RWE

RWE Systems droht Zerschlagung

15.05.2008 von Andreas Schmitz
Detlef Ruland bereitet sich auf technologische Innovationen vor, auf ein effektives Nutzen-Inkasso, auf IT-Merger - und auf eine neue IT-Tochter. Denn RWE Systems soll sich künftig allein auf IT konzentrieren und in eine neue Gesellschaft ausgegliedert werden.

McKinseyanern eilt der Ruf voraus, mit scharfer Klinge Strukturen zu zerlegen und neu zu formieren. Cost Cutting als Grundprinzip und allgemein straffe Zügel im Contolling dürften den Gesamteindruck abrunden. Detlef Ruland wechselte Ende 2006 vom Düsseldorfer Beratungshaus zum Essener Energiekonzern RWE an die IT-Spitze. Mit den Bekundungen, den IT-Leistungsverbrauch ab sofort konsequent zu messen und zu steuern, ein "effektives Nutzen-Inkasso" zu etablieren und IT-Vorhaben "strikt am wirtschaftlichen Nutzen" auszurichten, wird er dem Ruf seines früheren Arbeitgebers nur zu einem Drittel gerecht. Denn die funktionale Dreiteilung des CIOs à la Ruland sieht so aus, dass zum einen das wirtschaftliche, zum anderen aber auch das organisatorische und strategische Alignment den Wirkungsraum des Konzern-CIOs bei RWE bestimmen sollten.

Noch hat er an den organisatorischen Strukturen nichts geändert. Allerdings kündigt Vorstandschef Jürgen Großmann unter dem Titel "Neu RWE: Fit für den Energiemarkt von morgen" in der Mitarbeiterinformation "team: online" ein "Projekt zur Weiterentwicklung der Konzernorganisation" an. Großmann will alle Querschnittsfunktionen und Dienstleistungen dahingehend überprüfen, ob sie dezentral oder zentral betreut werden sollen. Sicher scheint derzeit, dass RWE sämtliche Querschnittsfunktionen wie Facility Management oder Einkauf von RWE Systems abspaltet. Die IT-Sparte solle ausgegliedert und in eine eigenständige Gesellschaft überführt werden, so ein Sprecher von RWE Systems. Systems-Chef Chittur Ramakrishnan wird dann etwa die Hälfte seiner Leute mit in die neue IT-fokussierte Gesellschaft mit nehmen. Zudem wird ein COO berufen, der das operative IT-Tagesgeschäft leiten soll. Im Detail ist das Konzept jedoch noch nicht beschlossene Sache.

Noch gilt, was Ramakrishnan vor drei Jahren als Konzern-CIO geschaffen hat. Der IT-Manager schuf den Corporate CIO für den dezentralen Konzern, gründete ein "Group IT-Committee". Sprich: Er zentralisierte die IT und versah das zentrale CIO-Office mit den Aufgaben, gruppenweite Standards zu schaffen und mithilfe der IT-Tochter RWE Systems umzusetzen. Dieser Umbau ging Hand in Hand mit der radikalen Vereinfachung der Konzernstrukturen, die aus 13 Geschäftsbereichen sechs Töchter benannten. Mit der neuen Tochter RWE Dea sind es nun sieben. Nachdem Ramakrishnan 2006 noch die konzernweite PC-Standardisierung durchbrachte, komplimentierte die Konzernspitze seinen CIO an die Spitze des hauseigenen IT-Dienstleisters RWE Systems in eine eher operative "Supply"-Tätigkeit für den Konzern.

Demand-seitig ist seit Ende 2006 also Ruland am Hebel: Die Prozesse an der "konfliktträchtigen" Schnittstelle Demand und Supply zu beheben, benennt Ruland als eines der drei wichtigsten Themen in seiner Funktion als organisatorischer CIO. Möglich, dass Ruland die zwei Bereiche klarer voneinander trennt und die operative Haus-IT zudem Benchmarks unterzieht.

RWE-CIO Detlef Ruland: Kompromiss zwischen schnellen und preiswerten Lösungen notwendig.
Foto: RWE AG

Das Ganze dient keinem Selbstzweck. Klar ist: "Geschäftsnutzen" ist eines der Lieblingswörter des Konzern-CIOs, der die Zukunft der IT nicht mehr darin sieht, zu 80 Prozent lediglich die IT am Leben zu halten. Als Ziel definiert Ruland visionär eine paritätische Verteilung von Change und Run. Der CIO ist bei der RWE kein Verwalter, sondern ein Treiber von Veränderungsprozessen.

Und die sollten gut ins Geschäft des Essener Konzerns passen. Das bedeutet für Ruland immer wieder einen Kompromiss zwischen schnellen und preiswerten Lösungen, die das Geschäft verlangt, und dem IT-Ziel hoher IT-Integrität, das wiederum viel Zeit verschlingt.

Gefordert ist der Ex-McKinseyaner also vor allem in einem Soft Skill - in seiner Überzeugungskraft. Nur so kann er auch im Konzernvorstand und bei den Töchtern Akzeptanz für die integrierte Gestaltung der Geschäfts- und IT-Architektur schaffen.