Projekt-Management

Projekte scheitern am Change Management

11.08.2020 von Christiane Pütter
Nur 38 Prozent der Mitarbeiter fühlen sich gut in Change-Projekte eingebunden. Im Jahr 2010 waren es noch 61 Prozent. Change Management scheitert an mangelnder Kommunikation. Den Mitarbeitern sind die Ziele nicht klar.
  • 44 Prozent erklären, dass offen über Risiken gesprochen wird (2010: 67 Prozent)
  • Prozessoptimierung, strategische Neuausrichtung und Wechsel an der Firmenspitze zählten 2018 zu den häufigsten Veränderungen
  • Über die Jahre liegt der Erfolg von Veränderungsprojekten bei 20 bis 25 Prozent
  • Unternehmen sollten zwischen sich für strukturelle oder kontextuelle Ambidextrie entscheiden

Die Bereitschaft der Mitarbeiter, Veränderungen mitzutragen, ist geringer als 2010. Zu diesem Ergebnis kommt das Beraterunternehmen Mutaree, die auf Change spezialisiert ist und seit 2010 regelmäßig Studien durchführt. In Zahlen: 2010 erklärten 88 Prozent der Befragten, dass die Mitarbeiter change-relevante Vorgaben "gerne" umsetzen. In der Studie 2018 sind es nur noch 79 Prozent.

Über die Jahre betrachtet, liegt die Erfolgsquote von Change-Projekten im Schnitt zwischen 20 bis 25 Prozent.
Foto: Mutaree

Die Studie basiert auf Angaben von knapp 370 Teilnehmern. Demnach fühlen sich lediglich 38 Prozent der Mitarbeiter gut in Change-Projekte eingebunden. Im Jahr 2010 waren es mit 61 Prozent deutlich mehr. Weitere Ergebnisse: Dass die Unternehmenskultur Veränderungen unterstütze, erklärten vor acht Jahren 81 Prozent. Heute sind es nur noch 59 Prozent. Dass in den vergangenen zwei Jahren offen über Risiken gesprochen wurde, erklärten 2010 noch 67 Prozent, nun sind es 44 Prozent.

Mitarbeiter fühlen sich schlecht informiert

Das Scheitern von Change-Projekten führt Mutaree auf zwei Hauptursachen zurück: Erstens ist der Belegschaft zu wenig klar, welche Ziele und Visionen das Unternehmen verfolgt. Zweitens werden die Mitarbeiter schlecht informiert. "Schlecht" heißt zu spät oder lückenhaft, so der Berater. In einer Gesamtbetrachtung über die Jahre hinweg beziffern die Studienteilnehmer den Erfolg von Veränderungsprojekten auf 20 bis 25 Prozent.

Eine Mehrheit der Befragten beziffert die Investitionen in Change-Projekte auf bis zu 20 Prozent.
Foto: Mutaree

Budgets sollten für Qualifizierung, Kommunikation und Verhaltensänderung investiert werden

Auf die Frage, wie viel Prozent des jährlichen Budgets für Projekte ein Unternehmen für Change-Management aufwenden sollte, nennt gut jeder Zweite (51 Prozent) eine Summe von bis zu 20 Prozent. Dieses Geld sollte laut Mutaree beispielsweise in Qualifizierung, Kommunikation und Investition in Verhaltensänderung fließen. Die Berater warnen davor, Change-Projekte zu technisch anzugehen. Ohne Akzeptanz entfalten auch qualitativ gute Veränderungen ihre Wirkung nicht, so Mutaree.

Gründe für Veränderungen im Unternehmen

Im Jahr 2018 standen in den Unternehmen vor allem folgende Veränderungen an: Prozessoptimierung (72 Prozent der Nennungen), strategische Neuausrichtung (70 Prozent) und Wechsel in der Unternehmensleitung (63 Prozent). Weiter nennen die Befragten eine Neuausrichtung der Größe (53 Prozent), Reorganisation (51 Prozent), Merger und Akquisitionen (44 Prozent) sowie Outsourcing (40 Prozent) und anderes.

Strukturelle und kontextuelle Ambidextrie

Das Schlüsselwort aus Sicht der Berater lautet Ambidextrie, die Fähigkeit, sich gleichzeitig anzupassen und zu innovieren. Denn das Dilemma, in dem Entscheider derzeit stecken, lautet: "Wähle ich die alte Welt, werde ich durch die neue überholt. Wähle ich die neue Welt, verliere ich möglicherweise heute Kunden und Ertrag."

Bei Change-Projekten geht es am häufigsten um Prozessoptimierung und strategische Neuausrichtung.
Foto: Mutaree

Laut Mutaree brauchen Unternehmen strukturelle und kontextuelle Ambidextrie.

Konkret: Strukturelle Ambidextrie zeigt sich beispielsweise im Ausgliedern von Innovations-Labs oder dem Zukauf von Startups. Die Consultants halten das für keinen schlechten Weg, insbesondere für Unternehmen mit starker Silo-Struktur. Sie betonen aber, dass ein künstlicher Graben zwischen explorativen und exploitiven Einheiten die Umsetzung neuer Ideen im Tagesgeschäft erschwert.

Kontextuelle Ambidextrie folgt einem anderen Modell. Hier entscheiden sich die Führungskräfte, für einen klar definierten Zeitraum explorativ zu arbeiten. Ziel ist, Empfehlungen für die Weiterentwicklung von Innovationen im gesamten Unternehmen auszusprechen. Mutaree empfiehlt das für Unternehmen, in denen die Geschäftsbereiche gut vernetzt sind.

Die Consultants fügen jedoch an: "Dieser Ansatz ist deutlich schwieriger umzusetzen, er kostet wesentlich mehr Zeit und setzt ein funktionierendes Zusammenwirken zwischen dem Top-Management, den Funktionsbereichen als Schlüsselstelle für die Generierung der Innovationen und den unterstützenden Einheiten wie zum Beispiel Personal- und Organisationsentwicklung voraus."