Erfahrung unwichtig

Ranking: Was für Chefs gute Mitarbeiter sind

07.02.2012 von Werner Kurzlechner
Weiche Faktoren wie Eigenmotivation, Mut und Begeisterungsfähigkeit unterscheiden hervorragende Mitarbeiter vom Rest. Das zeigt eine Studie von HiTec Consult.

Bei der Personalsuche zählen bekanntlich gute Zeugnisse und Praxiserfahrung eine Menge. Umso überraschender ist das Ergebnis einer Umfrage des Beratungshauses HiTec Consult unter 200 Personalverantwortlichen in den Branchen Medizintechnik, Consumer Electronics und IT. HiTec Consult wollte wissen, welche Eigenschaften in Unternehmen wirklich zählen. Deshalb wurde schlicht danach gefragt, was den besten Mitarbeiter der Befragten auszeichnet.

Eine fundierte Ausbildung und praktische Erfahrungen liegen in diesem Ranking erstaunlich weit hinten. 13 Antwortoptionen waren vorgegeben, Zweifachnennungen möglich. 19 Stimmen für Erfahrung und 18 Stimmen für Ausbildung bedeuten in der Rangliste hintere Plätze.

Führungsstärke und Charakter sind das Maß aller Dinge

Soft Skills ganz oben: Das Ranking der Eigenschaften besonders guter Mitarbeiter in Prozentzahlen.
Foto: HiTec Consult

Gerade in Firmen in guter Verfassung sei bei der direkten Suche nach Führungskräften Erfahrung zunehmen sekundär, erläutert Lutz-Martin Busch, Managing Director des Beratungsunternehmens aus Bad Nauheim. Führungsstärke und Charakter seien hier das Maß aller Dinge. „Bei einem negativen Geschäftsverlauf sind die erfahrenen Führungskräfte nach wie vor gefragt, weil man dann deren Netzwerk und die Nähe zum Thema unabdingbar braucht“, ergänzt Busch.

Der Ausbildungsstatus sei zwar ein Indiz für Können und vor allem als Eintrittskarte in die Firma relevant. „Unternehmen wissen aber durchaus um die begrenzte Aussagekraft von Studienabschlüssen oder Masterstudiengängen“, so Busch. Entscheidend sei später lediglich, wie ein Mitarbeiter seine Aufgaben meistert. Busch erkennt deshalb einen Trend zu gemischten Teams mit unterschiedlichen Typen: mit und ohne Studium, mit und ohne Ausbildung, mit und ohne Praxiserfahrung.

Mut ist eine Eigenschaft, die außergewöhnlich viele Chefs an ihren Mitarbeitern schätzen. Das fand Lutz-Martin Busch, Managing Director von HiTec Consult, in einer neuen Studie heraus.
Foto: HiTec Consult

Ganz oben in der Rangliste steht die Begeisterungsfähigkeit mit 51 Nennungen. Jeweils mehr als 40 der Befragten nannten Ehrlichkeit und Offenheit, Engagement, Zuverlässigkeit und Arbeitseffizienz. Über 30 Nennungen erhielten Zielorientierung, Eigenmotivation- und -initiative sowie Kontaktfreude und Einfühlungsvermögen. Hinter Erfahrung und Ausbildung folgen am Ende des Tableaus Fantasie und Kreativität, Disziplin und Pünktlichkeit.

Mut und Loyalität häufig genannt

„Begeisterung ist die natürlichste Form der Motivation und daher wohl auch Kernelement des besten Mitarbeiters“, interpretiert Busch. Wenn sich Produkte nur noch marginal unterschieden, könne Begeisterung für eine Sache den finalen Ausschlag beim Kunden geben – insbesondere in
Vertriebssituationen. Erkennbar sei insgesamt, dass vor allem weiche Faktoren als Erfolgsparameter wahrgenommen würden.

Ungewöhnlich viele brachen aus dem vorgegebenen Antwortraster aus. 26mal wurde Mut als herausragendes Merkmal des besten Mitarbeiters genannt; 21 der Befragten, die mindestens zehn Mitarbeiter direkt führen, schrieben Loyalität in den Fragebogen.

Manager erwarten kein opportunes Abnicken

Gemeint sei damit Loyalität gegenüber Kollegen, Geschäftspartnern und Kunden, erklärt Busch. „Interessanterweise wurde hier die Loyalität zum eigenen Vorgesetzten kaum genannt“, so der HiTec Consult-Chef weiter. „Daraus darf man vielleicht schlussfolgern, dass Deutschlands Manager gar nicht so eitel sind und nicht zwingend von ihren Mitarbeitern den totalen Schulterschluss, Kadertreue oder gar opportunes Abnicken aller Entscheidungen erwarten.“

Mut werde wohl deshalb häufiger genannt, weil sich Strategien, Trends und Unternehmen dynamisch an Marktgegebenheiten anpassten. „Dazu braucht es Mitarbeiter mit Mut zum Neuen, Mut zur Flexibilität und Mut zur Lücke“, so Lutz-Martin Busch.