Kündigung mit oder ohne Geld

Rechtliche Grundlagen zur betrieblichen Abfindung

25.05.2022 von Stefan Engelhardt
Lesen Sie, wer Anspruch auf eine Abfindung hat, wie sich die Abfindungshöhe berechnet und wie Abfindungen versteuert werden müssen.
  • Welche Voraussetzungen müssen für eine Abfindung gegeben sein?
  • Wie berechnet sich die Höhe der Abfindung?
  • Muss eine Abfindung versteuert werden?
Eine Abfindung erhält ein Arbeitnehmer nach Auflösung des Arbeitsvertrages durch den Arbeitgeber nicht immer automatisch.
Foto: Gecko Studio - shutterstock.com

Wenn ein Arbeitsverhältnis zerrüttet ist, ist es für beide Seiten häufig sinnvoller, sich zu trennen. Die Frage ist nur wie? Ohne Gesichtsverlust auseinanderzugehen ist sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer ungemein wichtig. Darüber hinaus spielt das Thema Abfindung natürlich eine große Rolle. Zum Thema Abfindung bei Kündigung finden sich zahllose Auffassungen, die oft nicht mehr haltbar sind, sodass wir hier einen kurzen Überblick geben wollen.

Die Rechtsgrundlage für eine Abfindung

Einen Anspruch auf eine Abfindung gibt es nur, wenn dieser in einem Sozialplan vereinbart worden ist oder aber im Falle der Auflösung des Arbeitsverhältnisses, wenn dem Arbeitnehmer eine weitere Tätigkeit bei seinem Arbeitgeber unzumutbar ist. Das ist in Paragraf 9 des Kündigungsschutzgesetzes geregelt. Wenn nach der Entscheidung des Arbeitsgerichtes eine Kündigung unwirksam ist, kann der Arbeitnehmer den Antrag stellen, seinen Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen.

Eine solche Entscheidung kann allerdings auch in andersherum stattfinden, nämlich dann, wenn der Arbeitgeber diesen Antrag stellt. Dies kann dann zutreffen, wenn zu erwarten ist, dass eine vernünftige Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht mehr möglich sein wird. Allerdings sind bei der Beantragung durch den Arbeitgeber die Hürden hoch.

Der Sozialplan

In der Regel geht es dem Arbeitgeber darum, Stellen abzubauen. Ein Sozialplan ist nur dann möglich, wenn in einem Betrieb mit mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern ein Betriebsrat gewählt wurde. Arbeitgeber und Betriebsrat handeln dann einen Sozialplan aus, in dem die Konsequenzen der in diesem Rahmen ausgesprochenen Kündigungen geregelt werden - hier insbesondere auch die Abfindung.

Natürlich kann darüber hinaus eine Abfindung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer auch einfach vereinbart werden.

Welche Wege zum neuen Job führen
Mehr Mobilität?
Überdenken Sie Ihre Flexibilität. Längere Anfahrtswege oder geringeres Gehalt können trotzdem zielführend sein.
Keine Katastrophe
Ist die Kündigung bereits ausgesprochen, bewahren Sie die Ruhe.
Der Flurfunk
Reagieren Sie möglichst frühzeitig auf die Zeichen des Marktes. Nehmen Sie die Gerüchteküche ernst. Agieren Sie selbst.
Absichern?
Verlassen Sie sich nicht auf vermeintliche Sicherheiten. Manch einer steht schneller auf der Straße, als er meint.
Haltung bewahren
Hängen Sie Ihren Frust nicht an die große Glocke – weder vor noch nach einer Kündigung.
Außen vor
Informieren Sie Kollegen oder gar den Vorgesetzten auf keinen Fall zu früh, denn von da an sind Sie von allen wichtigen Informationen abgeschnitten.
Präsenz zeigen
Stellen Sie Ihr Profil in die relevanten Online-Portale ein. Tun Sie dies frühzeitig. Erste Erfolge zeigen sich frühestens nach vier bis sechs Monaten.
Externe Unterstützung
Nehmen Sie Kontakt mit ausgewählten Personalberatern Ihrer Branche auf. Signalisieren Sie Ihr Interesse an neuen Herausforderungen in allen relevanten Netzwerken, aber werden Sie nicht zu deutlich, ehe die Kündigung tatsächlich ausgesprochen ist.
Profilieren Sie sich
Wenn noch nicht absehbar ist, ob und wann Sie wechseln werden, nutzen Sie bereits die Zeit, um sich zunächst im eigenen Haus zu profilieren. Beteiligen Sie sich an Projekten, die für die Zukunft relevant sind, schlagen Sie sinnvolle Sparmöglichkeiten vor. Sorgen Sie dafür, dass Ihr Engagement auch extern publik wird. Netzwerke und Arbeitskreise bieten dafür gute Möglichkeiten.
Eine gute Bewerbung
... ist immer noch sehr wichtig. Überarbeiten und vervollständigen Sie Ihre Bewerbungsunterlagen.
Eigenwerbung stinkt?
Das war einmal. Kümmern Sie sich um Ihr Selbstmarketing. Erarbeiten Sie Ihr eigenes Stärkenprofil. Besonders in der Krise geht es um Effizienz. Im Bewerbungsgespräch müssen Sie kurz und knapp darlegen können, worin Ihre Stärken liegen. Unterstützung bieten Karriereberater.
Bereit sein
Besorgen Sie sich ein Zwischenzeugnis.
Ups, zu spät ...
Wenn Sie selbst gehen, bereiten Sie die Trennung sorgfältig vor. Beachten Sie die Fristen.
Viele Wege führen zum neuen Job
Nutzen Sie alle Bewerbungswege: Print, online, persönlich.
Hilfreich: ein langer Atem
Befassen Sie sich mit der Psychologie des Vorstellungsgespräches, und zwar nicht nur in der ersten Runde.
Falsche Kompromisse?
Bei potenziellen Stellenangeboten: Bleiben Sie kritisch, sich selbst und Ihrem Können gegenüber – aber auch dem suchenden Unternehmen.
Im Guten trennen
Ist die Entscheidung zum Wechsel gefallen, nutzen Sie auch Ihren Abgang zur Profilierung.
Es ist soweit
Wenn Sie dann tatsächlich gehen: Hinterlassen Sie einen bestellten Acker.
Neu ankommen
Agieren Sie im neuen Unternehmen besonnen. Lernen Sie, hören Sie gut zu.
Los gehts!
Nehmen Sie die eigenen Gefühle ernst – auch wenn sie negativ sind. Bei Zweifeln: Starten Sie neu!

Abfindung berechnen

Die Berechnung der Abfindungshöhe ist mit vielen Mythen versehen. Im Netz finden sich dazu hochgradig unterschiedliche Ausführungen.

Ein Sonderfall ist Paragraf 1 a des Kündigungsschutzgesetzes. Der Gesetzgeber hatte diesen Paragrafen nachträglich dem Kündigungsschutzgesetz hinzugefügt, um die Belastung der Arbeitsgerichte zu verringern. Erfolg hatte dies nicht wirklich.
Paragraf 1 a KSchG regelt einen Abfindungsanspruch bei betriebsbedingten Kündigungen. Hier erwirbt ein Arbeitnehmer einen Anspruch auf eine Abfindung, wenn ihm betriebsbedingt gekündigt worden ist und er bis zum Ablauf der Kündigungsschutzfrist des Paragraf 4 Satz 1 KSchG, also binnen drei Wochen, keine Kündigungsschutzklage eingereicht hat.

Paragraf 1 a Abs. 2 KSchG normiert die sogenannte Regelabfindung, nämlich dass die Abfindungshöhe im Falle des Paragraf 1 a KSchG ein halbes Bruttomonatsgehalt für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses beträgt. Ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten ist dabei auf ein volles Jahr aufzurunden. Die in Paragraf 1 a Absatz 2 KSchG geregelte sogenannte Regelabfindung setzen die meisten Arbeitsgerichte in Deutschland dann an, wenn die Prozesschanchen ausgeglichen sind.
Sind die Prozesschanchen für den Arbeitnehmer besser, erhöht sich diese Quote natürlich - sind sie schlechter, verringert sie sich.
Zu berücksichtigen ist außerdem, dass die Gerichte bei älteren Arbeitnehmern, die kurz vor der Rente stehen, dazu neigen, die Quote zu verringern.

Lesen Sie auch:
Aufhebungsvertrag als Alternative zur Kündigung
Gehaltserhöhung - was Sie wissen müssen
Der Chef ist nicht Dein Freund

Im Fall der Auflösungsabfindung bei einer Unzumutbarkeit der weiteren Beschäftigung ist für die gerichtliche Auflösung die Höhe der Abfindung begrenzt. Das Arbeitsgericht soll hier einen Betrag von maximal zwölf Monatsverdiensten festsetzen, der aber auf 15 bis 18 Monatsverdienste erhöht werden kann. Dies geschieht, wenn das Arbeitsverhältnis mindestens 15 beziehungsweise 20 Jahre bestanden hat und der Arbeitnehmer mindestens das 50. beziehungsweise 55. Lebensjahr vollendet hat.

Dazu folgendes Beispiel:
Betriebszugehörigkeit 10 Jahre
Bruttomonatsgehalt, in dem Monat, in dem das Arbeitsverhältnis endet 5.000,00 Euro
Abfindung = 10 x 2.500,00 Euro = 25.000,00 Euro

8 Anzeichen für die Kündigung
Wer bietet mehr?
Wenn Sie Wind davon bekommen, dass Ihre Firma verkauft, integriert oder von einem Wettbewerber übernommen werden soll, könnte das ein Zeichen dafür sein, dass Entlassungen anstehen. Das gilt insbesondere, wenn das Unternehmen, das ihre Firma kauft, eine ähnliche Struktur wie ihre bisherige aufweist oder es bereits bestehende Positionen im neuen Unternehmen gibt, die sich nach der Übernahme doppeln würden.
Ende im Gelände
Wenn Sie nach dem letzten Geschäftsjahr eher mediokere Leistungsbeurteilungen erhalten haben und sich diesbezüglich auch keinerlei Verbesserung Ihrer Situation abzeichnet, sollten die Alarmglocken schrillen, wie Andrew Ysasi betont: "Wenn Ihr Vorgesetzter Sie nach zusätzlichen Unterlagen über Projekte oder Initiativen fragt, die nicht besonders gut gelaufen sind oder zunehmend ihre Anwesenheits- und Arbeitszeiten dokumentiert, ist es wahrscheinlich, dass man bereits Vorkehrungen für den Fall Ihrer Entlassung trifft."
Weniger ist nicht immer mehr
Wenn Sie eine andere Tätigkeit mit geringerem Verdienst abgelehnt haben, Ihre Hauptverantwortlichkeiten sich aber dennoch geändert haben, Privilegien gestrichen und Urlaubsanträge abgelehnt werden, könnte es durchaus Zeit sein, den Lebenslauf zu updaten und sich nach einem neuen Job umzusehen. Ihr Unternehmen könnte sich nämlich tatsächlich in finanziellen Schwierigkeiten befinden.
Glückwunsch zur Beförderung. Nicht.
Wenn Sie urplötzlich mit einem tollen, neuen Jobtitel ausgestattet sind und mehr Verantwortung übernehmen sollen, das Ganze aber ohne Gehaltsanpassung von statten geht, sollten Sie vorsichtig sein, so Ysasi: "Das Unternehmen immer mehr mit immer weniger Einsatz erreichen wollen, ist bekannt. Manche Firmen ergehen sich allerdings darin, ihre Mitarbeiter (und deren Produktivität) so richtig auszupressen - obwohl Sie längst wissen, dass das Schiff sinkt."
Wohin?
Wenn Ihr Vorgesetzter von Bewerbungsgesprächen erzählt oder in aller Öffentlichkeit davon spricht, einen neuen Job zu suchen, dann...naja, dann ist es höchste Zeit dem neonfarbenen Exit-Schild zu folgen.
Kommen und Gehen
Haben Sie festgestellt, dass die Fluktuation in Ihrem Unternehmen, der eines städtischen U-Bahnhofs zur Rush Hour sehr nahe kommt? Dann könnte das ein Anzeichen dafür sein, dass Ihre Firma versagt. Langsam, aber sicher.
Wer ist DER denn?
Ihr neuer Chef natürlich! Wenn die Struktur des Managements geprägt ist von stetem Bäumchen-wechsel-dich-Schindluder, könnte das ein Zeichen dafür sein, dass verschiedene Ansätze "durchprobiert" werden, um das Unternehmen irgendwie über Wasser zu halten. Klar, es besteht eine Chance, dass einer der Kandidaten auf dem heißen Stuhl die Zauberformel für Erfolg entdeckt, aber vielleicht sollten Sie dieses Risiko nicht eingehen. Wenn es nach Andrew Ysasi geht, sollten Sie sich stattdessen lieber nach einem neuen Job in einem stabileren Unternehmen umsehen.
Sie ziehen um?
Wenn Sie bereits seit mehreren Monaten von Büro zu Büro "geschoben" werden und das auch noch öfter der Fall ist, als bei allen anderen, ist ebenfalls Vorsicht geboten. Denn beim nächsten Auszug könnte kein neues Büro, sondern ein One-Way-Ticket in Richtung Arbeitsagentur warten.

Nicht bei jeder Kündigung eine Abfindung

Es ist allerdings ein Irrglaube, anzunehmen, dass mit jeder Kündigung eine Abfindung verbunden ist. Ein Arbeitgeber kann darauf beharren, die Kündigung durchzusetzen, sodass am Ende eben keine Abfindung steht, sondern die schnöde Kündigung.

Nicht immer wird hierüber hinreichend aufgeklärt. Zu beachten ist auch die gesetzliche Regelung dahingehend, dass die eigenen Anwaltskosten des Arbeitnehmers im Falle eines Rechtsstreits in 1. Instanz nicht von der Gegenseite zu tragen sind. Gerade geringere Abfindungen können dann durch Gerichts- und Anwaltskosten teilweise "aufgefressen" werden, sodass eine Rechtsschutzversicherung hier durchaus Sinn machen kann.

Abfindung versteuern und vererben

Zu berücksichtigen ist unbedingt, dass eine Abfindung versteuert werden muss. Sie wird zwar voll besteuert, allerdings wirkt sich im Ergebnis nur ein Fünftel davon progressiv auf den Steuersatz aus. Die Zeiten von Brutto = Netto sind seit langem vorbei. Für die Besteuerung gilt die sogenannte Fünftelregelung. Außerordentliche Einkünfte werden demnach begünstigt, weil ohne diese Begünstigung eine außergewöhnlich hohe Steuerbelastung zu Stande käme.

Last not least ist darauf hinzuweisen, dass immer dann, wenn der Auflösungszeitpunkt des Arbeitsverhältnisses in der Zukunft liegt, auch an die Vererbbarkeit der Abfindung gedacht werden muss. Die Abfindung per se ist nicht vererblich, sodass sie verfallen würde, wenn der Arbeitnehmer vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses sterben würde.

Auch wenn Sie sich gesund fühlen, sollte der Fall vermieden werden, dass Sie nach einer erfolgreichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht und einem sehr erfreulichen Vergleich freudestrahlend auf der Straße vor dem Gericht unter die Räder kommen.
In einer Vereinbarung mit Ihrem Arbeitgeber bedarf es somit der Klarstellung, dass die Abfindung sofort entsteht, aber erst zum Ende des Arbeitsverhältnisses fällig wird, sodass sie vererblich ist.