Millionenverluste?

Peinliche Software-Panne sorgt für Einwohnerschwund

11.12.2009 von Johannes Klostermeier
Die "Ostsee-Zeitung" berichtet über einen Fehler bei der Bedienung eines Programm für Meldestellen, der dazu führt, dass Orte in Mecklenburg-Vorpommern plötzlich weniger Einwohner haben. Das dortige Innenministerium weist Behauptungen über daraus resultierende millionenschwere Finanzausfälle bei den Kommunen zurück.

"Panne in Meldeämtern: Verliert MV Millionen?". Unter dieser reißerischen Überschrift berichtete die in Rostock erscheinende "Ostsee-Zeitung" über einen "Software-Fehler in deutschen Amtsstuben", der seit Jahren zu Einwohnerschwund im Land Mecklenburg-Vorpommern führen würde.

Und das, wo dort sowieso nicht mehr besonders viele Menschen leben. Besonders fatal: Mit den Einwohnern gehen gleichzeitig auch die Gelder aus dem Finanzausgleich verloren. Denn die offiziellen Einwohnerzahlen, die die Grundlage des Finanzausgleiches bilden, ergeben sich aus den Einwohnerzahlen von 1990 plus oder minus der Hinzu- oder Weggezogenen. Was genau war passiert?

Laut "Ostsee-Zeitung" geht es um Orte, die auch in anderen Bundesländern unter gleichem Namen existieren. So seien in den Jahren 2007 und 2008 dem Ort Mölln in Mecklenburg im Landkreis Demmin 106 Einwohner verloren gegangen. Doch alle diese Einwohner wohnen in Wirklichkeit dort immer noch. Denn sie zogen aus der namensgleichen Gemeinde Mölln in Schleswig-Holstein im Herzogtum Lauenburg fort.

Doch bei namensgleichen Gemeinden bietet die Software den Mitarbeitern in den Meldestellen der Zuzugsgemeinden, so die offizielle Erklärung, stets zuerst die Gemeinden mit der kleinsten Anfangsziffer der Postleitzahl an. So bietet das Programm zuerst Mölln in Mecklenburg-Vorpommern mit der Postleitzahl 17091 an, bevor Mölln in Lauenburg mit der Postleitzahl 23879 erreicht wird. Wird dieser Fehler von dem Angestellten der Meldebehörden nicht bemerkt, dann wird der Einwohner einfach aus dem falschen Ort abgemeldet.

Manche Orte gibt es mehrfach in Deutschland

Ein Sprecher des Innenministeriums des Landes Mecklenburg-Vorpommern erzählt die kurios anmutende Vorgeschichte so: "Der Bürgermeister der Gemeinde Mölln, Amt Stavenhagen, wandte sich Mitte diesen Jahres an das Innenministerium. Der Bürgermeister wies daraufhin, dass die offiziellen Einwohnerzahlen des Statistischen Amtes M-V um über 100 Einwohner von denen des Melderegisters abweichen, mit der Folge, dass der Gemeinde in erheblichem Umfang Zahlungen im Finanzausgleich für 2007 und 2008 entgangen sind."

Auch den hierfür Schuldigen benennt der Sprecher. Die Fehler bei der Übermittlung der Wegzüge aus der Gemeinde seien durch die Stadt Hamburg verursacht worden. So habe Hamburg 106 Einwohner aus Mölln (Stavenhagen) abgemeldet, die in Wirklichkeit eben aus Mölln in Schleswig-Holstein weggezogen seien. Die Wegzüge seien vom Einwohnermeldeamt Hamburg an das Statistische Amt Hamburg gemeldet worden und wurden von dort dann als Wegzüge aus Mecklenburg-Vorpommern an das Statistische Amt Mecklenburg-Vorpommern gemeldet.

Innenminister Lorenz Caffier von der CDU.

Der Sprecher des Innenministeriums räumt ein: „Im Ergebnis können durch die oben beschriebene Fehlmeldung im Bereich der Statistik einer Kommune Einwohner abgezogen werden, die dort nie wohnten.“

Aber, er macht den Bürgermeistern auch Hoffnung, dass dieser dumme Fehler noch zu korrigieren ist: „Die Gemeinde und die Amtsverwaltungen erhalten quartalsweise Meldungen über die Zahlen, die zu überprüfen sind. Fällt ein Fehler auf, so muss sich die Gemeinde mit dem statistischen Amt und der Meldebehörde in Verbindung setzen, um die fehlerhaften Meldungen rückabzuwickeln.“ Nach einer Besprechung mit der Gemeinde, dem Amt und dem Innenministerium teilte der zuständige Referent der Stadt Hamburg mit, dass die Zahlen nunmehr korrigiert würden, so der Sprecher.

Allerdings gibt es mittlerweile noch einen zweiten Ort in Mecklenburg-Vorpommern, dem seine Bürger auf die gleiche Weise abhandengekommen sind: Die Gemeinde Langenhagen (fusioniert aus Langenhagen und Techentin im Kreis Parchim). Diesen Ort gibt es noch einmal in Niedersachen. Hier handelt es sich allerdings wohl nur um eine Differenz von 30 Einwohnern, die ebenfalls aufgeklärt und rückgängig gemacht werden musste.

Innenminister weist Finanzausfälle zurück

"Weitere Fälle, in denen Gemeinden in Mecklenburg-Vorpommern aufgrund von Namensgleichheit durch Fehler der für den Zuzug verantwortlichen Meldebehörde ‚verloren‘ haben, sind dem Innenministerium bisher von den Ämtern nicht gemeldet worden", heißt es nun hochoffiziell.

Das Innenministerium teilte außerdem mit, dass man aus diesem Anlass alle Gemeinden des Landes noch einmal darauf hinweisen wolle, "dass die vierteljährlich übermittelten statistischen Zahlen besonders sorgfältig zu prüfen und im Zweifelsfall umgehend zu beanstanden sind." Behauptungen über Finanzausfälle in Millionenhöhe bei den Kommunen wies Innenminister Lorenz Caffier (CDU) in einer Erklärung des Innenministeriums zudem "auf das Schärfste zurück".