Kommunikation

Reich deinem Chef die Hand

06.11.2005 von Riem Sarsam
Zwischen der IT und den anderen Bereichen von Unternehmen hakt es. David Taylor, ehemals CIO und Autor den Buches "The naked leader", ist überzeugt, dass sich erst etwas ändert, wenn sich die IT-Chefs bewegen.

Er hat genug von dem ständigen Gejammer über die mangelnde Kommunikation zwischen CEO und CIO. „Seit 30 Jahren reden wir darüber“, sagt Taylor auf einem Vortrag. „Geholfen hat es nichts. Im Gegenteil: Die Barrieren werden sogar immer größer.“ Anlass für Taylors Rede war eine Studie von Winmark, die im Auftrag von BMC erstellt wurde. Das Ergebnis dürfte die wenigsten überraschen: Mehr als die Hälfte der befragten IT-Verantwortlichen in Europa sahen keine funktionierende Abstimmung zwischen IT und Business (Stichwort: Alignment). Die meisten machen hierfür die schlechte Kommunkation zwischen beiden Bereichen verantwortlich.

Taylor provoziert. Wahrscheinlich seien es die IT-Verantwortlichen selbst, die durch ihr ständiges Gerede von der mangelhaften Kommmunikation ihren Teil zu dem Dilemma beigetragen haben. Welches Gewicht die IT hat, welchen Stellenwert der CIO in der Unternehmensorganisation einnimmt, wie sich der Wertbeitrag der IT messen lässt, warum sich Erfolgsquote von IT-Projekten nicht verbessert – alles Fragen, die sich zwar in schöner Regelmäßigkeit wiederholten, doch Lösungen seien nach wie vor nicht in Sicht. Für Taylor ist das wenig überraschend. Seiner Ansicht nach sind die Diskussionen nur irreführend und damit überholt. Die IT solle aufhören, ständig darüber zu debattieren. Statt dessen muss der CIO den vielen Worten endlich Taten folgen lassen. „Das alles ist keine Frage des Glücks, sondern eine Frage der Entscheidung.”

Der Schlüssel für ein besseres Verhältnis zwischen CIO und CEO, zwischen IT-Personal und den anderen Mitarbeitern liegt für Taylor jedoch nicht in einer bestimmten IT-Strategie, schon gar nicht in einer bestimmten Technologie. Er liegt in der Person des Einzelnen. „Es geht immer um die Persönlichkeit, um Beziehungen und um Vertrauen.“ So simpel die Einsicht auch klinge, einfach umzusetzen sei sie deswegen noch lange nicht. Schließlich bedeutet sie auch, zunächst einmal den Einzelnen aus der oft auch angenehmen Anonymität der Masse herauszulösen.

Carol Onley, CIO bei Cable & Wireless, hat es gewagt. Sie hat sich mit Taylor auseinander gesetzt und von ihm gelernt. Mit Erfolg. Als sie die Verantwortung für die IT bei der Nummer zwei im britischen Netzmarkt übernahm, stand sie in derselben Position, in der sich viele ihrer Kollegen noch heute sehen. „Die IT war isoliert, sie wurde als reiner Kostenfaktor gesehen, das Misstrauen war groß.“ Heute, zwei Jahre später, hat sich die Situation komplett gedreht. IT wird nicht mehr getrennt betrachtet und, was noch wichtiger ist, auch die IT-Mitarbeiter selber sehen sich als Teil des Ganzen.

Technologin mit Herz

Natürlich spiele auch ihre Persönlichkeit eine wesentliche Rolle dabei. „Ich habe mich viel auf meine Intuition verlassen und immer häufiger Emotionelles zugelassen“, erzählt Onley, die sich selbst als absoluten Technik-Fan beschreibt. Natürlich sei man damit nicht vor Fehlern gefeit, aber der Erfolg und die positive Resonanz, die sie bekommt, geben ihr Recht.

Auch für die Organisation ihres Teams hat Onley von Taylor gelernt. Bei der Neuaufstellung ihres Managements in diesem Sommer ging es weniger um fachliche Qualifikationen, sondern mehr um die Frage: Passt die Person hierher oder nicht? „Dabei haben wir uns auf die guten Seiten des Mitarbeiters konzentriert“, verrät Onley. Der Trick daran sei zu erkennen, dass auch jemand, der nicht zum Team passt, keineswegs schlechter ist als die anderen. Die Konsequenz war, dass zwei Mitarbeiter gingen, zwei neue von außen hereingeholt wurden. „Natürlich verlief das nicht ohne Schmerzen“, gibt Onley zu. Doch als erst mal klar war, dass etwas nicht stimmte, tat es schon weniger weh. Bestärkt hat sie im Nachhinein, dass beide einen neuen Job gefunden haben, in dem sie sich wohl fühlen.

Viel Zeit für die Pflege von Beziehungen

Onley und Taylor wissen, dass die Art und Weise, wie sie das Thema IT-Management angehen, die Ausnahme ist. Doch sie sind Überzeugungstäter. Überzeugt davon, dass der CIO sein Schicksal in die eigene Hand nehmen kann. Dass er IT nicht losgelöst vom Geschäft sehen darf und sich viel mehr um Beziehungen zu kümmern hat. „Eigentlich bin ich eine Art Chief Relationship Officer”, meint Onley. Den Großteil ihrer Zeit benötige sie, zu den Menschen im Unternehmen Kontakte zu knüpfen, sie zu pflegen sowie über deren Arbeit und nicht über Technik (!) zu reden.

Wie wichtig dies ist, aber auch wie gerne der CIO es als unsachlich beiseite schiebt, weiß Taylor aus zahlreichen Gesprächen mit CEOs. Viele Unternehmenschefs hättten gerne einen CIO in ihrem Vorstand. „Doch die wenigsten wollen den CIO, den es heute gibt.“ Und: „Wenn der CEO jemanden nicht mag, wird er ihn auch nicht in den Vorstand holen, und wenn sich der CIO nicht endlich bewegt, dann wird er gehen müssen.”