Fraunhofer glaubt an unerschlossenes Potenzial

RFID - unterschätzt, ungeliebt, unausgereift

29.04.2008 von Christiane Pütter
RFID hat das Potenzial, Daten-, Material- und Geldströme direkt zu verknüpfen und dadurch Prozesse zu straffen und zu automatisieren. Das scheinen aber die wenigsten Unternehmen erkannt zu haben, interessieren sich bisher doch vor allem die Technik-Freaks aus IT und Logistik für RFID. Damit werden aber Chancen vertan, warnt die Fraunhofer Gesellschaft in einer Studie.
Motive für eine RFID-Einführung.

Die Forscher gehen davon aus, dass das Potenzial von RFID noch lange nicht erschlossen ist. Doch die Möglichkeiten der Technik seien eben auch ihr Fluch: "Technisch ist vieles machbar, aber welche Technik passt zu welcher Anwendung? Sind die Systeme ausgereift? Welche Prozesse lassen sich integriert optimieren?" Das sind nur einige der Fragen, die die Autoren der Studie aufwerfen.

RFID ist noch immer nicht ausgereift genug

Stichwort Ausgereiftheit: Genau darin liegt einer der Kritikpunkte an RFID. So monieren 17 Prozent der Entscheider fehlende technologische Reife. 18 Prozent klagen über den Mangel an praktischen Beispielen einer erfolgreichen Einführung. 16 Prozent sind die Einführungskosten zu hoch.

Nur ein knappes Viertel (23 Prozent) der Studienteilnehmer erklärt, uneingeschränkt positive Erfahrungen mit der Technologie gemacht zu haben.

Diese 23 Prozent dürften vorwiegend aus den Bereichen IT und Logistik kommen, da sitzen nämlich die Befürworter von RFID.

Die Zusammensetzung der RFID-Teams.

Wer sich an ein RFID-Projekt heranwagt, will meist die Prozesse optimieren. Dieser Punkt steht mit 72 Prozent der Nennungen ganz klar im Fokus. Eine Minderheit von acht Prozent hält diese Entscheidung mittlerweile für "ein strategisches Muss". Fünf Prozent geben an, die Kunden forderten es, drei Prozent ziehen nur mit, weil die Konkurrenz RFID eingeführt hat.

Und so zeigt sich denn auch, dass RFID-Anwendungen in zwei Dritteln der Anwendungsfälle lediglich auf innerbetriebliche Veränderungen abzielen. Zwischenbetriebliche Anwendungen erreichen 40 Prozent, während erst in einem Viertel der Fälle branchenübergreifend gearbeitet wird.

Wie war das mit der Lieferkette?

Dass RFID so wenig über die jeweiligen Unternehmen hinausgeht, sei vor dem Hintergrund des Aufbaus von RFID-basierten, übergreifenden Zulieferketten "verwunderlich", so die Autoren der Studie.

Ein Blick auf die Zusammensetzung der RFID-Projekt-Teams, wo vorhanden, zeigt denn auch, dass IT-Fachleute mit zwei Dritteln der Nennungen vorn liegen. Nur bei 39 Prozent sitzen interne oder externe Berater mit am Tisch. Kunden und Lieferanten sind nur mit rund einem Viertel der Teams (26 Prozent) mit dabei.

Dazu die Studienautoren: "Eine starke Einbeziehung der letztlich profitierenden Anwender ist nicht erkennbar. Dies ist sicherlich einer der Hauptgründe, warum viele Unternehmen mit den eingeführten RFID-Lösungen nicht zufrieden sind und sich der erhoffte Nutzen nicht einstellt."

Dennoch: Fraunhofer verficht RFID mit dem Argument, dass das Potenzial der Technologie bei weitem nicht ausgeschöpft werde. Und nicht überall stoßen die Forscher damit auf taube Ohren. Beispiel Product Lifecycle Management (PLM): 67 Prozent der Befragten aus den Branchen Luft- und Raumfahrt sowie 65 Prozent aus dem Maschinenbau halten RFID für "sehr gut/gut" geeignet, wenn es um PLM geht. Auch von den Automobilbauern sagt das mit 54 Prozent noch mehr als jeder Zweite.

Das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT und die P3 Ingenieurgesellschaft haben für die Studie "RFID - Spielwiese für Technologiebegeisterte oder Schlüsseltechnologie zur Effizienzsteigerung von Geschäftsprozessen?" mit rund 100 Unternehmen aus verschiedenen Branchen gesprochen.