung gilt offenbar nicht nur für den exklusiven Bereich der geschäftskritischen Informationen. Im Falle von Cirtas ist zu vernehmen, Kunden hätten sich über die geringe Performance und Stabilität der Datenübertragung zwischen Unternehmen und externem Standort der Public Cloud beklagt.

Der Analyst Arun Taneja von der amerikanischen Taneja Group geht denn auch davon aus, dass etwa 70 Prozent der Cloud-Storage-Anbieter, die in den letzten drei Jahren gegründet wurden, wieder vom Markt verschwinden dürften. Ähnliche Gateways wie die von Cirtas werden zum Beispiel noch von Nasuni, StorSimple oder TwinStrata angeboten.

70 Prozent der Cloud-Storage-Anbieter werden verschwinden

Taneja sieht einen ganz normalen Investitionsverlauf: "So etwas passiert, wenn man durch einen Hype-Zyklus hindurch geht." Erst der (angekündigte) Boom und dann das bittere Ende? Oder anders gesagt: Wer werden die Sieger im so stark angepriesenen Cloud- und Virtualisierungsgeschäft sein?