Neue Serverkühlung

Rechenzentrum - 70 Prozent weniger Energie

08.05.2012 von Johannes Klostermeier
Die Stadt Marburg reduzierte ihren Energieverbrauch im RZ drastisch. Eine Adsorptionskältemaschine und ein Blockheizkraftwerk machen es möglich.
Eine moderne Kraft-Wärme-Kälte-Kopplungs-Anlage (KWKK) schützt die Server gegen Überhitzung.
Foto: Invensor

Der Austausch veralteter gegen moderne Technik lohnt sich doppelt, da Investitionen in wirtschaftliche und umweltfreundliche Technologien sich aufgrund deutlich niedrigerer Energiekosten schnell amortisieren und darüber hinaus staatlich gefördert werden.

Ein Beispiel, wie sich eine kommunale Investition zu einem Sparmodell entwickeln kann, liefert aktuell die hessische Universitätsstadt Marburg. Dort hatte der Magistrat der Stadt entschieden, die zentralen EDV-Server mit einer modernen Kraft-Wärme-Kälte-Kopplungs-Anlage (KWKK) gegen Überhitzung zu schützen.

Das neue System, das nun schon seit Anfang September 2011 rund um die Uhr den Kälte- und Strombedarf der EDV-Server deckt, besteht aus einer Adsorptionskältemaschine des Berliner Spezialisten „Invensor" und einem Blockheizkraftwerk des Schweinfurter Herstellers „Senertec".

Der Spareffekt resultiert nach Angaben von Invensor aus der hohen Energieeffizienz der KWKK-Anlage. Die Technik der Berliner wurde bereits 2009 mit dem Kältepreis des Bundesumweltministeriums prämiert und erhielt 2010 den Intersolar Award.

Die neue Anlage reduziere den Energiebedarf der EDV-Server um bis über 70 Prozent. So spare die Stadt Marburg pro Jahr bei den Energiekosten 15.585 Euro. In Verbindung mit Fördermitteln des Landes Hessen haben sich die Investitionskosten nach Angaben des Herstellers von rund 80.000 Euro somit in etwas mehr als drei Jahren amortisiert.

Die Verantwortlichen der Stadt Marburg können sich jetzt über niedrigere Energiekosten freuen.
Foto: Invensor

„Zunächst hatten wir aus Brand-, Wasser- und Einbruchschutzgründen neue, hermetisch abgeschlossene Serverschränke der Firma Rittal angeschafft, da die zuvor aufgestellten Serverschränke den Anforderungen nicht mehr genügten", sagte Peter Wagner, Energiebeauftragter für städtische Liegenschaften der Universitätsstadt Marburg.

Ökologisch und wirtschaftlich das Optimum erreichen

„Die Herausforderung bestand nun darin, ein Kühlsystem zu wählen, das sowohl ökologisch, als auch wirtschaftlich ein Optimum darstellt." Denn gerade im Rechenzentrum ist der Energieeinsatz besonders hoch. Neben den Kosten für den Betrieb der IT-Technik entfallen bis zur Hälfte der gesamten Energiekosten auf die Kühlung.

Der Magistrat der Universitätsstadt Marburg folgte einer Empfehlung des als Berater eingeschalteten Energie-Spezialisten Freischlad. Installiert wurde eine Kältemaschine mit 9 kW Nennleistung in Verbindung mit einem Blockheizkraftwerk mit 5,5 elektrischer und 12,5 kW thermischer Leistung.

Die Kosten- und Umweltvorteile der neuen KWKK-Anlage liegen in ihrer energiesparenden Funktionsweise. Anders als handelsübliche Kältemaschinen nutzt die neu installierte Adsorptionskältemaschine nicht teuren Strom sondern die Abwärme des Blockheizkraftwerks als Antriebsenergie und spart dabei bis zu 70 Prozent Strom ein.

Als Kühlmittel dient reines Wasser. Im Winter können die Server mit einer „Free Cooling"-Funktion direkt über die Außenluft gekühlt werden. Bis auf den Strombedarf von Pumpen und Rückkühlwerk wird dabei keine Energie für die Kälteversorgung der Server verbraucht.

Durch die intelligente Anlage verringert sich der CO2-Ausstoß um 38 Tonnen jährlich.
Foto: Invensor

So steht dann auch die Abwärme des Blockheizkraftwerks vollständig zur Gebäudebeheizung zur Verfügung und spart damit zusätzlich Heizkosten. Durch die ganzjährige Abnahme der Wärme des Blockheizkraftwerks – im Sommer zum Kühlen und im Winter zum Heizen – erreicht das Modul eine Laufzeit von rund 8.000 Betriebsstunden pro Jahr. Auf diese Weise erzeugt die KWKK-Anlage jährlich rund 44.000 kWh Strom, der größtenteils direkt durch den Betrieb der Server verbraucht wird.

Überschüsse werden wieder ins Stromnetz eingespeist

Überschüsse aus der Stromerzeugung des Blockheizkraftwerks werden in das öffentliche Stromnetz eingespeist und natürlich vergütet. Die bisher zur Kühlung der Server eingesetzte stromintensive Kompressionskältemaschine konnte abgeschaltet werden, wodurch der Stromverbrauch der EDV-Anlage um 41.000 kWh auf 26.000 kWh pro Jahr sank.

Bezogen auf die vorher erforderlichen 111.000 kWh für Betrieb und Kühlung der Server konnte der Strombezug so um rund 77 Prozent verringert werden. Durch den geringeren Energieverbrauch wird auch die Umwelt geschont: Auf das gesamte Rechenzentrum bezogen, verringert sich der CO2-Ausstoß nach Angaben von Invensor um 38 Tonnen jährlich.

Neben den positiven Umwelt- und Kostenaspekten spielte auch die doppelte Ausfallsicherheit der KWKK-Anlage eine wichtige Rolle bei der Entscheidung für das System. Immerhin ist der Betrieb von über 700 Computern der öffentlichen Verwaltung von den Anwendungsprogrammen der zentralen EDV-Server abhängig.

Mit dem Blockheizkraftwerk und dem öffentlichen Stromnetz stehen zwei voneinander unabhängige Stromquellen zur Verfügung. Die mit Netzstrom betriebene redundante Kompressionskältemaschine stammt ebenfalls vom Berliner Hersteller. Die vorhandene Raumklimatisierung wurde durch die Kältemaschine, einen Kaltwasserpufferspeicher sowie einen Rückkühler mit EC-Ventilator ersetzt.

Serverschränke im Rechenzentrum der Stadt Marburg.
Foto: Invensor

Jeder Serverschrank verfügt dabei über seine eigene Umluftkühlung, die über einen Kaltwasser-Wärmetauscher reguliert wird. Die gesamte KWKK-Anlage konnte platzsparend in einem Raum installiert werden.

Vorbild für andere kommunale Rechenzentren?

In der Marburger Stadtverwaltung ist man davon überzeugt, dass ihr Modell der energie- und kostensparenden Serverkühlung auch in anderen Kommunen Schule machen sollte. Bisherige die Anwendungen im Bereich der Serverkühlung würden demgegenüber nur partielle Lösungen für einzelne Energieströme bieten.

„Dank der für den ganzjährigen Kühl- und Strombedarf von Rechenzentren entwickelten Lösung lässt sich die Serverkühlung nun zu einem Bruchteil der bisherigen Stromkosten verwirklichen", sagte der Technische Leiter der Stadt Marburg.

Das Bundesland Hessen kam nach Angaben von Invensor nach Prüfung des Konzepts zum gleichen Ergebnis und förderte die Installation der Anlage mit 32.000 Euro. Zudem verlieh das Bundesland Hessen dem Projekt den Status einer Demonstrationsanlage, einer technisch wie wirtschaftlich erfolgreichen, zukunftsweisenden Technologie.

Technische Fakten Rechenzentrum Marburg

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der CW-Schwesterpublikation CIO.