IT-Strategietage

ProSiebenSat.1-CIO: Jurassic Park für CIOs

10.02.2012 von Andrea König
Wer auch noch in zehn Jahren als CIO arbeiten möchte, sollte sich zum Umsatztreiber entwickeln. Andreas König, CIO der ProSiebenSat.1 Media AG, nennt in seinem Vortrag auf den Hamburger IT-Strategietagen zahlreiche Vorschläge, mit denen CIOs Innovationen ins Unternehmen bringen und dabei den Umsatz steigern.
Andreas König, CIO der ProSiebenSat.1 Media AG auf den Hamburger IT-Strategietagen 2012.
Foto: Joachim Wendler

Andreas König, CIO der ProSiebenSat.1 Media AG, versteht es, Spannungsbögen aufzubauen. Die Frage, ob CIOs vom Aussterben bedroht sind, wirft er nicht einfach in den Raum, sondern veranschaulicht sie mit einem selbst zusammengestellten packenden Kurzfilm. Mit ausgewählten Episoden aus Star Wars, Independence Day und Jurassic Park visualisiert König die CIO-Zukunft. Und er zeigt, dass die Befürchtung vom aussterbenden CIO nicht neu ist.

Schon 2002 wurde im Zuge der Outsourcing-Diskussion darüber spekuliert, ob CIOs die nächste Dekade noch erleben werden. Sterben CIOs nun aus? Die Antwort hat Andreas König sofort parat: „Natürlich wird der CIO nicht aussterben“, sagt er. Schließlich werde man alles unternehmen, damit das nicht passieren werde.

Zurücklehnen dürfen CIOs sich nicht. König beobachtet, dass Anbieter sich mit ihren Cloud Computing-Angeboten nicht an den CIO sondern an den CEO wenden. Schwierig ist es für ihn auch, wenn IT-Verantwortliche, so wie er selbst, an ihren Finanzvorstand berichten müssen. Denn dann geht es in Diskussionen häufig um Kosteneinsparungen, weniger um Innovationen.

Überleben wird der CIO dann, wenn er sich zum Umsatztreiber im Unternehmen entwickelt, lautet Königs These. Damit das dem CIO gelingt, muss er zum Beispiel Kosten transparent nach innen kommunizieren und sich mit Analytics auseinandersetzen. Die Ausrede, dass die im Unternehmen vorhandene Metrik zu schlecht sei, entkräftet König mit dem Bild einer kostengünstigen Waage. Wenn man sich ein einziges Mal auf die Waage stellt, wird sie vermutlich nicht das korrekte Gewicht anzeigen. Wiegt man sich jedoch Tag für Tag auf dieser Waage, lässt sich daraus ein Trend ableiten, mit dem man arbeiten kann.

Die Top-CIOs der Medienbranche
Sven Rathjen, Spiegel-Verlag
Sven Rathjen ist seit Januar 2016 Leiter der IT des Spiegel-Verlags. Er übernahm die Aufgabe von Jesper Doub. Rathjen kommt von der Dumont Systems GmbH & Co. KG, wo er zuletzt als Geschäftsführer die IT der Dumont Mediengruppe verantwortete.
Patrick Sturm, Sky
Patrick Sturm ist seit Juli 2018 CIO beim Pay-TV-Fernsehsender Sky in Unterföhring bei München. Sein genauer Titel lautet Senior Vice President Information Technology. Sturm kommt aus dem eigenen Haus, zuletzt war er seit Januar 2017 bei Sky Senior Vice President Product Development & Innovation. Vor seiner Zeit bei Sky führte Sturm als Gründungspartner ein technologie- und umsetzungsorientiertes Beratungsunternehmen.
Gerhard Thomas, Burda Verlag
Gerhard Thomas arbeitet seit Januar 2005 als CIO beim Medienkonzern Hubert Burda Media Holding mit Sitz in München. Zugleich ist er Geschäftsführer der Burda Digital Systems GmbH, ein Technologie- und Beratungsdienstleister für die Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle und von IT-Lösungen. 2008 gründete er die Valiton GmbH, die Full-Service Agentur für digitale Geschäftsmodelle. Im Januar 2011 übernahm er zusätzlich den Posten des Geschäftsführers bei Burda Direkt Services. Gerhard Thomas blickt auf eine 17-jährige Laufbahn als IT-Berater bei Ploenzke, SerCon und Accenture zurück.
Wolfgang Wagner, WDR
Im April 2013 hat Wolfgang Wagner (53) den Posten des Direktors Produktion und Technik beim Westdeutschen Rundfunk (WDR) übernommen. In dieser Position verantwortet er unter anderem auch den produktionsnahen IT-Bereich des WDR. Dazu gehören allein 200 Mitarbeiter. Insgesamt führt der neue Produktionsdirektor 1800 Mitarbeiter. Der Elektroingenieur mit Fachrichtung Nachrichtensysteme wechselte vom ZDF, wo er den Geschäftsbereichs Informations- und Systemtechnologie in der Produktionsdirektion des ZDF leitete. Zu seinen wichtigsten anstehenden Aufgaben beim WDR gehört das Projekt "tv 20:15", womit die die Vernetzung der digitalen Fernsehproduktion vorangetrieben werden soll. Außerdem will er ein neues Dispositionssystem einführen sowie das Rechenzentrum der Direktion neu strukturieren und konsolidieren.
Pietro Tomasino, Gruner + Jahr
Pietro Tomasino ist seit Januar 2010 der Leiter der Informationstechnologie beim Druck- und Verlagshaus Gruner+Jahr. In dieser Funktion ist Tomasino verantwortlich für die IT-Landschaft des deutschen Geschäftsbereiches. Seine Position kommt damit dem eines klassischen CIOs am nächsten, auch wenn es diese Bezeichnung im Unternehmen Gruner+Jahr nicht gibt. Tomasino ist auch verantwortlich für die Entwicklung und den Betrieb der Redaktionssysteme Print und Online, der Vertriebs- und Anzeigensysteme sowie ERP-Systeme. Außerdem soll die Webentwicklung konsolidieren und neu ausrichten. Daneben steht die Einführung neuer Content Management Systeme zur Unterstützung der digitalen Transformation in den Redaktionen sowie die Modernisierung der Office- und Rechenzentrums-Infrastruktur. Gruner + Jahr hat in insgesamt mehr als 30 Ländern mehr als 11.800 Mitarbeiter.
Reinhard Görtner, RTL II
Reinhard Görtner ist seit 2004 Leiter der Abteilung „IT & Services“ beim Münchener TV-Sender RTL II. Ab Januar 2018 trägt er den Titel CIO. Dazu kommen neue Kompetenzen über die Abteilungen „Application Development“, „Technology Operations“ sowie „Media Asset Support“. Seit 2015 ist Görtner als Leiter IT & Broadcast zusätzlich für die technische Ausstrahlung von RTL II verantwortlich.
Boris Radke, ProSiebenSat.1
Boris Radke ist neuer CIO bei der Sendergruppe ProSiebenSat.1. Radke kam im Juli 2017 vom Online-Modehändler Zalando zum Medienkonzern in Unterföhring (München) und übernahm eine Stabsstelle als Director CFO Projects beim neuen Finanzvorstand Jan Kemper. Davor war er unter anderem Leiter der Unternehmenskommunikation beim Online-Händler Zalando.
Frank Penning, RTL Group
Frank Penning übernimmt als Bereichsleiter den neu geschaffenen CBC-Bereich Technik/IT und wird damit gleichzeitig CIO der Mediengruppe RTL. Vor seinem Wechsel zu CBC (Cologne Broadcasting Center GmbH) führte der Diplom-Informatiker für Burda den Technologiedienstleister Tomorrow Focus Technologies, gründete für Holtzbrinck mehrere Startups, betreute dort das Internet-Beteiligungsportfolio als CTO und war bei ProSiebenSat.1 Media AG für Software-Entwicklung verantwortlich. Als CTO war er in der von ihm mitgegründeten Exaring AG aktiv.
Marcus Dauck, Ringier
Marcus Dauck ist seit Januar 2014 neuer Chief Information Officer des Züricher Medienkonzerns Ringier AG. Zuvor arbeitete er als CIO bei der Ringier Axel Springer Media AG, ein Joint Venture zwischen Ringier und der Axel Springer AG in Mittel- und Osteuropa mit Sitz in Zürich. Dauck war ab 1988 Mitarbeiter der Axel Springer IT in Hamburg, von 2000 bis 2003 als Management Consultant International Media bei Siemens und von 2003 bis 2011 wiederum bei der Axel Springer AG in mehreren Funktionen tätig: als Bereichsleiter IT Anzeigen- und Marketingsysteme sowie Bereichsleiter IT Zeitungssysteme, Redaktion und Online/Print-Produktion.
Sebastian Hentzschel, BMG
Sebastian Hentzschel ist seit Oktober 2017 neuer CTO des Musikunternehmens BMG mit Sitz in Berlin. Die Stelle wurde neu geschaffen, einen CIO gibt es nicht. Er ist für Global Infrastructure, Application Development und Data Analytics zuständig. Hentzschel war zuvor SVP Group Technology bei BMG.
Johannes Claes, ZDF
Seit November 2013 leitet Johannes Claes den Geschäftsbereich Informations- und Systemtechnologie in der Produktionsdirektion des ZDF. Der 49-jährige hat in den zurückliegenden Jahren den Geschäftsbereich Außenstudios im ZDF geleitet. Der Diplom-Ingenieur Claes arbeitet schon seit 1993 in verschiedenen Funktionen für das ZDF. Von 2007 bis 2009 war er Hauptabteilungsleiter Technik beim deutsch-französischen Sender ARTE G.E.I.E in Straßburg. Bei seiner Rückkehr zum ZDF übernahm er zunächst die Leitung des Geschäftsfeldes Berlin und 2011 zusätzlich die Leitung des Geschäftsbereichs Außenstudios. Auf der Agenda von Claes steht die Weiterentwicklung der IT-Infrastruktur. MINT, die Medien-Integrierende-Netzwerk-Technologie, ist eines der Großprojekte.
Andreas Bossecker, NZZ
Der Verwaltungsrat der NZZ-Mediengruppe hat im Juni 2014 Andreas Bossecker (52) zum Leiter Digital und IT berufen. Außerdem wurde er Mitglied der Unternehmensleitung. Er verfügt über langjährige IT- und digitale Produktentwicklungserfahrung im Verlagswesen – unter anderem als CIO und CTO bei der Verlagsgruppe Handelsblatt, wo er neben den Prozessen auch für alle Online-Aktivitäten zuständig war. Anschließend war er maßgeblich als Geschäftsführer am Aufbau und der Entwicklung der circ IT GmbH beteiligt, eine der großen IT-Serviceeinheiten für Verlage im deutschsprachigen Raum.
Markus Hüßmann, Bauer Media Group
Im Hamburger Medienunternehmen Bauer Media Group ist seit Anfang Juli 2018 Markus Hüßmann Chief Technology and Information Officer (CTIO). Der neue CTIO trat dem Unternehmen 2013 zunächst als COO der Digitalsparte Bauer Xcel Media bei, er war dort für die Entwicklung einer internationalen Digitalstrategie verantwortlich. 2015 übernahm Hüßmann das digitale Publishing-Geschäft in Deutschland.
Annette Bittmann, rbb
Annette Bittmann leitet ab Januar 2019 die neu geschaffene Hauptabteilung "Mediensysteme und IT" beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb). In der rund 160 Mitarbeiter starken Einheit bündelt der Sender alle IT-basierten Betriebs- und Serviceaufgaben des Senders.
Norbert Schmidt-Banasch, dpa
Norbert Schmidt-Banasch ist ab Dezember 2018 CIO der dpa-Gruppe. Die Stelle wurde neu geschaffen. Der studierte Informatiker ist und bleibt Geschäftsführer der Hamburger mecom Medien-Communikations-Gesellschaft mbH (Datenlogistik und technische Dienstleistungen), an der die dpa-Gruppe mit 60 Prozent beteiligt ist.
Matthias Moeller, Bertelsmann
Matthias Moeller, CEO der Bertelsmann-Tochter Arvato Systems, ist ab Januar 2019 zusätzlich zu seinen bisherigen Aufgaben für die Corporate IT von Bertelsmann verantwortlich. Moeller arbeitet seit 1995 bei Bertelsmann. Nachdem er bereits als Geschäftsführer von Arvato Systems Perdata Mitglied der Geschäftsleitung von Arvato Systems gewesen war, hatte er im April 2016 das Amt des CEO von Arvato Systems übernommen.
Jens Kessler, SWMH
Die Südwestdeutschen Medienholding (SWMH) hat Mitte Januar 2019 mit Jens Kessler (47) einen Chief Technology Officer (CTO) eingestellt. Die Position wurde neu geschaffen. Kessler ist von der Universal Music Group aus Santa Monica, USA, zur SWMH nach Stuttgart gewechselt. Dort hat er seit 2012 als Group CIO die digitale Transformation der Universal Music Group umgesetzt.

Sechs Denkanstöße

Andreas König nennt eine Reihe von Denkanstößen, mit denen CIOs eigene Innovationen starten und so zum Umsatztreiber werden können:

• Loyalty-Systeme mit dem Gamification-Trend verknüpfen: Das funktioniert seiner Meinung nach in jeder Branche. CIOs, die in diesem Bereich noch nicht aktiv sind, sollten darüber nachdenken.

• Apps für Produkt-Promotion: Andreas König nennt als Beispiel die Pringles Crunchband-App. Mit dieser Applikation – die ein Orchester aufs Smartphone bringt – konnte das Unternehmen seine Verkaufszahlen messbar steigern.

• Traffic: 3.712 Twitter-Nutzer verfolgen den Account von SAP-CIO Oliver Bussmann. Bussmann twittert mit Substanz und generiert so auch Aufmerksamkeit für seinen Arbeitgeber.

• Trends kombinieren: Oink, eine Applikation für Restaurant-Bewertungen, vereint sechs angesagte IT-Themen: location-based, social, gamification, data analytics, crowd sourcing und mobile marketing. Durch diese Kombination von Trends wurde Oink zum Erfolg.

• Ausbrechen! Für den Umsatzerfolg sollten CIOs überlegen, was sie besonders gut können und darüber nachdenken, ob sie dies nicht auch nach außen tun könnten. Als Beispielunternehmen nennt Andreas König Lufthansa Systems.

• Eine sichere Dropbox: Auch mit einer sicheren Dropbox könnten CIOs sich zum Umsatztreiber entwickeln.

Viele Ideen schön und gut, doch gibt es solche Innovationen bei Königs Arbeitgeber ProSiebenSat.1? Gibt es. Als Beispiel nennt der CIO den Frauensender Sixx, den das Medienunternehmen „auf Basis von Dingen, die wir schon hatten“ eingeführt hat. Sixx hält heute – weniger als zwei Jahre nach der Einführung - einen Marktanteil von drei Prozent.